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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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dafür zahlte, dass Sie verschwinden. Die Staatsanwaltschaft wird nichts auslassen, verlassen Sie sich drauf. Natürlich haben Sie beide überlegt, ob es nicht legal ist, nach dem Verlust von zwei kleinen Kindern Geld für einen neuen Lebensstart anzunehmen, nicht wahr?« Sie hielt unvermittelt inne.
    Die Miene Johann Glaubrechts war maskenhaft starr, seine Frau nickte nachdenklich. Sie sagte: »Klar. Warum auch nicht? Lamm hat alles kaputtgemacht, was wir mal hatten und was wir mal ... waren.«
    »Das ist verständlich«, murmelte Emma. »Sehen Sie, und die Staatsanwaltschaft wird wissen wollen, woher das Geld stammte. Todsicher war es rabenschwarzes Geld. Und damit ist die Finanzfahndung in dem Fall. Das kommt alles auf den Tisch. Wenn Sie heil aus dieser Geschichte rauskommen wollen, bleibt nur ein Weg: Sie müssen offen darüber reden. Was Sie hinterher vor Gericht aussagen, kann abgesprochen werden. Sie haben genug gelitten, jeder Beteiligte wird das zugeben. Aber versuchen Sie um Himmels willen nicht, irgendetwas zu verschleiern. Verstehen Sie, was ich meine? Sie werden durch den Dreck gezogen, wenn Sie jetzt nicht richtig reagieren. Ich kann Ihnen nur den Rat geben: Räumen Sie jetzt auf.« Emmas Mund wurde hart. »Sie haben keine andere Wahl.«
    Es herrschte wieder minutenlanges Schweigen.
    »Glauben Sie, dass wir dabei vernichtet werden?« Gabriele Glaubrecht sah Emma starr an.
    »Das kann passieren«, antwortete sie geradeheraus. »Das Spiel vor Gericht ist brutal. Vor allem für die, die keine Hauptrolle spielen. Es wird so aussehen, als hätten Sie sich zwei tote Kinder bezahlen lassen. Wir hier wissen, dass das so nicht war. Dass das verbunden war mit vielen Verletzungen und Wut und Zorn und Traurigkeit. Der Verteidiger Lamms wird ohne Zweifel gut sein. Und er wird den Eindruck zu erwecken versuchen, dass Sie allein auf Geld aus waren, auf nichts anderes. Verstehen Sie das?« Sie wurde drängend.
    Gabriele Glaubrecht nickte betulich. »Wir müssen reden, Jonny«, sagte sie dann leise. »Fang du an.«
    Glaubrecht begann unvermittelt, als sei er es leid, immer Haken zu schlagen. »Wir wussten, Lamm hatte unsere Anzeige am Bein und kam da nicht so einfach wieder raus. Gabriele überblickte das besser als ich, sie sagte: Jonny, wir müssen hier weg! Ich verstand das nicht, fragte, wieso denn das? Sie antwortete: Wir haben bisher keine Hilfe gekriegt. Von niemandem. Wir haben unsere Kinder auf den Friedhof bringen müssen. Lamm wird immer der Stärkere sein. Wir müssen hier weg. Wir können nicht hier bleiben. Wir gehen dabei kaputt. Wir gehen allein deshalb kaputt, weil wir keinem mehr trauen können. Ich habe das hin und her überlegt. Dann bin ich wieder zu Lamm. Davon wusste meine Frau nichts.«
    »Weiter, Jonny, mach weiter.« Gabriele Glaubrecht flüsterte.
    »Ich habe Lamm gesagt: Die Anzeige bleibt bestehen. Mehr nicht. Dann habe ich mich rumgedreht und bin rausgegangen. Er sollte es einfach wissen. Am nächsten Tag kam dieser Schwanitz. Mein Vater besitzt ein kleines Stückchen Wald. Das musste ausgeputzt werden, wir hatten nach den Stürmen ziemlich viel Bruch drin. Und weil ich sowieso nichts zu tun hatte, bin ich mit Trecker und einem Hänger in den Wald. Dorthin kam Schwanitz.« Er schüttelte den Kopf und lächelte melancholisch. »Man sieht so was normalerweise nur im Fernsehen. Ich meine diese Brutalität. Du siehst es, aber es hat mit dem richtigen Leben nichts zu tun. Also, ich stehe da, habe eine kleine Tanne umgelegt und nehme die Äste ab. Abi steigt aus dem Auto, nickt mir freundlich zu und ich nicke zurück. Dann tritt er näher.
    Und wie er vielleicht noch dreißig Zentimeter von mir weg ist, schlägt er mir aufs Maul, einfach so. Er fegt mir die vorderen zwei Schneidezähne weg. Die hatte ich plötzlich lose im Mund. Und ich bemerke, dass er schwarze Handschuhe trägt. Auch wie im Film. Ich wollte was sagen, das ging aber nicht, weil mein Mund voll Blut war. Abi sagte: Du gehorchst! Ab jetzt gehorchst du! Ich stand da, kriegte keine Luft und dachte dauernd, ich würde ohnmächtig. Er grinste und sagte noch mal: Du gehorchst! Dann schlug er wieder zu, rechts, links. Und immer wieder das ›Du gehorchst!^ Irgendwann bekam ich einen Stoß und landete auf dem Tannenstamm. Dann war Abi auf mir und brach mir beide Beine. Ich weiß gar nicht, wie er das machte, so schnell ging das. Er stand auf und sagte ein letztes Mal wie ein Pauker: Du gehorchst!, drehte sich rum, ging zu seinem Auto und

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