Eifelbaron
doch«, rief Sigrid und machte sich daran, die Getränke aufzubrühen. Sie schaufelte Pulver in den Filter, füllte ein Tee-Ei und prüfte die Temperatur des Wassers im Kessel auf dem Herd. »Wie wollt ihr eigentlich diesen Belgier finden, von dem ihr beim Essen erzählt habt?«, fragte sie.
»Oh, wir müssen ihn nicht finden«, antwortete Fischbach gut gelaunt.
Sigrid wandte sich um. »Müsst ihr nicht?«, fragte sie erstaunt.
Fischbach schmunzelte. »Genau. Er wird uns finden. Beziehungsweise vorfinden.« Er streckte die Beine unter dem Tisch aus und kreuzte die Füße.
Sigrid drohte Fischbach scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Jetzt spann mich nicht auf die Folter.«
»Wir kennen seine Handynummer und haben ihn zu uns bestellt«, erklärte Fischbach.
»Na, ganz so einfach war es nun auch wieder nicht«, widersprach Welscher. »Es ist fast unglaublich, aber als die erste Aufregung vorbei war, das Kind auf ihrem Bauch schlummerte und wir auf den Krankenwagen warteten, hat sich Frau Eimermacher plötzlich wütend aufgerichtet und den Belgier mit wilden Flüchen belegt. Sie beschwor uns, ihn zu schnappen und seiner gerechten Strafe zuzuführen.« Er hielt Sigrid seinen Unterarm hin. »Dabei hat sie nachdrücklich ihre Fingernägel in meinen Arm gekrallt.« Rote Halbmonde zeichneten sich auf seiner Haut ab. »Die war fuchsteufelswild. Es war eine absurde Situation, das Baby voller Käseschmiere, noch an der Nabelschnur, das blutige Laken.« Er schüttelte den Kopf und lächelte. »Ich habe sie gefragt, ob sie weiß, wo wir diesen Belgier finden könnten.«
»So was fragst du eine Frau, die gerade ihren Mann verloren und ein Baby geboren hat?« Sigrid goss das heiße Wasser in den Kaffeefilter und in die Tasse mit dem Tee-Ei. Ein würziger Duft nach Zimt und Nelken durchströmte die Küche.
»Rückblickend kann ich es selbst kaum glauben«, gab Welscher zu. »Aber in dieser Situation empfand ich es als richtig. Sie hat die Nummer aus dem Handy ihres Mannes herausgesucht. Und nicht nur das: Sie hat ihn angerufen und zu sich nach Hause bestellt. Übermorgen Nachmittag um vier.«
»Ist nicht wahr, oder?«, fragte Sigrid ungläubig.
»Doch, doch. Und wie ruhig sie bei dem Gespräch war.« Fischbachs Augen funkelten. »Als ob sie eine Pizza ins Haus bestellen würde und keinen Verbrecher.«
Sigrid nahm das Tee-Ei aus der Tasse und stellte sie vor Welscher auf den Tisch. Dann griff sie nach der Hand ihres Mannes. »Pass nur auf dich auf«, murmelte sie besorgt.
Welscher spürte einen Stich im Herzen. Von so viel Sorge um ihn konnte er in seiner Partnerschaft nur träumen. Alles, was er bekam, waren wüste Vorhaltungen. Verdammt! Ein wenig mehr Verständnis, ein wenig mehr Anteilnahme, das war doch nicht zu viel verlangt. Es war schließlich ein Unterschied, ob man in einem Notarbüro mit festen Arbeitszeiten arbeitete oder als Kriminalbeamter morgens noch nicht wusste, was der Tag für einen bereithielt. Ewig konnten die Differenzen mit Alex nicht weitergehen. Ein klärendes Gespräch musste her, doch er fürchtete sich davor. Bei so etwas wusste man nie, was hinterher dabei rauskam. Und für eine Trennung fühlte er sich nicht stark genug, seine Liebe war einfach noch zu groß.
Gegen elf verabschiedete er sich von den Fischbachs. Sie geleiteten ihn zur Haustür. Als er seine Jacke vom Garderobenhaken nahm, fiel sein Blick zufällig auf die große Kiste, die an der Wand stand.
»Bollywoodversand«, las er laut und sah Fischbach amüsiert an. »Interessierst du dich für fremde Kulturkreise?«
Fischbach verzog das Gesicht. »Ist eine komplizierte Familiensache.«
Sigrid lachte und hakte sich bei ihrem Mann unter. »Was ist denn daran so verzwickt? Wir sind am Sonntag auf eine indische Hochzeit eingeladen.«
»Du fliegst nach Indien?« Welscher sah Fischbach vollkommen perplex an. »Während der Ermittlungen? Passt du überhaupt in einen Flugzeugsitz?«
»Sehr witzig.« Fischbach schmunzelte und zog demonstrativ den Bauch ein.
Sigrid kicherte. »Die Hochzeit findet schon hier statt.«
»Indisch? Hier? In der Eifel?« Welscher schüttelte den Kopf. Der Großteil der einheimischen Bevölkerung wird Indien immer noch im Westen am Rande der Erdscheibe vermuten, dachte er amüsiert. Ein Schritt zu weit, und man fällt herunter.
Fischbach schob ihn sanft zur Tür hinaus. »Ich sag doch, dass es kompliziert ist.«
»Ach, übertreib doch nicht, Klößchen«, lachte Sigrid. »Nur der Rahmen der Feierlichkeit ist
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