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Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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er.
    Sie verließen die Kirche durch die Sakristei. Die Frühlingssonne
empfing sie. Pfarrer Beinlich nahm auf einer Bank an der Kirchenmauer Platz und
klopfte auf den Platz neben sich. »Kommen Sie an meine Seite, mein Sohn.«
    Sohn ist gut, dachte Fischbach. Ich bin bestimmt zehn Jahre älter
als er. Die Bank knarzte beängstigend, als er sich darauf niederließ.
    Beinlich stieß ihn keck mit der Schulter an. »Aus echter Eifeler
Eiche. Keine Sorge, die hält stand.« In seinen Augen standen Lachfältchen.
    Nicht zum ersten Mal schämte sich Fischbach. Er musste unbedingt
etwas gegen seine Leibesfülle unternehmen. So wie er zurzeit herumlief, fühlte
er sich unwohl. Und die spöttischen Bemerkungen seiner Mitmenschen störten ihn
zunehmend. Früher hatte er seinen Bauch mit einer voluminöseren Kleidergröße
halbwegs verstecken können.
    Doch selbst XXL spannte inzwischen. Er
holte tief Luft und fasste hier und jetzt die Entscheidung, seinen Pfunden den
Krieg zu erklären.
    »Die Vrönn, ja, sie war eine Liebe«, begann Pfarrer Beinlich von
ganz allein und riss Fischbach so aus seiner Kriegserklärung. Er schaute
traurig ins Tal hinein. Seine Heiterkeit war von einer Sekunde zur anderen
verflogen. »Auf die konnte ich mich verlassen. Wenn die Vrönn etwas zusagte,
dann konnte man darauf Kathedralen erbauen.«
    »Sie mochten Veronika Kramann?«
    »Aber sicher doch. Alle mochten sie.«
    Fischbach beschloss, jedes vorsichtige Herantasten fallen zu lassen
und sofort zum Kern zu kommen. »Trotzdem hat sie jemand getötet.«
    »Ja. Schrecklich.«
    »Haben Sie eine Idee …«
    »Ein Fremder«, unterbrach ihn Pfarrer Beinlich. Er schloss die Augen
und hielt sein Gesicht der Sonne entgegen. »Davon bin ich fest überzeugt.«
    »Sie können sich also niemanden vorstellen, der Frau Kramann an den
Kragen wollte?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Was ist mit dem anderen Heiler hier in Kronenburg?«
    Verblüfft riss Pfarrer Beinlich die Augen auf und sah Fischbach an.
»Hartmanns Schäng? Ist doch nicht Ihr Ernst.«
    »Warum nicht?«
    »Der Schäng ist der liebenswürdigste Mann, den ich in der Gemeinde
kenne. Nie im Leben würde der einer Fliege etwas zuleide tun. Für den lege ich
die Hand ins Feuer.«
    Fischbach leckte sich über die Lippen. Für einen Moment meinte er,
erneut die Schärfe des Bonbons zu spüren. Von wegen, dachte er, der Mann ist
gemeingefährlich.
    »Sie zweifeln?«, fragte Pfarrer Beinlich.
    »Ist mein Beruf. Ich kann nicht aus meiner Haut.«
    »Aber Schäng ist ein Heiler. Er hilft Menschen, er tötet sie nicht.
Überzeugt Sie das nicht?«
    »Wenn ich ehrlich bin: nein. Das ist mir zu einfach gestrickt.«
    Beinlich überlegte. »Sicher haben Sie recht.« Er seufzte. »Ich will
einfach an das Gute im Menschen glauben, ganz besonders bei meinen Schäfchen
hier in Kronenburg. Ich bin voreingenommen und keine Hilfe für Sie. Zu naiv.«
Treuherzig lächelte er.
    »Wo wir das Thema Heiler schon angesprochen haben. Wie ist Ihr
Standpunkt dazu?«
    »Habe ich eben ja bereits durchklingen lassen. Sie helfen ihren
Mitmenschen, und das ist für mich in Ordnung.«
    »Ist es denn nicht schwarze Magie?«
    Heftig schüttelte Pfarrer Beinlich den Kopf. »Nein, auf gar keinen
Fall. Die Heilertätigkeit hier in der Eifel ist verbunden mit einem intensiven
Glauben an Gott. So war es bei Vrönn, so ist es beim Schäng. Ihre Gebete heilen
die Menschen, sie sind somit lediglich Gottes verlängerter Arm.«
    »Interessante Interpretation. Aber es gibt doch bestimmt auch eine
gegenteilige Auffassung. Wer Gutes tun kann, ist doch vermutlich auch in der
Lage, seine Gabe zum Schaden einzusetzen. Frau Kramann könnte jemandem übel
mitgespielt haben, und derjenige hat sich dann gerächt.«
    Gedankenverloren strich sich Pfarrer Beinlich über die Glatze. »Hm,
in der Tat ist mir eine Geschichte aus Dreiborn bekannt, wo ein Heiler die
Fähigkeit gehabt haben soll, Menschen stehen zu lassen.«
    »Stehen zu lassen?«
    »Ja, soll heißen, er konnte einen Bann aussprechen. Wenn er wütend
auf jemanden war, dann bannte er ihn an Ort und Stelle. Derjenige konnte sich
nicht mehr bewegen. Bei einer anderen Geschichte, von der ich gehört habe, war
es ähnlich. Diesmal bei Hellenthal. Eine Bäuerin verhandelte mit dem Heiler
über eine Kuh. Sie kamen nicht überein, obwohl der Heiler einen guten Preis
bot. Irgendwann brach der Heiler die Verhandlungen wütend ab und drehte sich
um. Die Bäuerin ließ er stehen.«
    »Wie lange?«
    »Es war wohl nur

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