Eifelheiler (German Edition)
Brust. »Aber ab und an kommt
noch die alte Sylvia Neuroth an die Oberfläche, oder? So rasch kann man alte
Gewohnheiten nicht ablegen, habe ich recht? Das Medium schaut dann in die
eigenen Abgründe, und die dunkle Seite der Seele gewinnt die Oberhand. Die
weiße Hexe wird schmutzig grau.«
Sylvia Neuroth lief rot an vor Zorn. Welscher straffte sich, er
rechnete mit einem körperlichen Angriff. Doch stattdessen schloss Sylvia
Neuroth die Augen und legte die Hände auf den Tisch. Sie begann, tief und
monoton zu brummen.
Fischbach runzelte die Stirn. »Was soll das jetzt?«
Sie ließ sich Zeit mit der Antwort. »Meditation. Ich zeige Ihnen
gerade, wie ich mit Stress-Situationen umgehe.« Sie öffnete die Lider und
zwinkerte Fischbach zu. »Es wirkt, glauben Sie mir. Ich fühle mich gut und
stark.«
Kimama sah auf und gähnte.
»Ach, hören Sie doch mit dem Schauspiel auf«, fuhr Fischbach sie an.
»Wir wissen von Ihrem Streit mit Veronika Kramann. Sie haben sie zu einem
Zweikampf herausgefordert. Nicht gerade die weiße Art, oder?«
»Ich habe sie aber nicht getötet«, keifte Sylvia Neuroth. »Das ist
es doch, worauf Sie hinauswollen, endlich rücken Sie damit raus. Passt ja alles
prima. So einer wie mir, mit einem Vorstrafenregister so lang wie das Papier
auf einer Klorolle, nimmt man die Resozialisierung natürlich nicht ab. So einer
glaubt man nicht, hat ja schon oft genug gelogen in ihrem Leben, die Gute.« Sie
atmete schwer, ihre Brust hob sich deutlich unter ihrem Kleid. Kimama stand auf
und stellte sich mit aufgestellten Ohren neben sie.
»Woher wissen Sie von Frau Kramanns Ableben?«, fragte Welscher.
»So etwas spricht sich rum«, erwiderte sie. »Ich habe es heute
Morgen beim Bäcker erfahren.«
»Frau Kramann hat Ihnen ziemlich zugesetzt«, sagte Welscher und
fixierte die Hündin, die merklich unruhiger wurde. Unter ihrem goldenen Fell
arbeiteten die Muskeln. »Der Bericht in der Zeitung neulich wird Ihrem Geschäft
doch sicher erheblich geschadet haben.«
Verächtlich verzog sie die Mundwinkel. »Ganz im Gegenteil. Ich hatte
noch nie so viele Kunden. Was Besseres hätte mir gar nicht passieren können.
Schlechte Nachrichten sind immer noch besser als gar keine Nachrichten.«
»Trotzdem standen Sie vor Frau Kramanns Haustür und haben sie zum
Duell herausgefordert.«
»War doch nicht ernst gemeint.« Sie nahm ihren Hut ab und warf ihn
mit einer gekonnten Drehbewegung auf die Liege. »Nur ein kleiner Spaß.«
Erregt hieb Fischbach auf den Tisch. Die Glaskugel machte einen
kleinen Hüpfer. »Erzählen Sie uns doch keine Märchen. Spaß, von wegen. Sie
hätten Frau Kramann krankenhausreif geschlagen. Geben Sie es doch zu. Wäre ja
nicht das erste Mal gewesen.«
Kimama stellte den Schwanz auf und knurrte.
»Was Sie da ansprechen, liegt hinter mir«, sagte sie provozierend
gelassen.
Das ist Routine für sie, dachte Welscher, er spürte es deutlich. Sie
war ausgebufft, kannte die Tricks und wusste zu genau, wie sie sich am besten
herauswinden konnte.
»Wo waren Sie am Samstag?«, fragte Fischbach mit scharfer Stimme.
»Wann genau?«, wich sie aus.
»Nachmittags, zum Abend hin.«
Sie seufzte und sah zur Decke. »Lassen Sie mich überlegen, hm.
Kaffee und Kuchen mit den Eltern, danach bin ich mit Kimama eine Runde
gegangen. Abends habe ich einen Tatort gesehen. Fragen Sie meine Eltern.«
»Die laufen sonntags«, wandte Fischbach ein.
»War eine Wiederholung.«
»Welcher Sender?«
»Darauf habe ich nicht geachtet.« Sie beugte sich vor. »Aber es wird
ja wohl kein Problem für Sie sein, das herauszufinden.«
Bianca würde nicht mal dreißig Sekunden dafür benötigen, dachte
Welscher.
»Der Inhalt?«, fragte Fischbach.
Welscher wusste, dass selbst eine zufriedenstellende Antwort nicht
viel bedeutete. Wenn sie sich über einen ausgestrahlten Tatort ein Alibi
erschleichen wollte, würde sie sich sehr gut informiert haben und vermutlich
sogar die Texte zitieren können. Aber das hinderte sie ja nicht daran, sie ein
wenig unter Druck zu setzen.
»Ein Mord, später noch ein zweiter.« Sie feixte.
Fischbach lief rot an. Seine Augen formten sich zu Schlitzen. »Frau
Neuroth, meine Geduld ist bald zu Ende.«
Gelassen strich sie sich eine Strähne hinters Ohr und tätschelte
Kimama den Kopf. »Es waren die beiden aus Münster, der Kommissar ist St.-Pauli-Fan,
der Pathologe der Schauspieler, der auch diesen Fernsehkoch gespielt hat. Ich
vergesse den Namen immer.«
»Jan Josef Liefers«, half
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