Eifelheiler (German Edition)
»Wo denken Sie hin? Sie hat es noch nicht mal
ihrer Familie anvertraut. Sie fand das alles sehr lustig.«
»Okay, aber dass Frau Kramann ihr Geld zu Hause hortete, das können
Sie bestätigen?«
»Ja. Daraus schien sie keinen Hehl zu machen, ich meine, schließlich
hat sie es sogar mir erzählt.«
»Im Rausch.«
»So schlimm war es auch wieder nicht. Und Veronika trank gerne mal
einen guten Rotwein. Wenn dann jemand da war, so wie ich …« Sie brach ab. »Ich
will ihr aber nichts Schlechtes nachsagen, sie war keine Säuferin oder so was.
Das weiß ich ganz bestimmt.«
»Okay, verstehe.« Stumm fluchte er. Ein Raubmord wurde damit
zumindest wahrscheinlicher. Er fragte Agnes Klinkhammer noch, ob Veronika
Kramann abgesehen von der Geschichte mit dem Geist anders gewirkt habe als
sonst und ob sie Streit mit jemandem gehabt hatte. Doch dem war Agnes
Klinkhammers Wissen nach nicht so. Freundlich verabschiedete er sich und legte
auf.
Er drehte sich im Stuhl und sah zum Fenster hinaus. Auf der Kölner
Straße brummte der Morgenverkehr, die Sonne wurde von den Scheiben der
vorbeifahrenden Autos reflektiert.
Zwar favorisierte er immer noch die Theorie, dass Veronika Kramann
von jemandem getötet worden war, der oder die ihr nahestand. Schließlich sprach
das Übertöten dafür. Aber auch ein beziehungsloser Raubmord war nach wie vor
denkbar. Wenn es tatsächlich so war, dann würde es schwierig für sie werden.
Dann mussten die üblichen Verdächtigen abgeklappert und unzählige Alibis
geprüft werden. Das wäre mit einem Team von zwei Ermittlern nicht mehr zu
bewerkstelligen.
Er war gespannt, wie die Mittagskonferenz heute verlaufen würde.
***
Fischbach genoss die Sonne. Aus der Kirche hörte er Gesang.
Vermutlich übte der Chor gerade für eine anstehende Hochzeit. Er summte die
fröhliche Melodie mit, die überhaupt nicht zu seinen Gedanken passte. Sie
drehten sich um den Mord an Veronika Kramann, ohne dass sich ein konkreter
Ansatz herauskristallisierte.
Sein Handy spielte »Smoke on the Water«. Es war Sigrid.
»Kommst du zum Essen?«, fragte sie.
Augenblicklich knurrte sein Magen wie ein wütender Hund. »Was gibt
es denn?«
»Puppeöjelchenzupp.«
Er blickte auf die Uhr. Wenn er sich sofort auf den Weg machte,
reichte die Zeit, er würde immer noch rechtzeitig zur Besprechung zurück sein.
Und Suppe war Diät, genau das Richtige, um seine Pfunde zum Schmelzen zu bringen.
»Bin unterwegs«, teilte er Sigrid mit und stand auf.
Mit weit ausholenden Schritten stapfte er um die Kirche und eilte an
der weiß getünchten Wand entlang zum Burgbering. Als er auf das Pflaster trat,
blieb er wie angewurzelt stehen. Am Haus von Veronika Kramann fummelte ein Mann
am Briefkastenschlitz herum. Den kenne ich doch, dachte er und trat vorsichtig
näher. Der Mann stand seitlich zu ihm, die Zunge zwischen die Lippen geschoben.
Er glich einer zischenden Schlange.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Fischbach, als er direkt hinter dem
Mann stand.
Ungerührt schüttelte der den Kopf. »Danke, nein. Ich habe ihn
gleich.«
Fischbach verschlug es die Sprache. Als wäre Briefkästenplündern das
Normalste auf der Welt. »Darf man erfahren, warum Sie die Hand in fremde
Briefkastenschlitze stecken?«
»Muss was rausholen.« Die Hand glitt noch ein Stück weiter in den
Metallkörper.
Fischbach beschloss zu warten.
»Ah! Jetzt hab ich ihn«, murmelte der Mann und zog einen Umschlag
heraus. Er las die Aufschrift, riss ihn auf und überflog die Zeilen. »Passt«,
bestätigte er, steckte den Brief wieder in den Umschlag, streckte sich und
wandte sich Fischbach zu. Erschrocken riss er die Augen auf. »Sie? Was …« Er
brach ab und schluckte heftig.
»Ich, genau, Herr Hartmann.« Fischbach deutete auf den Brief. »Sind
da die neuesten Bonbonrezepte drin?«
Johannes Hartmann blickte auf den Brief zwischen seinen Fingern. Es
wirkte fast so, als ob er erst jetzt bemerkte, dass er etwas in der Hand hielt.
»Brief«, murmelte er und wirkte plötzlich vollkommen desorientiert.
»Darf ich mal sehen?«
Wie bei einem Roboter ruckte Hartmanns Arm nach oben. Seine Augen
huschten hin und her, als würde er nach einem Fluchtweg suchen.
Vorsichtig, damit er ihn nicht zerriss, zog Fischbach den Umschlag
aus den verkrampften Fingern und musterte die Aufschrift. Adressiert war er an
Frau Kramann, allerdings ohne Absender. Halblaut las er die wenigen Zeilen: » Miese Hexe … bedeutet Kampf … ich werde dich zerschmettern … mich
wirst du
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