Eifelheiler (German Edition)
wirken lassen. Die Fahrt nach Kronenburg
würde also auf jeden Fall nicht nutzlos sein, egal, ob er den Pfarrer antreffen
würde oder nicht.
Der Fahrtwind strich um seine Nase, der Motor wummerte sonor
zwischen seinen Beinen. Auf der B 51 hinter Blankenheimerdorf überholte
er eine Bundeswehrkolonne, fünf schwere Lastwagen, die vorne von einem
Geländewagen geführt wurden. Auf der Pritsche saßen Soldaten in Uniform. Er
winkte ihnen lässig mit der linken Hand zu. Einige grüßten müde zurück.
Vermutlich würden sie gerade auch lieber auf einer Harley reiten, als ins
Manöver zu fahren und sich bei den immer noch frostigen Nachttemperaturen den
Hintern abzufrieren.
Eine Viertelstunde später erreichte er sein Ziel, stellte die
Maschine auf dem oberen Parkplatz ab und schlenderte zu Veronika Kramanns Haus.
Eine Stunde lang streifte er durch die Räume, bis er, ohne zu weiteren
Erkenntnissen gelangt zu sein, hinter sich abschloss und die wenigen Meter zur
Johanniterkirche spazierte. Die Häuserwände reflektierten das Sonnenlicht,
irgendwo schrie ein Baby, und über dem Pflaster des Burgberings verdampfte die
Feuchtigkeit. Das regnerische Tief hatte in der Nacht einem aufziehenden
Frühlingshoch Platz gemacht.
Eine angenehme Stille empfing Fischbach, als die Tür der kleinen
Kirche hinter ihm zufiel. Der Geruch von Weihrauch hing in der Luft. Er
benetzte die Finger mit Weihwasser und bekreuzigte sich, schob sich
anschließend auf die Bank in der letzten Reihe. Ehrfürchtig betrachtete er die
Jesusfigur. Der Erlöser hing an der Wand hinter dem Altar am Kreuz und schaute
leidend zu ihm herab.
»Ein unbekanntes Gesicht«, hörte er plötzlich eine Stimme sagen. Für
einen Augenblick fühlte Fischbach sich wie Don Camillo in dem alten
italienischen Filmklassiker. Der hatte mit Jesus sprechen können.
»Jesus?«, entfuhr es ihm darum heiter.
Ein Lachen war zu hören. »Zu viel der Ehre.«
Fischbach reckte den Hals und suchte nach der Quelle der Stimme.
Hinter dem Altar tauchte ein Mann auf und kam auf ihn zu. Ein Kittel
umgab seinen schlaksigen Körper, die braune Cordhose war an den Knien
durchgescheuert.
Ein Landstreicher, dachte Fischbach. Sein Blick hing wie gebannt an
den weiß schimmernden Kniescheiben des Mannes.
Der schien das bemerkt zu haben. »Ist meine Spießbotz.«
Fischbach blickte auf. »Eine Manchesterbotz? Ich würde eine
Texasbotz nehmen.«
Der Mann lachte. Mit ausgestreckter Hand begrüßte er Fischbach.
»Herzlich willkommen. Ich bin Pfarrer Beinlich.« Als Fischbach zugriff,
schwenkte er dessen Arm wie einen Pumpenschwengel. »Botz is Botz, Hauptsache,
man fühlt sich darin wohl und sie kneift nicht.« Sein Blick streifte Fischbachs
Bauch, der über den Gürtel quoll. »Sind Sie zugezogen? Oder verbringen Sie ein
paar Tage oben im Hotel?« Er ließ Fischbachs Hand los. Mit einer fließenden
Bewegung setzte er sich auf die vorletzte Bank und wandte sich ihm zu. Den Unterarm
legte er locker auf die Rückenlehne. Sein Lächeln wirkte ehrlich und
freundlich, seine Augen leuchteten neugierig. Ein dunkler Kranz Haare umrahmte
die Glatze.
»Warum verstecken Sie sich hinter dem Altar?«, fragte Fischbach.
Pfarrer Beinlich lachte. »Von Verstecken kann keine Rede sein. Ich
repariere den Boden. Heutzutage muss man alles selbst erledigen. Das Geld ist
knapp, die Kassen leer, auch bei der katholischen Kirche.« Er rieb Daumen und
Zeigefinger gegeneinander. »Gottes Stellvertreter auf Erden hat uns leider den
Geldhahn abgedreht. Daher ist mir auch jedes neue Gemeindemitglied herzlich
willkommen. Sie sind nicht zufällig Maurer oder Schreiner?« Er zwinkerte
Fischbach schelmisch zu.
»Da muss ich Sie leider enttäuschen.« Er zog seine Marke. »Kripo
Euskirchen, Fischbach.«
»Oh«, entfuhr es Pfarrer Beinlich. Seine Mundwinkel senkten sich
nach unten. »Verstehe, Sie kommen wegen Vrönn.«
Fischbach nickte.
Die Tür wurde geöffnet, und zwei ältere Frauen traten ein. In der
Hand hielten sie Blumenkörbe. »Guten Morgen«, riefen sie wie aus einem Mund.
»Können wir schon dekorieren?«
Pfarrer Beinlich sprang auf und begrüßte sie. »Morgen, Morgen, meine
Lieben. Die Kirche gehört euch.« Er strahlte wie die aufgehende Sonne. »Ich
brauche noch ein paar Minuten, muss nur noch mit meinem Freund hier reden.« Er
klopfte Fischbach auf die Schulter. »Kommen Sie.«
Fischbach stand von der Bank auf und rannte dem davoneilenden
Pfarrer hinterher. Äußerst beweglich, das Kerlchen, dachte
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