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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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stand da, sie blieb drin.«
    »Wie lange blieb sie dort? Wie viel Uhr war das?«, fragte Vera behutsam.
    »Ich weiß nicht. Die Uhrzeit weiß ich nicht. Sie stand da. Eine Stunde oder so. Kann auch mehr gewesen sein. Schlimme Nacht.«
    »Und dann hat sie gewendet und ist wieder weggefahren?« Lass es nicht abreißen, Baumeister, frag weiter!
    »Ja, so war das. Hat kein Licht angemacht, kein Autolicht.«
    »Und wann bist du in den Steinbruch gegangen?«
    »Ganz früh. War noch Nebel am Bach unten. Sehr früh. Fünf Uhr.«
    »Was hast du da oben noch gesehen?«
    »Der hier war weg!« Sie deutete auf Abi Schwanitz. »Der auch.« Das war Karl-Heinz Messerich.
    »Und Breidenbach lag auf den Steinen?«
    »Ja. Nein, nicht auf den Steinen. Die Beine waren unter den Steinen.«
    »Was hast du gemacht? Bist du zu ihm hingegangen?«
    »Ja, bin ich. Ich habe gefühlt. War aber kalt, sehr kalt. War tot.«
    Wir schwiegen eine Weile.
    »Das ist sehr verwirrend. Das mit Frau Breidenbach ist sehr verwirrend.« Vera zündete sich eine Zigarette an.
    »Sind viele Wege. Kann man auf vielen Wegen rauf und auf vielen Wegen weg«, murmelte Klara bedeutsam. »Ich muss heim wegen Frühgebet. In saecula saeculorum.« Sie sagte noch etwas, was wir nicht verstanden. Dann nahm sie mir die Leinen aus der Hand und machte sich geruhsam auf den Weg. Mit schlafwandlerischer Sicherheit spazierte sie über die holprige Wiesenstrecke davon.
    »Was soll das mit der Frau vom Breidenbach?«, fragte Vera.
    »Ich weiß nicht. Aber Klara taugt sowieso nicht als Zeugin. Jeder Richter würde sie ablehnen. Schon allein die Behauptung, sie könne Motoren nach dem Klang unterscheiden, macht sie unglaubwürdig. Aber ich glaube ihr. Maria Breidenbach war aus irgendeinem Grund in der Nacht hier, ein paar hundert Meter vom Steinbruch entfernt.«
    »Wir werden ihr das vorhalten!«, sagte sie wild.
    »Das macht keinen Sinn«, widersprach ich. »Sie wird den wahren Grund, warum sie hier war, nicht sagen. Sie wird behaupten: Ich war so unruhig, ich konnte nicht schlafen. Sie wird sagen, ach, weiß der Teufel, was. Sie wird alles Mögliche sagen und dieses alles Mögliche wird mit der Tat in keinerlei Zusammenhang stehen.«
    »Du bist so ekelhaft realistisch«, murmelte sie. »Auf zu den Resten des Herrn Messerich.«
    »Wenn er es überhaupt ist.«
    Es gibt Szenen, die man sich ersparen sollte, weil sie so viele Schrecken bergen, dass es für zwei Leben reicht.
    Der kleine Schlachtraum in der Försterei war weiß gekachelt und wurde von blauem Neonlicht unbarmherzig ausgeleuchtet. Draußen vor diesem Raum hockten ein paar Männer in den weißen Überzügen der Mordkommission beieinander und rauchten, grüßten freundlich und konnten sich die Bemerkung nicht verkneifen: »Bleibt lieber draußen, das da drinnen ist nicht so schön.«
    Tatsächlich war es schlimm und der Gestank nahm uns den Atem.
    Die Fliesen waren blutbeschmiert, drei Männer in Gummischürzen und mit Plastikhauben fledderten die Reste der Tiere und sammelten auf einem großen Tisch, was sie für die Reste von Karl-Heinz Messerich hielten. Alle drei trugen einen Mundschutz und von Zeit zu Zeit wandten sie den Kopf beiseite, als sei die Belastung zu groß. Sie sammelten kleinere Knochen, größere Knochen, halb verdaute Reste, undefinierbare Anhäufungen von blutigem Gewebe, Knöpfe, Schnallen, Lederstücke, Tuchreste.
    Rodenstock tauchte neben Vera auf. »Sie versuchen, das Gebiss zusammenzusetzen. Das könnte etwas bringen, weil sie den Zahnarzt aufgetrieben haben, der Messerich behandelt hat. Bis jetzt sieht alles danach aus, als sei es tatsächlich Messerich. Das Alter scheint auch zu stimmen. Kommt mit, der Hausherr hat Emma und mir einen Schnaps spendiert. Das war auch verdammt nötig.«
    Einer der drei Männer rief plötzlich: »Hier ist noch ein Zahn. Menschlich. Schneidezahn oben. Das könnte der sein, den wir suchen.«
    Wir drängten uns an dem langen Tisch vorbei, ängstlich bemüht, nichts zu berühren.
    »Das ist ja der blanke Horror«, flüsterte Vera. Sie war leichenblass.
    Rodenstock führte uns in ein holzgetäfeltes Zimmer, in dem Emma und ein Mann im Grün des Försters beisammensaßen und miteinander plauderten.
    »Eine Freundin, Vera. Und Siggi Baumeister«, stellte uns Rodenstock vor.
    Wir begrüßten den Förster und ich fragte: »Was ist mit Kischkewitz?«
    »Er kommt«, anwortete Rodenstock. »Aber erst später. Er hat hier wenig zu bestellen. Es kommt darauf an, was die Männer in

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