Eifelheiler (German Edition)
hinaus.
Welscher sah ihr hinterher. Für eine alleinerziehende Mutter war das
Leben auch nicht einfach.
»Du siehst erschöpft aus«, sagte Fischbach besorgt.
Vorsichtig strich sich Welscher über den Verband. »Geht schon.«
»Mhm«, brummte Fischbach zweifelnd. »Du gehörst eigentlich ins
Bett.«
Leichte Panik stieg in Welscher auf. Freizeit bedeutete, sich den
ganzen Tag ohne Ablenkung mit den eigenen Problemen beschäftigen zu müssen.
»Und wer soll dir dann hier helfen?«
»Niemand ist unersetzbar.«
»Richtig. Aber wir würden Zeit verlieren. Ein Vertreter für mich
müsste sich ja erst einarbeiten, die Akte studieren und so«, wandte Welscher
ein und versuchte, seine Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen.
»Eine heiße Spur haben wir ohnehin noch nicht«, sagte Fischbach und
musterte Welscher skeptisch. »Ich möchte nicht, dass du dich plagst.«
»Tue ich nicht«, versicherte Welscher hastig. »Es geht schon,
wirklich, vertrau mir.« Er legte so viel Überzeugungskraft in seine Stimme, wie
er aufbringen konnte.
Fischbach ließ sich Zeit. »Also gut«, sagte er schließlich. »Ich
erwarte aber, dass du dich sofort meldest, wenn es nicht mehr geht,
verstanden?«
»Klar, mach ich.«
Feuersänger klopfte gegen den Rahmen der offenen Tür und kam herein.
Seine Augen huschten wild umher. Auf Welscher wirkte es immer, als ob der
Tatortspezialist mit einem Röntgenblick seine Umgebung abtastete. Nie fixierten
Feuersängers Pupillen ein Objekt länger als zwei Sekunden.
»Wir haben was im Blut gefunden«, erklärte Feuersänger ohne
Umschweife und stützte sich auf eine Stuhllehne.
»Gift?«, fragte Fischbach erstaunt.
Feuersänger lachte. »Der Fluch des unpräzisen Ausdrucks,
entschuldige bitte. Ich meinte: Wir haben in den Blutspuren am Tatort etwas
gefunden, was interessant sein könnte.« Er schlenderte zur Kaffeemaschine und
schüttete sich einen Becher voll.
Welscher bemerkte, dass Feuersänger kaum noch schniefte. Es ging ihm
offenbar besser.
»Wenn wir die Spuren richtig deuten«, Feuersänger sah sinnierend zum
Fenster hinaus, »dann waren drei Personen am Tatort.«
»Drei?«
»Drei, ja, inklusive Opfer«, bestätigte Feuersänger und stellte
seinen Becher auf die Anrichte, ohne einen Schluck davon getrunken zu haben. Er
wandte sich zu ihnen um. »Wir haben Abdrücke von Schuhsohlen gefunden, von den
Spitzen, um genau zu sein.« Er lachte unsicher. Seine Augen sprangen dabei wie
Tischtennisbälle hin und her. »Am Tatort selbst sind mir die Unterschiede in
den Spuren leider nicht aufgefallen. Die Erkältung hatte wohl meine Instinkte
ein wenig betäubt. Aber der Fotograf hat super Bilder geschossen.«
»Kann passieren«, sagte Welscher mitfühlend. Seine gebrochene Nase
setzte seinen Sinnen auch hin und wieder zu. Was mit einer schweren Erkältung
durchaus vergleichbar war. »Dafür werden die Spuren ja gesichert. Es waren also
drei Personen am Tatort. Habt ihr dazu noch mehr herausgefunden. Schuhgröße?
Mann? Frau?«
Feuersänger wiegte den Kopf. »Veronika Kramann trug Pantoffeln, die
konnten wir eindeutig zuordnen. Bei den anderen beiden wird es schwierig.«
Gequält verzog er das Gesicht.
Welscher wusste, dass Feuersänger es hasste, im Dunkeln zu stochern.
»Jetzt zier dich nicht so«, drängte Fischbach. »Was vermutest du?«
»Hm, also gut. Eine Frau, ein Mann, würde ich behaupten.« Hastig
ergänzte er. »Aber nagel mich nicht darauf fest. Es könnte ja auch ein Fetisch
sein.«
»Ein Fetisch?«, brummte Fischbach und zog eine Augenbraue nach oben.
Welscher vermutete, dass Fischbachs Welt gerade aus den Angeln
glitt. »Männer in Frauensachen meint der Kollege Feuersänger«, sagte er deshalb
und feixte.
Fischbach räusperte sich. »Selbstverständlich, bin ja nicht auf den
Kopf gefallen. Davon habe ich auch schon gehört.«
Entschuldigend hob Feuersänger die Arme. »Das war es auch schon.
Mehr habe ich im Moment nicht. Ich verzieh mich wieder. Muss mich noch um die
Messer kümmern.« Er nickte ihnen zu und eilte hinaus.
»Was für ein komischer Kauz«, konnte sich Welscher nicht verkneifen
zu sagen.
Fischbach stand auf. »Käuze haben ausgezeichnete Augen und Ohren.
Jemand Besseren kann man sich für so eine Tätigkeit doch nicht wünschen, oder?
Jetzt aber mal los. Wir haben schließlich nicht den ganzen Tag Zeit.«
ACHT
Welscher ließ seinen Fiesta gemütlich dahinrollen. Mit den
müden fünfzig Pferdestärken unter der Haube wäre jeder
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