Eifel-Wasser
lange über alles nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen: Lamm hat Fehler gemacht, Lamm steckt knietief in der Scheiße. Es ist gar nicht wichtig, ob wir gewinnen oder nicht. Es ist nur wichtig, dass jemand ihn angreift und nicht lockerlässt.« Er machte eine Pause und sah uns der Reihe nach an, als erwarte er einen Kommentar. Als niemand etwas sagte, fuhr er fort: »Ich rief Lamm an. Er wollte nicht mit mir reden. Erst als ich sagte: Ich zeige dich an, egal was passiert!, da ging es auf einmal. Ich fuhr zu ihm und mir war klar, ich muss nur deutlich machen, dass ... dass es mir ernst ist, dass ich es wirklich ...«
»Es fällt ihm immer noch schwer, davon zu erzählen«, sagte seine Frau und rutschte zehn Zentimeter näher an ihren Mann heran. »Er sagte nur: Ich zeige dich an! Mehr sagte er nicht, die ganze Zeit nicht. Lamm laberte und laberte. Und Jonny sagte immer nur: Ich zeige dich an. Immer nur diesen einen Satz. Das ging zwei Stunden so.«
»Wie endete das?«, fragte Emma sanft.
»Na ja, irgendwann bin ich einfach gegangen. In der Tür habe ich noch mal gesagt: Ich zeige dich an.« Er lächelte in der Erinnerung, aber es war ein freudloses Lächeln.
»Hat er während des Gespräches versucht, Ihnen Geld anzubieten?«
»Nein, nicht direkt. Er sagte nur, wenn ich Schwierigkeiten mit Gabrieles Versicherung hätte, würde er das Krankenhaus bezahlen. Wir Eifeler müssten doch zusammenhalten. Und wenn er vor den Kadi müsse, dann könne es sein, dass er die Lust am Betrieb verlöre. Dann würden alle zweihundert Mann im Regen stehen. Solche Dinge.«
»Sie gingen dann nach Hause, Ihre Frau lag noch im Krankenhaus. Wie ging es weiter?«
»Ich kriegte Arbeitslosengeld, ich hatte nichts zu tun, hing zu Hause rum und grübelte und grübelte. Tagsüber fuhr ich ins Krankenhaus zu Gabriele, aber wir redeten nicht viel, weil wir ... Und dann rief plötzlich Water Blue an, dieser neue Sprudelhersteller. Eine Frau. Sie sagte, ich solle am nächsten Morgen Punkt neun Uhr beim Geschäftsführer sein. Einem Mann namens Manfred Seidler, ich glaube, Doktor ist der. Ich fuhr hin, ich dachte, das kann nicht schaden. Und er saß da und sagte, er würde mich fertig machen, wenn ich seinen Vorschlag nicht annehmen würde. Ich dachte, ich bin im falschen Film. Er könne mir den Job eines Tanklastwagenfahrers besorgen. Sie hätten Wasser zu einer Filiale nach Belgien zu bringen. Nachts, immer nur nachts. Also, er bot mir den Job nicht an, er drohte, wenn ich den Job nicht nähme, würde ich fertig gemacht. Er legte mir einen Arbeitsvertrag vor. Was da drinstand, haute mich um. Da stand, dass ich ab Arbeitsantritt keine Rechtsmittel gegen meinen früheren Arbeitgeber Franz Lamm einlegen dürfte. Und wenn ich es trotzdem täte, dann würde ich den Job bei Water Blue sofort wieder verlieren.«
»Haben Sie eine Kopie dieses Vertrages?«, schnaubte Rodenstock. »Das ist kriminell.«
»Ja klar, habe ich die. Na ja, das sagte ich auch, dass das ja wohl kriminell sei. Und ich sagte ihm, er könne mich am Arsch lecken. Ich ging von Water Blue aus direkt zu dem Anwalt in Wittlich und kündigte das Mandat. Er hatte sowieso nichts getan, er war ein Weichei. Dann ging ich zur Staatsanwaltschaft und erstattete Anzeige. Ich dachte: Was anderes kann uns jetzt nicht mehr helfen.«
»Und dann?« Emma steckte sich einen ihrer stinkigen Zigarillos an.
»Passierte erst einmal gar nichts«, fuhr Gabriele Glaubrecht fort. »Wochenlang nichts. Ich war in der Reha an der Mosel. Eines Tages rief der Staatsanwalt an und fragte, ob wir nicht von der Anzeige wieder Abstand nehmen wollten. Ich antwortete: Nein, wollen wir nicht. Und ich fragte, wie er auf so eine Idee käme. Er sagte: Das gibt einen jahrelangen Rechtskrieg. Na und?, sagte ich und hängte ein. Wir begriffen, dass wir sie in die Klemme gebracht hatten. Sie kamen da nicht so einfach wieder raus. Sie hatten die Klage am Bein.«
Eine Weile herrschte Schweigen.
Rodenstock begann sehr vorsichtig: »Ich denke, wir kommen jetzt zum entscheidenden Punkt, nicht wahr?«
Johann Glaubrecht nickte heftig. »Deshalb muss ich etwas wissen: Wie weit zurück wird die Geschichte nun verfolgt, wo jetzt Morde eine Rolle spielen... Ich meine, von den Ermittlern ...«
»Da die Morde vielleicht mit Lamm und Water Blue in Zusammenhang gesehen werden können, wird die Mordkommission alles von Ihnen wissen wollen«, erklärte Emma. »Schlichtweg alles. So wird auch untersucht werden, ob Lamm Ihnen Geld
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