Eifel-Wasser
unterschiedliche finanzielle Interessen und Verzweigungen gestoßen. Der Sprudelfabrikant Still schöpft Wasser aus einem nicht genehmigten Brunnen und verdient sich dumm und dämlich. Der Türen- und Fensterhersteller Lamm schafft sich unliebsame Mitwisser durch Bestechung vom Hals. Breidenbach bezahlte jemanden, der ihm ein Haus auf Kreta baute. Eine verrückte Gemengelage. Als Breidenbach sich entschloss, sich pensionieren zu lassen, muss ihn der Gedanke an Geld stark beschäftigt haben. Ein Mann wie er lässt seine Familie nicht unversorgt zurück. Und Breidenbach wusste, dass sein Chef von Lamm bestochen wurde. Das brachte ihn dazu, von seinem Vinyl-Gutachten Kopien zu machen, denn damit versetzte er sich selbst in die königliche Lage, bestechlich zu sein. Meiner Meinung nach hat er Geld genommen. Die Folge dieser bestechlichen Haltung ist: Breidenbach ist tot. Und die Leute um Still und Franz Lamm können eigentlich nur noch eines im Kopf haben: die Frage, wo das Geld ist!«
»Einspruch, Euer Ehren!«, murmelte Rodenstock. »Breidenbach wird es auf eine Bank eingezahlt haben. Damit ist es unerreichbar für Still und Lamm.«
»Falsch, Euer Ehren«, widersprach seine Gefährtin. »Er hat es bar bekommen und es liegt irgendwo. Einzahlung auf eine Bank war ihm verboten, seine Ehefrau ist Bankerin, sie hätte ihm dahinter kommen können.«
In den folgenden Sekunden vollkommener Ruhe schrillte Rodenstocks Telefon. Ärgerlich brummte er: »Es ist vier Uhr nachts!« Dann hörte er zu. Es dauerte nicht lang.
Er sah uns an und sagte: »Die Breidenbachs sind überfallen worden. Vier Männer haben das Haus auf den Kopf gestellt. Kischkewitz bittet uns, nach Ulmen zu fahren, wir sollen die Familie beruhigen. Es dauert noch etwas, bis er da sein kann.«
»Ich sagte es doch: Die suchen den Zaster!« Emma grinste über das ganze Gesicht.
ACHTES KAPITEL
Wir sahen uns an, zogen die Münder breit, ächzten, als würde ein schweres Schicksal unseren Weg blockieren.
»Ich bleibe hier«, verkündete Emma. »Ich bin eine alte Frau, gebeugt vom Alter und langsam sinnverwirrt.«
»Baumeister, komm«, murmelte Rodenstock ergeben. »Eine weitere Stunde auf meinen nahen Tod hin.«
Nachdem beide Frauen uns wiederholt versichert hatten, wir seien wahre Helden, aufopfernd und dem Staat treu ergeben, fuhren wir los.
»Glaubst du auch, dass sie Geld gesucht haben?«
»Das ist gut möglich, obwohl es ein wenig verzweifelt erscheint, Geld ausgerechnet in Breidenbachs Haus zu suchen«, meinte Rodenstock.
»Wo könnte Breidenbach das Geld versteckt haben, wenn er es wirklich nahm?«, grübelte ich.
»Das ist die Frage. Im Steinbruch möglicherweise. Es wäre interessant zu wissen, wann es ihm übergeben wurde. Wenn er es im Frühsommer bekommen hat, dann befindet es sich möglicherweise schon auf Kreta. Und dort wahrscheinlich auch nicht auf einer Bank. Dann hat er das Geld mitgenommen, als er mit seinem Sohn Heiner und Holger Schwed Urlaub machte.«
»Was hältst du von Emmas Gedanken, dass Breidenbach schwul ist?«
»Ein interessanter Ansatz«, antwortete er kurz angebunden. »Viele Männer werden sich erst spät über ihre wahre sexuelle Neigung klar. Das ist nichts Ungewöhnliches.«
Wir zogen durch Kelberg, passierten die Ampel und erreichten die B 257, eine gefährlich schnelle Bahn. Als ich in der ersten tiefen Senke bei rund zweihundert Stundenkilometern war, mahnte Rodenstock: »Ich spreche nicht zuweilen von meinem kommenden Tod, um hier an einer Leitplanke zu enden.«
Ich entschuldigte mich und fuhr ein wenig moderater.
Vor dem Haus der Breidenbachs in Ulmen sah es aus, als gäbe es etwas zu feiern. Die Straße war voll geparkt, das Gebäude hell erleuchtet. Schon im Garten standen Gruppen von Menschen, die sich eifrig unterhielten und uns betrachteten, als seien wir die Wiedergeburt der übelsten Gangster.
»Wir räumen erst mal auf!«, beschloss Rodenstock wütend.
Wir betraten das Haus durch die sperrangelweit offene Eingangstür. Überall freundliche Nachbarn, überall Leute, die neugierig die einzelnen Zimmer inspizierten.
Eine ungefähr vierzigjährige Blondine, aufgetakelt wie für eine Wagner-Oper, strahlte uns an. »Das Haus«, erklärte sie, »hat eine schlechte Ausstrahlung, eine ganz schlechte Ausstrahlung.«
»Aha!«, sagte Rodenstock ohne Betonung. »Dann darf ich bitten, dass Sie es verlassen.«
Im Wohnzimmer saßen Menschen auf allem, was einmal Stuhl, Sofa, Sessel oder Sitz genannt werden
Weitere Kostenlose Bücher