Eifelbaron
Sie zerriss das Taschentuch in kleine Flocken. »In letzter Zeit war er sehr nervös«, ergänzte sie traurig.
»Kann ich verstehen«, sagte Fischbach. »Ihr Mann war verzweifelt. Man drohte ihm damit, Ihnen etwas anzutun, sollte die Lieferung nicht wieder auftauchen oder bezahlt werden.«
Frau Eimermachers Augen weiteten sich. »Heißt das, er hat sich umgebracht, um mich zu schützen?«
»So sieht es wohl aus«, bestätigte Fischbach. »Er machte sich außerdem schwere Vorwürfe, weil er glaubte, dass sein Chef möglicherweise von den Hintermännern des Auftraggebers ermordet wurde.«
»Warum ist er nicht zur Polizei?«, fragte sie mit belegter Stimme. Ihre Unterlippe bebte. Fahrig streichelte sie ihren Bauch.
»Das kann ich Ihnen leider nicht beantworten«, sagte Fischbach. »Wenn man verzweifelt ist, denkt man nicht unbedingt rational.«
Frau Eimermacher senkte den Kopf. Stumm weinte sie, ihr Körper zuckte.
»Wussten Sie von seinen Problemen?«, fragte Welscher einfühlsam.
Sie schüttelte heftig den Kopf, ohne aufzublicken. »Davon nicht, nein«, antwortete sie mit brüchiger Stimme. »Aber ich habe ihm immer gesagt, er soll sich von diesem dicken Belgier fernhalten. Ein schmieriger Typ ist das. Dem konnte ich ansehen, dass er nichts taugt.«
Welscher wechselte mit Fischbach einen Blick. Das Ganze schien größere Kreise zu ziehen, als sie zunächst vermutet hatten.
»Erzählen Sie uns bitte, was Sie über diesen Belgier wissen«, bat Fischbach. »Wie ist Ihr Mann an ihn geraten? Wie haben Sie ihn kennengelernt? Solche Dinge. Jede Einzelheit könnte wichtig sein.«
Sie verschränkte die Hände über ihrem Bauch und drehte ihren Ehering. »Christian hat mir erzählt, dass sie sich auf einem Rasthof in Belgien kennengelernt haben. Angeblich ist der Fettsack auch Kraftfahrer. Er war einmal hier, daher kenne ich ihn.«
»Wann war das?«, wollte Fischbach wissen.
Sie überlegte. »Ende Oktober. An einem Samstag, das weiß ich noch genau, da Christian freihatte und am Kinderzimmer …« Sie brach ab, presste die Arme auf den Bauch und stöhnte.
»Was ist?«, riefen Fischbach und Welscher gleichzeitig. Etwas plätscherte. Erschrocken sah Welscher, dass sich unter ihrem Stuhl eine Pfütze bildete.
»Die Fruchtblase«, heulte Frau Eimermacher auf. »Doch nicht gerade jetzt!«
»Ach du Scheiße«, murmelte Welscher, dem jetzt erst klar wurde, was hier passierte. »Wir brauchen einen Rettungswagen.« Seine Feststellung ging in Frau Eimermachers schmerzgeplagtem Schreien unter.
Fischbach sprang auf und half ihr auf die Beine. »Los, auf das Bett mit ihr«, wies er Welscher an, der artig den anderen Arm packte. »Wo ist das Schlafzimmer?«, fragte er Frau Eimermacher.
»Auf der anderen Seite des Flures«, presste sie hervor.
Gemeinsam bugsierten sie Frau Eimermacher auf das Bett.
Welscher wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Ich rufe einen Arzt.« Sein Handy flutschte ihm aus den Fingern und landete genau zwischen den aufgestellten Beinen von Frau Eimermacher.
»Es kommt, Scheiße, es kommt«, fluchte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht.
»Wir müssen ihr die Hose ausziehen«, sagte Fischbach und lief puterrot an.
»Mach du. Ich muss den Arzt …«, erwiderte Welscher und fischte nach dem Handy, wurde jedoch von Frau Eimermacher unterbrochen.
»Jetzt macht schon! Los!«, schrie sie.
Fischbach überwand als Erster seine Zurückhaltung, setzte sich auf die Bettkante, warf Welscher das Handy zu und half Frau Eimermacher aus der Hose.
»Hebamme«, keuchte sie. »Die Telefonnummer liegt auf der Kommode … im Wohnzimmer … neben dem Telefon.«
Welscher stürmte ins Wohnzimmer. Er fand den gelben Zettel und tippte mit zittrigen Fingern die Nummer ein. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich eine Frauenstimme.
»Gott sei Dank. Bitte kommen Sie so schnell wie möglich …« Er hielt inne und horchte.
»… gerade nicht erreichbar. Wenn Sie eine Nachricht …«
Er starrte auf sein Handy. Das konnte doch nicht wahr sein! Was war das denn für eine Hebamme, die nicht jederzeit erreichbar war? Wütend legte er auf und sah gehetzt um sich. Denk nach, forderte er sich selbst auf. Im Schlafzimmer schrie Frau Eimermacher vor Schmerzen. Er spürte, wie sich seine Nerven beruhigten, seine Gedanken wieder klarer wurden. Er wählte eins, eins, zwei. Die zuständige Rettungswache meldete sich.
»Kommissar Welscher hier. Ich brauche einen Rettungswagen, am besten mit jemandem darin, der
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