Eifel-Wasser
Lieber, dass das Ding teurer war als das ganze Haus, das wir jetzt drum herum bauen?«
»Das haben Durchlaucht noch nicht«, giftete Rodenstock zurück. »Aber können wir für den Mai nächsten Jahres eine Kopulation erwägen?«
»Du lieber mein Vater«, seufzte sie. »So viel Leidenschaft in so kurzer Zeit.«
Ich hockte da mit meinem Pappteller voller kalter Nudeln und noch kälterer Pampe aus Bologna und grinste Niemann an. Er war irritiert, wahrscheinlich kannte er keine Frau wie Emma.
»Im Ernst«, wollte Emma wissen, »was ist hier passiert?«
»Entweder ein Mord oder ein Doppelmord«, antwortete Rodenstock.
»Und du, Baumeister? Was glaubst du?«
»Das Gleiche«, sagte ich kauend. »Wir haben es mit einem Tatort zu tun, der für ganz findige Köpfchen hergerichtet wurde. So viele Zähne, wie wir uns daran ausbeißen können, haben wir gar nicht im Maul.«
ZWEITES KAPITEL
Ich stopfte mir die Manet von Chacom, eine Pfeife, deren Lacküberzug auf den ersten Blick so wirkte, als handle es sich um uralten Meerschaum, aufwendig verziert. Aber der Belag war nur eine besondere gelb-braune Lackierung mit tiefschwarzen geschwungenen Linien, das Muster herauskopiert aus einem Gemälde von Manet. Seltener Computersegen.
Niemann sagte beim letzten Bissen seiner Nudelkatastrophe: »Ich hoffe, unser Doc kann feststellen, wie alt dieser kleine Finger ist. Und jetzt gehe ich endlich da oben rauf und gucke mich um, ob ich was finde.«
»Am besten einen Lottoschein mit der Adresse des Täters«, murmelte Vera.
»Ich gehe mit«, bot ich an.
»Wenn jemand da oben war, muss er den Felsrücken hochgekommen sein«, sagte Rodenstock. »Wahrscheinlich war er mit einem Auto unterwegs und ist so weit gefahren, wie er fahren konnte.«
»Das denke ich auch«, nickte Niemann. »Also, los.«
Wir spazierten zur Nordseite des Bruchs und erreichten den bequemen Fußweg Richtung Westen, der parallel zu dem Felsrücken verlief.
»Weinberg nannte man das hier«, erklärte ich. »Die Bezeichnung kommt ziemlich häufig vor. Man hat hier sogar jahrhundertealte Weinstöcke gefunden. Es war wohl so, dass die lokalen Adligen Wein anpflanzten, weil das gut für ihr Image war. Das Zeug muss sauer gewesen sein wie Essig.«
»Es war Alkohol«, grinste Niemann. »Und den konnten sie gut gebrauchen, weil ihre Häuser und Burgen elend kalt und feucht waren. Wahrscheinlich haben sie ihn mit Honig gesüßt.«
Nach einer Weile gelangten wir an einen Punkt, an dem ein tief ausgefahrener Weg den Felsrücken durchschnitt.
»Wenn wir hier hochlaufen, kommen wir zum Steinbruch zurück und landen oberhalb des Felshaufens. Und hier sind Reifenspuren.« Er bückte sich. »Wrangler Standard«, erklärte er. »Ein Allerweltsreifen für Offroader. Kaum abgefahren. Hier ist er durch eine Pfütze gerollt, da können wir Abdrücke nehmen.«
»Meinst du, du bekommst Schwierigkeiten, weil du den Tatort anfangs nicht erkannt hast?«
»Nein, eher nicht. Machen wir uns nichts vor: Es ist immer noch denkbar, dass Breidenbach allein war, als die Lawine runterkam.«
»Und der Finger?«
»Der kann jemandem gehört haben, der hier oben war und mitsamt den Felsen abgegangen ist. Er war geschockt, aber im Wesentlichen unverletzt und hat sich aus dem Staub gemacht.«
»Sehr unwahrscheinlich, aber möglich.«
»Durchaus möglich. Es gibt immer noch Leute, die wildern. Nicht weil sie es nötig haben, sondern weil es ihnen Spaß macht.« Niemann deutete nach vorn. »Dort zwischen den beiden jungen Kiefern hat er den Wagen stehen lassen. Vielleicht kann man etwas mit der Spurbreite anfangen. Sieh mal, hier ist er ausgestiegen. Das Laub hat sich gedreht, die alten Blätter liegen auf der Unterseite. Der Typ hat sich nicht bemüht, Spuren zu verwischen. Er ist da lang weitergegangen. Was ist das da?« Er blickte starr geradeaus.
»Ein altes, dickes Drahtseil, die Reste«, gab ich Auskunft. »Als der Steinbruch noch in Betrieb war, haben sie das hier über den Weg gespannt, um eventuelle Wanderer davon abzuhalten weiterzugehen.«
Wir befanden uns jetzt noch dreißig Meter von der Steilwand entfernt. Niemann lief neben dem schmalen, kaum zu erkennenden Pfad.
Plötzlich blieb er stehen. »Hier hat er Halt gemacht, etwas abgesetzt.«
Ich sah nichts, nur altes Laub. »Woran erkennst du das?«
»An den vertrockneten und dann nass gewordenen Blättern. Sie sind gebrochen. Da hat was draufgestanden. Die Bruchstellen bilden eine Linie. Und dort einen rechten Winkel. Könnte
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