Eifelheiler (German Edition)
etwas
steckt tief drin.«
»Verstehe.«
Ein dankbares Lächeln stahl sich in ihre Mundwinkel. »Reich konnte
meine Mutter damit jedoch nicht werden, da muss ich Sie enttäuschen.«
»Oh«, stieß Fischbach überrascht aus, »warum nicht?«
»Ganz einfach: Sie verlangte kein Geld dafür.«
»Sie praktizierte umsonst?« Fischbach konnte es kaum glauben.
»Ist nicht ungewöhnlich. Soviel ich weiß, verlangen Heiler und
Gesundbeter so gut wie nie Bezahlung. Ich würde auch nichts nehmen. Es ist eine
Gottesgabe, die man nicht gewinnbringend einsetzen sollte.«
»Sind Sie denn auch eine Heilerin?«
Sie zögerte. »Ich weiß es nicht.«
»Sie wissen es nicht?«, fragte Fischbach erstaunt.
»Es ist nicht so einfach«, wich Barbara Wolf aus.
»Versuchen Sie bitte trotzdem, es mir zu erklären.«
»Noch einen Kaffee?«
»Gerne. Aber das bringt Sie nicht um eine Antwort.« Fischbach hielt
ihr die Tasse hin.
Sie nahm die Kanne und goss ein. »Meine Mutter hat gesagt«, haspelte
sie dabei hastig heraus, »dass die Gabe auf mich übergehen wird, sobald sie
stirbt. Allerdings muss ich dafür die Heilsprüche kennen. Deswegen hat sie sie
mir schon vor langer Zeit beigebracht. Möglicherweise bin ich also jetzt eine
Heilerin.«
Fischbach klopfte mit dem Kugelschreiber auf sein Notizbuch.
»Verstehe. Die Zukunft wird es zeigen.«
Sie lachte unsicher. »Blöd, oder?«
»Nicht im Geringsten.«
Sie atmete erleichtert durch und schob sich eine Strähne hinters
Ohr. »Es hört sich selbst für mich, wo ich doch mit einer Heilerin groß
geworden bin, so … unwirklich an.«
»Ich drücke Ihnen die Daumen«, sagte Fischbach, um ihr Mut
zuzusprechen. »Es kann ja nicht schaden. Ganz im Gegenteil.«
Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Ich habe mich nicht darum
gerissen. Meine Mutter hätte dafür nicht …« Sie brach ab und schluckte schwer.
Fischbach gab ihr Zeit, sich zu sammeln. Dann fragte er: »Hatte Ihre
Mutter mit jemandem Streit?«
Barbara Wolf rutschte plötzlich unruhig auf ihrem Stuhl herum.
»Nein«, sagte sie einsilbig. Ihre Lippen glichen einem dünnen Strich.
»Ganz sicher?«, drängte Fischbach. »Ihnen fällt niemand ein? Es
könnte wichtig sein.«
Heftig schüttelte sie den Kopf. »Sie war überall beliebt.« Sie
schloss die Augen. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich mich jetzt gerne
ein wenig hinlegen und allein sein. Es ist … sehr anstrengend.«
Sie weicht mir aus, dachte Fischbach. Bisher war sie ihm gegenüber
ganz offen gewesen. Aber die Frage nach Streitigkeiten schien sie aus der
Fassung zu bringen. Irgendetwas war da, was sie nicht preisgeben wollte. Selbst
wenn er drängen würde, käme er hier und jetzt nicht weiter, das spürte er. Er
nickte und steckte sein Notizbuch ein. »Das verstehe ich. Es war ein harter
Schlag für Sie.« Er stand auf. »Kann ich noch etwas für Sie tun? Soll ich noch
jemanden benachrichtigen?«
Sie hob abwehrend die Hand. »Das mache ich lieber selbst, ich
kümmere mich um alles.« Sie stand ebenfalls auf. »Ich bringe Sie noch zur Tür.«
»Keine Umstände«, wehrte er ab. »Danke für den Kaffee. Ich melde
mich wieder bei Ihnen.« Er nahm seinen Helm und verließ das Haus.
Draußen rief er Sigrid an, um ihr mitzuteilen, sie könne das Essen
aufsetzen. Dabei wandte er sich noch einmal dem Haus zu. Er bemerkte, wie
Barbara Wolf in der Küche stand und ihn mit finsterer Miene musterte.
***
Zu Hause angekommen, wuchtete Fischbach seine Maschine auf den
Seitenständer. Sein Zwerghausschwein Schnüffel kam auf ihn zugerannt und rieb
sich an seinem Bein die Borsten. Der Ringelschwanz tanzte in der Luft herum.
»Gutes Kerlchen«, sagte Fischbach lachend und klopfte ihm die
Flanke. Aus der Werkstatt holte er einen getrockneten Apfel und drückte ihn
Schnüffel in die Schnauze. Der zog zufrieden grunzend davon.
Fischbach ging ins Haus und hängte seine Lederjacke an die
Flurgarderobe. »Bin wieder da«, rief er, während er in seine Pantoffeln
schlüpfte. Noch bevor er die Küche betrat, stoppte er jedoch und rümpfte die
Nase. Ein ungewöhnlicher Geruch hing in der Luft. Es roch zwar köstlich nach
Rouladen, aber da war noch etwas anderes. Parfum. Allerdings nicht das, was
Sigrid üblicherweise benutzte. Tosca? Ein ungutes Gefühl beschlich ihn.
Vorsichtig drückte er die Küchentür auf.
Oh je.
Seine Mutter saß auf der Bank am Fenster. Auf seinem Platz.
»Mutter«, entfuhr es ihm. »Was machst du denn hier?« Ein strafender
Blick von Sigrid
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