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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Schicksal informiert worden, die bekanntlich gegen den Fenster- und Türenhersteller Lamm vorgehen wollten. Wir wissen, dass die Kinder manches übertreiben, wir wissen auch, dass sie manches falsch zuordnen. Aber sie haben mit tödlicher Sicherheit Recht damit, dass diese Szenerie damals faul gewesen ist.«
    »Unsere Kinder sind tot«, murmelte Johann Glaubrecht. »Sie waren ein Jahr und sechs Monate alt. Sie starben einfach so. Da macht man sich Gedanken.« Er schwieg.
    »Wir sind nun in Therapie«, ergänzte seine Frau. »Beide. Das schafft man nicht ohne Hilfe.«
    »Darf ich eine Frage stellen?«, fragte Rodenstock und er wartete, bis Emma nickte. »Hat Ihnen damals denn niemand geholfen?«
    Johann Glaubrecht saß noch immer in der gleichen Haltung auf dem Sofa. Er hob nicht den Kopf. »Nein. Im Gegenteil, Lamm hat mich entlassen.«
    »Wie bitte?«, fragte Vera.
    »Das war sehr schlimm«, griff seine Frau ein. »Jonny, also mein Mann, ging mit der Bescheinigung der Ärzte zum Chef. Franz Lamm sagte, niemand könne beweisen, dass er mit seinem Scheißzeug, mit dem Vinyl, Schuld habe am Tod unserer Kinder. Johann solle den Mund halten und nicht drüber reden. Er, also Lamm, würde schon dafür sorgen, dass es uns für alle Zukunft gut geht.«
    »Wer hatte Ihnen das mit dem Vinyl gesagt?«, fragte Emma.
    »Erst war es nur Gerede.« Johann Glaubrecht rutschte etwas zurück. »Wie das in der Eifel so ist. Und hier auch. Es ist überall so. Die Leute redeten, aber keiner wusste etwas Genaues. Es hieß, man würde Grundwasserproben nehmen. Das sollte Breidenbach tun, er war ja dafür angestellt. Breidenbach sagte mir, es könne sein, dass Vinyl im Trinkwasser sei. Er sagte, er könne es nicht beweisen, aber wahrscheinlich sei das so. Die Ärzte stützten die Vermutung. Aber beweisen konnten sie es auch nicht. Dann wurde ein Sechsjähriger krank, nicht weit von uns. Mir war klar, dass da eine irre Sauerei ablief. Da sind wir zu einem Anwalt. Und weil wir dachten, es wäre nicht gut, zu einem Anwalt in Daun zu gehen, nahmen wir einen in Wittlich.«
    »Was meinte der?«, fragte Emma.
    Die Frau antwortete: »Er sagte uns, man müsse Geduld haben, aber Geduld würde sich auszahlen. Als Erstes verlangte er eine Anzahlung. Und dann ist er wohl zu Franz Lamm gegangen. Jedenfalls hat der daraufhin meinen Mann rufen lassen und ihm gesagt, er wäre fristlos gefeuert. Das mit dem Anwalt sei eine miese Tour. Und falls er beabsichtigte zu klagen, würde er das mit dem Lastwagen an die große Glocke hängen.« Sie sah ihren Mann an, der nicht einmal in ihre Richtung blickte. Offensichtlich erwartete sie, dass er weiterredete. Aber er schwieg verbissen.
    Da fuhr sie fort: »Es war so, dass Jonny mit ein paar Promille einen Lkw in den Graben gesetzt hatte. Totalschaden. Und Lamm hatte gesagt: Schwamm drüber, das lassen wir über die Versicherung laufen.«
    »Und dann kamen die Jugendlichen, also die mit ihrer Reportage für den Offenen Kanal«, knautschte Glaubrecht nun doch heraus.
    »Und die sagten, man könne Lamm in der Vinylsache vielleicht doch überführen?«, fragte Emma.
    »Richtig«, nickte Gabriele Glaubrecht. »Wir haben anfangs wirklich geglaubt, dass das klappen könnte. Ich bin zu Breidenbach nach Ulmen gefahren und habe ihn gefragt, ob man das tatsächlich nachweisen könne. Da habe ich den ersten Dämpfer bekommen. Er meinte: Vielleicht, aber so ein Verfahren würde Jahre dauern, Jahre über Jahre. Und weil Jonny gefeuert war, konnten wir ... wir mussten einsehen, dass es nicht ging. Wir waren total am Ende. Unsere Eltern konnten uns auch nicht helfen, die haben alle nichts an den Füßen. Wir hatten Rechnungen, wir mussten das Haus abzahlen. Na ja, dann bin ich jedenfalls ausgeflippt und landete im Krankenhaus. Ich hatte noch viel Glück.«
    »Sie hat versucht, sich das Leben zu nehmen«, erklärte Johann Glaubrecht.
    Es war eine einfache Aussage, aber sie nahm uns den Atem.
    »Wie haben Sie es angestellt?«, fragte Emma in die Stille.
    »Jonny hatte einen alten Revolver. Noch von seinem Vater. Ich habe versucht, mir ins Herz zu schießen. Das ging irgendwie schief.«
    Johann Glaubrecht schüttelte in Gedanken den Kopf. »Sie holten sie ... sie holten sie ins Leben zurück. Und dann rief mich die Krankenversicherung an und sagte, wahrscheinlich würden sie nicht zahlen – ich kapierte es zuerst nicht. Aber dann verstand ich es. Und ...«
    »Sie wurden zornig«, sagte Emma sachlich.
    »Ja, ich wurde zornig. Ich hatte

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