Eifelbaron
Fischbach auf und stürmte aus dem Schlafzimmer. »Ich rufe sofort die Schmitz-Ellinger an«, röhrte er über die Schulter zurück. »Die soll uns so schnell wie möglich einen Beschluss besorgen, damit wir an die Passagierlisten rankommen.«
»Mitten in der Nacht?«, rief Welscher ihm alarmiert hinterher. Doch Fischbach trampelte bereits zufrieden lachend die Treppe hinunter.
Langsam zog Welscher den Nassrasierer über die Wange. Die Rasur erfrischte ihn und vertrieb seine Müdigkeit. Den Kaffee hatte er nicht angerührt. Für ihn hatte Sigrid einen Earl Grey aufgebrüht. Sie hatten zwei Stunden Fischbachs Theorie diskutiert. Gräpers Beschreibung des Fremden in Barons Haus passte dabei bestens ins Bild. Es könnte Bauernfeind gewesen sein. Zwar gab es Ungereimtheiten, die sie mit Vermutungen auffüllen mussten, aber tatsächlich war es eine brauchbare Hypothese. Gegen halb fünf hatte Sigrid sie dann noch mal ins Bett gescheucht. Er war auch sofort eingeschlafen, um sechs allerdings vom donnernden Röhren der Harley wieder wach geworden. Das war vor einer Stunde gewesen. Fischbach war jetzt bereits im Büro.
Er klopfte den Rasierer an der Keramik des Waschbeckens aus und betrachtete sich im Spiegel, während er das Aftershave verteilte. Trotz der kurzen Nacht wirkten seine Augen wach. Er strich mit den Händen über seine Wangen. Glatt wie eine Eisfläche. Zufrieden griff er ein Handtuch, trocknete sich ab und verließ das Bad.
»Möchtest du frühstücken?« Sigrid empfing ihn, wie immer gut gelaunt, in der Küche. Sie trug eine geblümte Schürze um die Hüften und hantierte mit einem Schneebesen.
Er setzte sich an den liebevoll gedeckten Tisch. »Gerne.« Er fühlte sich wie in einem Hotel. Sigrids Gastfreundschaft sprengte seine Vorstellungen. Nie hätte er erwartet, dass sie ihn hier im Haus länger als eine Nacht dulden, geschweige denn verwöhnen würde. Sein schlechtes Gewissen regte sich. Insgeheim gestand er sich ein, dass das auch ein Grund war, warum er sich seinen Problemen bisher nicht gestellt hatte. Er fühlte sich bei Sigrid geborgen. Sein Aufenthalt hier erinnerte ihn an seine Kindheit, an sein Elternhaus, bevor der Stress mit seinem Vater losgegangen war.
Das Telefon schrillte, und Sigrid ging in den Flur. Er hörte sie sprechen, es war Fischbach. Kurz darauf kam sie zurück. »Du sollst sofort rüberkommen. Auf die Rühreier musst du leider verzichten.«
Sehnsüchtig blickte er auf die selbst gemachte Bratapfelmarmelade. Darauf dann wohl auch. »Ach, Mist«, jammerte er.
Sigrid lachte. »Ich schmier dir schnell ein Brötchen. Kannst du dann unterwegs verdrücken.« Sie griff sich ein Messer und schnitt ein Brötchen auf, bevor Welscher protestieren konnte. Er schmunzelte. Diese Frau war wirklich unglaublich herzlich. Ob Fischbach wusste, was er an ihr hatte?
* * *
Als Welscher das Büro betrat, stand Feuersänger hinter Fischbach an dessen Schreibtisch. Gemeinsam blickten sie auf den Monitor.
»Hier, schau!«, sagte Fischbach, als er ihn bemerkte. Seine Wangen waren rosa, die Augen leuchteten.
»Moin«, grüßte Feuersänger knapp. Er sah müde und erschöpft aus.
Welscher ging um den Tisch herum und stellte sich so, dass er ebenfalls auf Fischbachs Monitor blicken konnte. »Reifenabdrücke«, stellte er fest. Er verglich die Bilder. »Wenn du mich fragst: eindeutig identisch.«
»Ja«, jubelte Fischbach. »Heinz war so lieb und hat heute Morgen den Abdruck aus Wachendorf mit den Reifen des Bentley verglichen.« Freudig hieb er mit der Faust auf Welschers Oberarm. Der zuckte zurück und rieb mit der Hand über die schmerzende Stelle.
»Dafür muss man mich aber nicht unbedingt mitten in der Nacht aus dem Bett holen«, brummte Feuersänger. »So dringend kann es gar nicht sein.«
»Doch, doch«, widersprach Fischbach. »Eine heiße Spur kann rasch kalt werden.«
Feuersänger verdrehte die Augen. »Aber nicht zwei Fotografien in einer Datenbank.«
»Komm, hab dich nicht so«, sagte Fischbach versöhnlich. »Du hast was gut bei mir.«
»Woher haben wir denn die Gegenprobe?«, fragte Welscher, um zur Sache zurückzukommen.
»Wenn ich einen Wagen untersuche, archiviere ich immer auch die Profile der Reifen«, erklärte Feuersänger.
»Ist das denn Standard?«, fragte Welscher erstaunt.
»Mehr eine Gewohnheit von mir. Hat mir mein Lehrmeister, Gott hab ihn selig, beigebracht. Ist, wie du siehst, mitunter ganz praktisch.«
»Ja, ja«, rief Fischbach fröhlich, »der
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