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Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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frühstücken konnte? Er kratzte sich über sein unrasiertes Kinn. Das ging
vielleicht gerade noch als modischer Dreitagebart durch, seine zerknitterte
Kleidung hingegen würde bestimmt für ungewolltes Aufsehen sorgen. Vielleicht
sollte er später, auf dem Weg zur Behörde, doch besser beim gelben M in
Kall anhalten. Zumindest eine Katzenwäsche konnte er dort vornehmen.
    Zunächst wollte er jedoch mehr über das Dorf erfahren. Er war
ohnehin viel zu früh dran. Er sah zur Burgruine hinauf. Aufrecht wie ein
mahnender Zeigefinger trotzte deren Turm den Jahrhunderten. Von dort oben hätte
er sicher einen guten Ausblick. Wenn er sich recht erinnerte, war der Zugang
zur Ruine gegenüber dem Torbogen, der den Fußweg zur Wilhelm-Tell-Gasse
überspannte. Er kehrte um und ging den Weg, den er gekommen war, zurück. Fast
wieder am Ausgangspunkt angekommen, sah er einen Mann, der vor dem Haus der
Ermordeten Kramann mit abgeschirmter Hand durch das Küchenfenster ins Innere
spähte. Er trug einen dunklen Mantel, der Schatten des breitkrempigen Huts
verdeckte sein Gesicht.
    Behutsam huschte Welscher außer Sicht, darauf bedacht, kein Geräusch
zu erzeugen. Er ging in die Knie und versteckte sich hinter der Eingangstreppe
eines Hauses, an dem »Haus der Ritter« stand.
    Der Mann schien ihn nicht bemerkt zu haben. Er klopfte gegen die
Scheibe und rief: »Vrönn? Mach doch auf. Ich bin’s.«
    Seltsam, dachte Welscher, ein Besuch so früh am Morgen?
Offensichtlich kannte der Mann Veronika Kramann. Ein Nachbar? Aber der würde
sicher nicht in aller Herrgottsfrühe die Leute aus dem Bett klopfen. Welscher
stand auf. Besser als darüber nachzugrübeln, was ihn hergetrieben hatte, war
nachzufragen. Er versicherte sich mit einem Klopfer auf seinen Holster, dass er
für den Notfall seine Walther bei sich hatte.
    Indes drückte der Mann einige Male den Klingelknopf.
    Welscher ging auf ihn zu. »Da werden Sie keinen Erfolg haben«, rief
er.
    Der Fremde zuckte zusammen und wandte ihm das Gesicht zu. Es war im
Schatten der breiten Krempe jedoch nicht zu erkennen.
    »Verfluchter Hut«, murmelte Welscher und beschleunigte seinen Gang.
»Polizei«, erklärte er. »Ich hätte ein paar Fragen an Sie.«
    Da kam Bewegung in den Mann. Er stürmte den Burgbering in Richtung
Stadttor hinauf.
    Verdutzt schaute Welscher ihm nach. Dass der Fremde auf die Idee
kommen könnte, die Flucht zu ergreifen, hatte er nicht erwartet. Die Schritte
des Mannes hallten in der Gasse wider. »Verdammt«, knurrte er und stürmte
hinterher.
    Gegenüber einem baufälligen Haus bog der Mann links ab und
verschwand in einem kleinen Pfad.
    Welscher erreichte die Stelle und reduzierte das Tempo. Vorsichtig
äugte er um eine Mauerecke herum in die Gasse. Nur wenige Meter waren
einzusehen, dann knickte der Weg nach links ab. Welscher hastete wieder los. Er
wusste, der Flüchtige hatte auf Dauer keine Chance gegen ihn. Am etwas steifen
Laufstil des Mannes hatte er erkennen können, dass der nicht mehr der Jüngste
war. Über kurz oder lang würde sich Welschers Kondition durchsetzen. Er folgte
dem Linksknick und sah plötzlich etwas Dunkles auf sich zukommen. Der Schlag
traf ihn oberhalb der Nasenwurzel. Etwas knackte wie ein trockener Ast, auf den
man trat, und eine Schmerzwelle rollte über ihn hinweg, nahm ihm die Luft zum
Atmen. Ihm wurde schwarz vor Augen. Das Letzte, was er spürte, war der Aufprall
auf den Boden.

VIER
    Brummen. Ein Bienenschwarm, nein, eher Wespen. Wütende.
Sie stachen wild zu, alles schmerzte. Welscher warf den Kopf hin und her, doch
dadurch wurde es nur schlimmer. Er riss die Augen auf. Schwärze. Panik griff
nach ihm. Sein Herz raste.
    »Langsam, du Aap.«
    Wer redete da? Er konzentrierte sich. »Aap?«, krächzte er. Seine
Zunge klebte am Gaumen. »Wasser.«
    »Tee«, sagte die Stimme. Jemand packte ihn am Hinterkopf und hob ihn
an. Etwas Kaltes berührte seine Lippen. »Kennst du nicht den Müllers Aap, das
kölsche Original? Peter Müller, den Boxer? Den, der damals in den Fünfzigern
bei einem Kampf einfach den Ringrichter niedergeschlagen hat?«
    Tee spülte über Welschers Zunge.
    »Hm, vermutlich nicht deine Generation.«
    Wer sprach mit ihm? In seinen Ohren rauschte es, er konnte die
Stimme nur schlecht verstehen. Er schluckte den Tee, und das Brennen im Hals
ließ nach. »Kann nicht sehen.«
    »Moment.«
    Welscher spürte die Tasse nicht mehr an seinen Lippen, dafür zog
jemand etwas aus seinem Gesicht. Das Licht schoss ihm stechend

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