Eifel-Träume
wir was geboten, Kaffee und Kuchen und einen Vortrag, was da so alles los ist. Und das hat Toni mit meinem Mann besprochen. Er hat sogar mit uns gegessen. Ich habe gesagt, wo es für zwei reicht, reicht es auch für drei.«
»Mehr wollte ich gar nicht wissen. Vielen Dank.«
»Wenn’s mehr nicht ist«, lächelte sie.
Weiter nach Wiesbaum. Ich hatte eine Idee, die noch nicht ausgegoren war. Aber ich wollte es zumindest versuchen. Obwohl ich wusste, dass ich mich auf gefährliches Terrain begab.
Ich bilde mir ein, dass man einem Haus ansieht, wenn es Trauer trägt. Dieses Haus war ein düsterer Klotz. Ich dachte an Maurens Tochter, die so erschreckend geschrien hatte, ich dachte an ihn und seine immense Wut. Es standen sehr viele Autos auf dem Grundstück, aus Köln, Aachen und aus Mönchengladbach.
Ich klopfte an die Tür, und als niemand reagierte, öffnete ich mir einfach selbst, blieb im Flur stehen und rief laut:
»Hallo!«
Leichte Schritte kamen die Treppe herunter. Es war die Tochter, eine schmale Gestalt in Schwarz.
»Erinnern Sie sich an mich?«
»Ja, natürlich.«
»Haben Sie eine Ahnung, wohin Ihr Vater gefahren sein könnte, nachdem ich ihn gestern verlassen habe?«
»Nein. Meine Mutter weiß es auch nicht. Ich weiß nur, er war schrecklich wütend.«
»Ist es möglich, dass er nach Hildenstein wollte, zu dieser Unternehmerfamilie Schmitz?«
»Vielleicht. Aber angeblich hat doch dieser Schmitz gesagt, mein Vater sei nicht dort gewesen. Genauso wie dieser Retterath. Auch er hat behauptet, meinen Vater nicht gesehen zu haben.«
»Ihr Vater hat mir erzählt, dass Retterath sich kurz nach dem Kinderfest auf Burscheids Wiese einen BMW angeschafft hat. Wissen Sie zufällig, wo Retterath diesen Wagen gekauft hat?«
»Ich glaube, mein Vater sagte, bei einem Händler in Mayen. Aber nicht bei einem BMW-Händler. Es muss ein Gebrauchtwagenhändler gewesen sein.« Ihr Kopf flog hoch und sie sagte wütend: »Aber das alles ist doch jetzt scheißegal, oder? Jetzt sind sie beide tot.«
»Das kann man so sehen«, sagte ich. »Aber ich bin daran interessiert, die Wahrheit herauszufinden. Sie sind in der Nacht spazieren gewesen. Ist Ihnen kein fremder Pkw aufgefallen?«
»Mir wäre nichts aufgefallen«, sagte sie. »Nicht einmal ein Bus.«
»Glauben Sie, dass mir Ihre Mutter den Saab Ihres Vaters ausleihen würde?«
»Was soll das nützen?«
»Ich weiß nicht genau, das ist nur so eine Idee. Ich würde damit bei Schmitz vorfahren und anschließend bei Retterath. Ich möchte das tun, was man Bäumchen schütteln nennt. Mal sehen, was passiert.«
»Ach so. Ja, ich kann Ihnen den Wagen geben. Kein Problem. Er steht nebenan in der Scheune.«
»Ich stelle meinen rein und bringe den Saab so schnell wie möglich zurück.«
Sie nickte und ging den langen Flur entlang, wahrscheinlich um den Schlüssel zu holen. Nach einigen Augenblicken kam sie wieder.
»Ich habe nur meiner Mutter Bescheid gegeben. Kommen Sie.«
»Sagen Sie mal, Toni Burscheid hat behauptet, der Vulkanasche-Schmitz habe ihm zwanzigtausend Euro in bar angeboten. Wissen Sie davon?«
»Das weiß ich sogar sicher. Ich habe Toni an dem Tag besucht und stand in der Waschküche, weil ich seine Gardinen waschen wollte. Währenddessen redete er mit Schmitz im Wohnzimmer. Waschküche und Wohnzimmer teilen sich eine Wand. Ich hörte, wie Schmitz sagte: Das fällt für dich ab, wenn du das Projekt mitträgst. Toni sagte: Ich nehme kein Geld, mein Freund, ich bin nicht bestechlich. Als Schmitz weg war, sagte Toni zu mir: Davon hätten wir beide zwei Monate in der Karibik leben können. Wir haben gelacht.«
»Wusste Ihr Vater, dass Sie eine Ohrenzeugin sind?«
Sie blieb abrupt vor der Scheunentür stehen und drehte sich zu mir um. »Nein, ich glaube nicht, dass er … dass er gewusst hat, dass ich das alles mitgehört habe. Ach, du lieber Gott. Jetzt bin ich eine Zeugin. Das wollen Sie damit sagen.«
»Ja, das sind Sie. Tun Sie sich einen Gefallen: Halten Sie den Mund und erwähnen Sie das niemandem gegenüber, nicht einmal Ihrer besten Freundin.«
Sie ließ das Scheunentor weit aufschwingen, es knallte gegen die Wand.
Ich setzte den Saab raus, fuhr meinen Wagen rein und gab ihr den Schlüssel. »Ich werde mich beeilen. Aber was mache ich, wenn es spät wird?«
»Kein Problem. Hier wird im Moment nicht geschlafen.«
Nun hatte ich eine Wahl zu treffen: Retterath? Schmitz? Oder der Gebrauchtwagenhändler in Mayen? Ich entschied mich für den, der
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