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Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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Tuch schlang sich um ihren Hals. Die Füße steckten in
Birkenstocks. In der Stadt hätte man sie vermutlich als Öko bezeichnet.
Fischbach nannte so etwas Landfrau. Ihr Alter schätzte er auf Mitte vierzig.
»Frau Wolf, ich habe leider unangenehme Neuigkeiten«, sagte er und spürte immer
noch einen Kloß im Hals. Ein Bote schlechter Nachrichten zu sein gefiel ihm
ganz und gar nicht. Daran würde er sich nie gewöhnen können.
    Sie straffte sich. Ihre Hand mit dem Kessel verharrte über dem
Kaffeefilter. »Es geht um meine Mutter, oder?«
    »Ja. Sie ist …«, er atmete kräftig durch, »… tot.«
    Sie stellte den Kessel ab und stützte sich mit beiden Händen an der
Arbeitsfläche ab. »Wann?«
    Die Frage »Wie?« hätte Fischbach eher erwartet. Doch die Reaktion
von Hinterbliebenen konnte man nie mit hundertprozentiger Sicherheit
einschätzen.
    »Gestern Abend. Möchten Sie sich nicht lieber setzen?« Stumm
verfluchte Fischbach sich. Er hätte gleich daran denken müssen. Bei solchen
Nachrichten sollte man sitzen. Er dagegen ließ sich noch einen Kaffee
aufbrühen. Wie rücksichtslos.
    Abwehrend hob sie die Hand. »Geht schon.« Sie richtete sich wieder
auf und griff zum Kessel. »Ich wusste es bereits.«
    »Wer hat Sie benachrichtigt?«, fragte Fischbach. Sollte ihm jemand
aus der Behörde zuvorgekommen sein, würde er sich denjenigen zur Brust nehmen.
Hinter dem Rücken des leitenden Ermittlers Informationen preiszugeben, dafür
hatte er kein Verständnis.
    Sie goss Wasser auf das Pulver. »Niemand.«
    Überrascht sah Fischbach auf. »Aber Sie sagten doch gerade …«
    »… dass ich es wusste, richtig.« Sie lachte unsicher. »Es ist
schwer zu erklären.«
    »Versuchen Sie es einfach.«
    Sie zögerte, blickte Fischbach misstrauisch an. »Ich kann Dinge
sehen«, sagte sie dann. »Ich habe ein Messer in ihrem Rücken stecken sehen.«
    Sie weiß sogar, dass ihre Mutter ermordet wurde, dachte Fischbach
verblüfft. Und mit welcher Tatwaffe. Sehr verdächtig. Er wog kurz ab, wie
wahrscheinlich eine hellseherische Fähigkeit im Vergleich zu einer Anwesenheit
am Tatort war. Aufgrund seiner Diensterfahrung senkte sich die Waagschale
zugunsten von Letzterem. »Sie können Dinge sehen?«, hakte er daher skeptisch
nach.
    »Ja.«
    »Sie sind also eine Hellseherin?«
    Mit der Antwort ließ sie sich Zeit. Schweigend nahm sie zwei Tassen
aus dem Schrank und stellte sie mit der Kaffeekanne vor Fischbach ab. Aus dem
Kühlschrank holte sie Milch, Zucker stand bereits auf dem Tisch. Die Löffel
kramte sie aus einer Schublade, dann setzte sie sich zu ihm. »Ich würde mich
selbst nicht so bezeichnen.«
    »Aber ist das nicht hellsehen, wenn man Dinge sehen kann?« Fischbach nippte an seinem Kaffee. Bitter und stark, stellte er fest.
Milch wäre nicht schlecht. Zu viel Fett, dachte er, verkniff sich den Griff zum
Kännchen und trank noch einen Schluck.
    »Ich liege zu oft daneben«, sagte sie. »Vielleicht würde es
ausreichen, um als Hellseherin praktizieren zu können. Doch von Profis erwarte
ich eine höhere Treffsicherheit.« Sie umschlang ihre Tasse mit den Händen, als
ob sie sich daran festhalten wollte.
    »Gut. Aber bei Ihrer Mutter waren Sie sich sicher?« Fischbach
schüttete Zucker in seinen Kaffee und rührte um.
    »Gestern, kurz vor Mitternacht, bin ich aufgewacht. Ich habe sie auf
dem Boden liegen sehen, blutüberströmt, regungslos. Die Eindrücke waren sehr
intensiv, fast plastisch. Ein so starkes Empfinden hatte ich noch nie.« Ihre
Hände zitterten. »Den ganzen Morgen habe ich versucht, meine Mutter zu
erreichen. Niemand hat abgehoben. Ich wollte gerade mit dem Auto los, als Ihre
Kollegin anrief.« Ihre Stimme war mit jedem Wort leiser und kraftloser
geworden. Tränen rollten über ihre Wangen.
    »Es tut mir sehr leid«, versicherte Fischbach ihr. Wenn das alles
nur vorgetäuscht war, dann war Barbara Wolf eine gute Schauspielerin. Aber man
wusste ja nie. »Haben Sie jemanden, der sich um Sie kümmern kann?«
    »Mein Mann. Er macht einen Angelausflug mit unserem Sohn, müsste
aber bald zurückkommen.«
    Fischbach zog ein Papiertaschentuch aus seiner Jeans und reichte es
ihr.
    »Danke.« Sie putzte sich die Nase. »Wie ist es passiert? Musste sie
sehr leiden?«
    Um Zeit zu gewinnen, schüttete Fischbach Milch in seinen Kaffee.
»Sie haben das Messer in ihrer … in ihrem Traum ja selbst gesehen«, sagte er.
Die bestialische Verfolgungsjagd quer durch das Haus verschwieg er.
    Barbara Wolf senkte den Blick.

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