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Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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wirkten inmitten der ländlichen Umgebung weitab des Dorfes wie eine Provokation des Architekten.
    »Mich erinnert es immer an den Turm eines U-Bootes. Ist dennoch eine Kapelle«, erklärte er. »Entworfen von dem Schweizer Architekten Peter Zumthor. Hat die Gemüter ziemlich erhitzt. Der Schlagabtausch der unterschiedlichen Positionen ging mehrere Wochen durch die Presse. Wachendorf«, er wies mit der Hand hinunter zu den Häusern, »ist ja eher ein beschauliches Dörfchen. Neumodischer Kram ist da nicht gerne gesehen.« Er seufzte. »Aber ich glaube, die Architektur ist heute unser kleinstes Problem.«
    Nebeneinander gingen sie hangaufwärts. Quer gestellte Einsatzwagen riegelten die Zufahrt ab. Bei einem hatte jemand vergessen, das Blaulicht auszuschalten. Das kalte blaue Licht rotierte träge. Ein Bus der Tatortgruppe parkte halb auf dem Feld. Sie grüßten den Kollegen am Absperrband und bogen nach rechts auf den bekiesten Fußweg ein. Feuersänger hatte bereits den Tatort gesichert und wuselte mit seinen Männern herum.
    »Kommt nicht zu nahe!«, rief er ihnen zu. Er kniete neben einer Leiche und kratzte Schmutz unter den Fingernägeln des Opfers heraus. Der Tote lag rücklings auf dem Boden, das Gesicht abgewandt, mit einem grauen Mantel bekleidet.
    Fischbach hob die Hand als Zeichen, dass sie vorsichtig sein würden.
    »Guido und Andrea sind in der Kapelle. Sie vernehmen den Zeugen, der uns die Sache gemeldet hat«, teilte Feuersänger ihnen mit, ohne aufzusehen.
    »Keine Spuren im Inneren?«, horchte Welscher nach.
    Fischbach belächelte die Frage. Feuersänger hätte die Kollegen persönlich an den Ohren herausgezogen, wenn es anders wäre.
    »Nachts ist der Klotz abgeschlossen. Da waren sie nicht drin. Ich habe mich dessen bereits versichert«, sagte Feuersänger.
    Fischbach deutete mit dem Daumen über die Schulter in Richtung eines Wagens, der hundert Meter weiter unten allein auf dem Parkplatz stand. »Der Mercedes. Ist das der Wagen des Opfers?«
    Feuersängers Blick ging kurz hoch. »Der Autoschlüssel, den wir in seiner Hosentasche gefunden haben, passt zumindest. Eine Halterabfrage habe ich noch nicht veranlasst. Und jetzt frag mir kein Loch in den Bauch. Lass uns unsere Arbeit machen. Ich werde euch nachher alles berichten«, knurrte er.
    »Ziemlich brummig heute, der Gute«, raunte Welscher. »So liebe ich sie, die aufgeschlossene und heitere Art der Eifeler Eingeborenen.«
    »An einem Mordopfer herumfummeln zu müssen ist ja auch nichts, wobei man überspitzte Freudenschreie loslässt, oder?« Beherzt betätigte Fischbach den Knauf der dreieckigen Stahltür und zog. Nichts tat sich. Er versuchte es mit beiden Händen, wieder ohne Erfolg. »Versuch du mal«, bat er.
    Welscher griff zu. Auch er zog vergeblich, hängte sich schließlich mit dem gesamten Körpergewicht an den Metallknauf, doch die Tür blieb verschlossen.
    »Vielleicht geht sie nach innen auf«, schlug Fischbach vor.
    »Hm, nee«, stellte Welscher fest. »Die Tür ist größer als die Öffnung dahinter. Die haben bestimmt von innen abgeschlossen, damit niemand stört.«
    »Es ist offen«, sagte plötzlich die Tür mit heiserer Stimme.
    »Die Tür hört sich verdammt nach Kollege Büscheler an«, stellte Fischbach fest.
    »So ist es«, krächzte die Tür und schwang auf. Büscheler sah sie streng an. »Man muss den Knauf nach oben ziehen, ihr Neandertaler, nicht nach unten drücken.«
    Überrascht sah Welscher sich den Mechanismus an und probierte es einige Male aus. »Wo er recht hat, hat er recht. Von außen kaum zu erkennen.«
    »Neandertaler«, wiederholte Büscheler. »Ich hatte schon Sorge, ihr würdet versuchen, die Tür aufzuschießen.«
    Sie folgten ihm ins Innere der Kapelle. Der schmale Gang öffnete sich zu einem hohen, annähernd runden Raum mit einer nackten, spiralförmig nach oben gezogenen Außenwand. Die Rillen im Beton erinnerten Fischbach an einen gezogenen Gewehrlauf. Die Sonne schien durch eine Öffnung in der Decke und durch unzählige gläserne Halbkugeln in der Größe von Tennisbällen, die in die Wand eingelassen waren. Fischbach horchte. Nur gedämpft hörte er noch Geräusche von draußen. Wie in Watte gepackt, dachte er.
    Andrea Lindenlaub saß mit einem kleinen, runzeligen Mann auf der Bank neben einer plastischen Figur. Fischbach war sich nicht sicher, wen oder was sie darstellen sollte. Sie glich einem lieblos modellierten Lehmklumpen. Jesus? Die Mutter Maria? Nepomuk? Es konnte auch alles gleichzeitig

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