Eifel-Wasser
etwas hätte er nicht gemacht. Niemals. An der Stelle war er immer ganz Beamter.« Der letzte Satz klang beinahe stolz.
Eine trügerische Ruhe griff um sich. Die Breidenbachs hatten Rodenstock und seine zuweilen hinterhältigen Methoden bisher nicht erlebt. Man sah den dreien die Erleichterung an. Unangenehme Behauptungen waren in den Raum gestellt worden, doch sie hatten vehement Stellung beziehen können, sie hatten in ihrem Protest sehr tiefe Familiengefühle entwickelt, nun fühlten sie sich glückselig wie eine Einheit, die den Kampf gegen ein grausames Schicksal erfolgreich bestanden hatte.
Rodenstock nahm einen langen Anlauf. »Ehe ich es vergesse, ein Rat an die Kinder. Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, wenn ich euch duze. Ich weiß, dass ihr tief betroffen seid. Ich weiß, dass ihr von einer furchtbaren Angst besetzt seid. Angst vor dem, was war, und Angst vor dem, was noch kommen wird. Glaubt mir, dass ich das beurteilen kann, denn ich erinnere mich an meine Jugend und ich habe selbst Kinder. Deshalb, wenn wieder Menschen auftauchen, die euren Vater als Schwulen beschimpfen, dann seid stark und reagiert nicht.«
Maria Breidenbach starrte ihre beiden Kinder fassungslos an. Diese waren leichenblass geworden, hoben nicht den Blick.
Nach einer Unendlichkeit stammelte Julia: »Abi Schwanitz hat gesagt, mein Vater sei eine schwule Sau.« Sie weinte lautlos.
Heiner Breidenbach beugte sich vor. »Und Messerich hat mich mal betrunken angeschrien, ich hätte keine Ahnung von meinem Vater. Ich habe gar nicht verstanden, was er sagen wollte. Dann behauptete er, mein Vater liebe ihn.«
»Mein Gott!«, hauchte Maria Breidenbach. »Warum habt ihr mir davon nie etwas erzählt?« Auf einmal begriff sie, dass ihre Kinder sehr einsam waren, und sie griff nach ihnen, als müsse sie sie vor dem Ertrinken retten.
»Wir gehen jetzt«, sagte ich. »Bitte lassen Sie keine Nachbarn mehr rein. Und warten Sie auf die Beamten.«
Als wir vor die Tür traten, war der Tag gekommen. In einem Weidengebüsch lärmten Spatzen und eroberten die Umgebung. Schnell wie ein Blitz schoss ein Turmfalke hinüber zum Maar, seine Schreie waren hoch und betrunken vor Lebenslust.
Sechs Uhr morgens zeigte die Uhr, als wir Brück erreichten. Das Dorf lag still unter einer frühen warmen Sonne, meine Katzen grüßten uns, hatten allerdings keine Zeit, allzu höflich zu sein. Es war ihre Jagdzeit. Cisco schoss die Treppe herunter, bellte aber nicht. Wahrscheinlich war ihm klar, dass die Herrschaft bis in die Puppen schlafen würde.
»Sollen wir trotzdem das Bestechungsdrama durchziehen?«, fragte Rodenstock auf der Treppe.
»Aber ja«, sagte ich. »Ich möchte mein Gesellenstück ablegen. Ich möchte schmierig und käuflich sein.«
Er lachte unterdrückt. Das war ein Leben, wie es ihm gefiel.
Vera weckte mich, indem sie sagte: »Du darfst Herrchen wecken.«
Mein hochbeglückter Hund pflügte durch das Bett und suchte nach meinem Gesicht. Er wurde fündig und behandelte es auf eine typisch hündische Art, ziemlich feucht. Ich hatte keine Chance.
»Es ist zwölf und Rodenstock ist schon lange auf.«
»Rodenstock ist ein charakterloser Verräter. Ich stehe nur auf, wenn ich eine Tasse Kaffee kriege. Jetzt.«
Sie brachte mir Kaffee, blieb aber nicht für eventuell notwendige Übergriffe auf der Bettkante sitzen. So musste ich die Strapaze auf mich nehmen, ins Bad zu gehen, um mich mittels Wasser in einen angenehmen Mitteleuropäer zu verwandeln.
In der Küche herrschte Konferenzstimmung und das verhagelte mir den Tagesbeginn.
Ich wollte mir ein Butterbrot schmieren und schnell wieder verschwinden, aber Emma sagte energisch: »Wir erklären dir jetzt den Plan, Baumeister. Sag Bescheid, wenn du irgendetwas nicht verstehst. Jemand von der Kriminaldirektion Wittlich, der bisher nicht öffentlich in Erscheinung getreten ist, wird dem Sprudelhersteller verzapfen, dass du ein Tagebuch des Franz-Josef Breidenbach gefunden hast. Zwei Seiten daraus sind verschwunden. Und da du Journalist bist, suchst du die jetzt. Im Steinbruch. Weil du vermutest, dass Breidenbach diese Seiten bei sich trug. Wir werden also in den Steinbruch fahren und dich oben auf die Felsnase postieren. Du wirst verbittert und traurig aussehen. Und der Informant wird der Gegenseite stecken, dass du pleite bist und unbedingt Geld brauchst. Und dass du mit einem solchen Fund ein Schweinegeld verdienen könntest. Hast du das drauf?«
»Und wann soll das
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