Eifel-Wasser
getroffen.«
»O doch«, Lamm grinste unverhohlen. »Da war ich. Wir haben den Steinbruch schon Breidenbachs Büro genannt. Ich war sogar zweimal dort, ich wollte ja das Gutachten von ihm haben.«
»Und wie viel haben Sie ihm geboten?«
»Genügend. Aber er war ein Mann, der ... na ja, er wollte nicht.«
»Wieso ist das Gutachten nicht öffentlich geworden?«, fragte ich.
»Das ist doch klar. Diese übereifrigen Teenager haben nur Vinyl gehört und sofort getönt: Der Lamm ist an einer Schweinerei schuld! Vinyl steht in Verdacht, Krebs zu erzeugen. Aber bewiesen ist doch gar nichts! Breidenbach wird das Gutachten seinem Chef gegeben haben. Und der hat es studiert und entschieden: Das beweist nichts, das geht nicht raus. Er wird seine Gründe dafür gehabt haben. Und das meine ich im Ernst – so lasse ich mir nicht meinen Betrieb kaputtmachen!«
»Das ist verdammt praktisch für Sie«, bemerkte ich, »dass Breidenbach in die Ewigkeit fuhr. Er war wirklich ein Unsicherheitsfaktor für Sie!«
Er fuchtelte mit beiden Händen. »Ich fahre doch nicht in diesen gottverdammten Steinbruch und schlage einem Mann mit einem Stein den Schädel ein. So etwas tue ich nicht. Hüten Sie Ihre Zunge, junger Mann.«
»Warum eigentlich nicht?«, fragte Rodenstock gemütlich. »Ach richtig, nein. Dafür haben Sie ja Leute. Ich prophezeie Ihnen eine Menge Schwierigkeiten. Die Mordkommission arbeitet wirklich gut.« Er hatte die Zigarre erst zur Hälfte geraucht und zerquetschte sie nun demonstrativ in einem Aschenbecher. Dann stand er auf: »Ich denke, wir gehen. Falls Ihnen noch etwas einfällt, was uns weiterhelfen würde, geben Sie uns bitte Bescheid. Hier ist meine Visitenkarte.«
»Sicher, ich helfe, wo ich kann«, nickte Lamm trocken. Er stand ebenfalls auf. »Vinyl kommt mir sowieso schon seit langer Zeit nicht mehr in die Halle.«
»Na, na«, sagte ich heiter. »Wir haben einen ganz frischen Kanister. Der aus Ihrer Halle stammt.« Ich erhob mich ebenfalls.
Er starrte uns mit großen Augen an und wusste Sekunden lang nicht weiter. Doch er ritt immer noch den Tiger, er sagte nicht: »Das ist Diebstahl, ich zeige Sie an!«, sondern: »Ach, Gottchen!«
Wir standen vor seinem Schreibtisch in fast gemütlicher Runde, signalisierten, dass wir ihm nicht glaubten. Und die kleine feiste Kugel strahlte uns an.
Wie immer man ihn fand, das verdiente Anerkennung, das bewies seine gefährliche Stärke.
»Kannten Sie Holger Schwed eigentlich?«, fragte ich.
Er nickte. »Furchtbare Geschichte. Sein Vater hat hier gearbeitet. Und der Junge hat bei uns gejobbt. Mehrere Male. Vor allem im Hochsommer, wenn ich Konjunktur habe. Er arbeitete ordentlich, aber er riss keine Bäume aus. Na ja, der Vater hatte das Alkoholproblem, was soll man da machen? Der Junge war beschissen dran. Man munkelt, die Mutter trinkt auch. Üble Zustände. War ja gut, dass Breidenbach so eine Art Ersatzvater für ihn war. Der Junge mit seiner Träumerei von einer Kneipe auf Kreta.«
»Lassen Sie hören«, forderte Rodenstock und setzte sich wieder.
Franz Lamm folgte seinem Beispiel. »Wie? Wissen Sie davon nicht? Holger war wohl mehrmals mit den Breidenbachs auf Kreta, und seitdem schwafelte er davon, dass er eine Kneipe direkt am Strand aufmachen wollte. Deutsches Bier und deutsches Schnitzel, Sauerkraut und Eisbein und so. Und in den Pausen ins Mittelmeer hüpfen.« Ihm wurde bewusst, über wen er redete. Seine Augen wurden kugelrund. »Heißt das etwa, denken Sie etwa, dass der Junge ... auch ... Das ist doch unvorstellbar!«
»Nein, gar nicht«, sagte ich. »Stellen Sie sich einen schmalen, viereckigen Platz vor. Größe wie eine Garage. Davor steht ein Auto. Der Junge kommt aus der Kneipe, kettet sein Mountainbike an der Stirnseite des Platzes los. Der Wagen setzt zurück, volle fünf bis sechs Meter, und zerquetscht ihn. Dann verschwindet das Auto. Finden Sie das nicht merkwürdig?«
»Unvorstellbar«, sagte Lamm leise. »Ganz unvorstellbar. Der Junge war doch nicht wichtig, die Familie war nicht wichtig. Also, wenn Holger absichtlich getötet wurde, und davon scheinen Sie auszugehen, dann muss er doch für irgendwen wichtig gewesen sein, oder?«
»Durchaus«, nickte Rodenstock. »Getötet werden nur wichtige Leute.«
»Wie bitte?« Er war irritiert.
»Schon gut. Das war eine unwichtige Bemerkung. Wir denken nun natürlich darüber nach, warum erst Breidenbach und anschließend der Junge getötet wurde. Wir wissen, dass die beiden Freunde waren,
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