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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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fuhr weg. Ich hatte mein Handy dabei und rief die Rettungsleitstelle in Daun. Ich konnte kaum sprechen, die dachten bestimmt, ich sei besoffen. Aber sie kamen. Da war ich längst ohnmächtig. Sie haben drei Stunden operiert und genäht, mein ganzer Kopf war wie eine Wunde. Jetzt trage ich ein komplettes Gebiss, ich habe keine Zähne mehr.« Glaubrecht machte eine Pause und fing in hilfloser Wut an zu schluchzen.
    »Sie riefen mich in der Reha an«, fuhr Gabriele Glaubrecht fort. »Die Klinikleute sagten mir, ich dürfte nicht weg, ich würde alle Ansprüche verlieren. Aber das war mir egal. Ich dachte: Jetzt ist alles aus, jetzt hat Jonny keinen Mut mehr. Aber das Komische war: Wie ich in sein Zimmer komme, grinst er mich an. Dabei konnte er kaum den Mund öffnen.« Sie rückte jetzt ganz an ihren Mann heran und nahm seine Hand.
    »Was haben Sie ausgesagt, was passiert ist?«, fragte Rodenstock.
    »Dass ich von einem Unbekannten überfallen worden bin. Von einem Streuner. Die Polizei kam ins Krankenhaus und nahm das so auf.«
    »Warum haben Sie nicht die Wahrheit erzählt?«, wollte Emma wissen.
    »Das hätte doch keinen Sinn gemacht«, sagte Gabriele Glaubrecht. »Wenn wir Schwanitz beschuldigt hätten, dann hätte er zehn Zeugen benannt, dass er an dem Tag gar nicht im Wald bei meinem Mann gewesen sein konnte. Oder etwa nicht?«
    »Wir haben Sie unterbrochen«, sagte Emma. »Wie ging es weiter?«
    »Nach vier Wochen kam ich aus dem Krankenhaus raus. Ich habe meiner Frau gesagt: Ich ködere ihn und erschieße ihn dann einfach.«
    »Sie hatten einen Plan?«, fragte Emma.
    »Ja«, nickte er. »Ich wollte Franz Lamm noch mehr unter Druck setzen und rief den Staatsanwalt an, was denn mit unserer Anzeige geworden sei. Ob seine Nachforschungen zu irgendetwas geführt hätten. Wir riefen jeden Tag an, der wurde schon langsam irre. Aber er konnte ja schlecht zugeben, dass er gar nichts unternommen hatte. Wir glaubten, der Staatsanwalt würde irgendwann Franz Lamm informieren. Und tatsächlich meldete sich plötzlich Lamm wieder bei uns. Da war er fällig.«
    »Das ist ja irre!«, hauchte Vera und nahm meine Hand.
    »Ich traf mich mit ihm, alleine. Ich sagte, ich hätte die Schnauze voll von seinem ekelhaften Getue. Ich würde die Anzeige niemals zurückziehen. Höchstens dann, wenn er mir zweihunderttausend Mark in bar geben würde. Er war ganz aus dem Häuschen, behauptete, so viel Geld hätte er gar nicht, ich würde ihn ruinieren. Er warf mir vor, ich würde ihn nur aus Wut verfolgen. Ich ließ ihn toben und drohte, ich würde den Staatsanwalt übergehen und bei der Oberstaatsanwaltschaft in Koblenz aufmarschieren. Wir hätten alles dokumentiert und die in Koblenz würden bestimmt nicht seine Posaune blasen. Ich sagte, er hätte genau vierundzwanzig Stunden Zeit. Zweihunderttausend in bar und keine müde Mark weniger. Und er sollte sich davor hüten, den lieben Abi noch mal loszuschicken, denn beim nächsten Mal würde ich nicht warten, bis der zuschlägt, sondern gleich schießen. Ich hatte die Waffe dabei, ungeladen natürlich, und habe sie ihm unter die Nase gehalten. Ich sagte: Ich bin bis hierher gegangen und ich gehe jetzt bis zum bitteren Ende. Da hat er kapiert, dass es mir ernst war. Ich machte ihm klar: Du hast uns schlecht behandelt, Lamm. Jetzt bezahlst du dafür, jetzt ... O Scheiße, eigentlich hatte das alles mit Geld nichts zu tun. Es waren die Kinder.«
    Er beugte sich wieder weit vor. Seine Frau legte den Arm um seine Taille und wollte ihn festhalten. Glaubrecht machte sich heftig los, sprang auf, ging zur Tür, die auf die Terrasse führte, und schlug mit der bloßen Faust durch die Scheibe. Es knallte wie bei einer Explosion.
    Wir hielten den Atem an – es schien, als würde Glaubrecht jede Sekunde tot umfallen, es war kaum auszuhalten.
    Von seiner Hand tropfte Blut auf die rötlichen Fliesen und bildete eine Lache.
    »Haben Sie einen Arzt in der Nähe?«, fragte ich.
    »Ja.« Gabriele Glaubrecht klang erstaunlicherweise nicht im Geringsten aufgeregt oder gar hysterisch. »Er ist ein Netter. Jonny, Jonny.« Sie nahm ihren Mann in die Arme.
    »Die Nummer«, sagte Rodenstock fordernd.
    Sie diktierte sie ihm und nannte einen Namen. Rodenstock telefonierte und verkündete ein paar Sekunden später: »Er kommt, zum Glück war er da.«
    Es folgte eine wirre und chaotische Stunde. Der Arzt war jung und blass vor Überanstrengung. Er wollte Johann Glaubrecht unbedingt in ein Krankenhaus bringen lassen,

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