Eifelteufel - Kriminalroman
sein.«
»Okay.« Welscher dehnte das Wort bis fast zur Unkenntlichkeit.
Feuersänger stöhnte auf. »Ich habe es geahnt.«
»Ich habe doch gar nichts gesagt«, erregte sich Welscher, doch Feuersänger hatte bereits die Leitung unterbrochen.
Kaum hatte Welscher den Hörer aufgelegt, klopfte es an der Tür. Wenn nicht gerade in diesem Moment alle Baumaschinen geschwiegen hätten, hätte er es überhört. »Ja?«, rief er.
Ein Kollege drückte die Tür auf und steckte den Kopf ins Zimmer. »Hier ist jemand für euch. Ich wollte sie telefonisch ankündigen, doch das Telefon war besetzt. Hast du Zeit?«
Welscher nickte.
Der Kollege machte den Weg frei, lieà eine zierliche Frau um die sechzig vorbei und schloss die Tür wieder.
»Sie wünschen?«
Die Frau machte einen eingeschüchterten Eindruck. Ihre Augen sprangen hin und her, als versuchte sie, alle Eindrücke auf einen Schlag aufzunehmen. Mit ihrer weiÃen Bluse und dem knielangen schwarzen Rock wirkte sie wie jemand, der sich für den Kirchgang herausgeputzt hatte. Die Tasche hielt sie mit beiden Händen fest und drückte sie an ihre Brust.
Fast wie ein Ritterschild, dachte Welscher. »Setzen Sie sich doch«, bot er an und wies auf den Besucherstuhl.
In dem Moment legten die Bauarbeiter wieder los.
Die Frau zuckte zusammen und sah ängstlich zur Decke.
Welscher faltete die Hände zum Gebet und schickte einen stummen Fluch nach oben. »Wissen Sie was«, sagte er, »wir gehen eine Runde spazieren. Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen ohnehin lieber ist.«
Ihre Augen leuchteten dankbar auf. Ohne ein Wort zu sagen, folgte sie ihm nach drauÃen.
Welscher führte die ältere Dame ins Chinarestaurant »Mandarin«, nur wenige Meter die Kölner StraÃe runter, direkt am Kreisverkehr gelegen. Sie setzten sich, und er bestellte für sich einen Cappuccino und für sie ein Kännchen Kaffee.
»So«, sagte er, als alles auf dem Tisch stand, »Sie sind also Otto Kruschweskis Ehefrau.«
Sie nickte. »Hermine.«
»Und was verschafft mir die Ehre?«
»Mein Mann sagte, Ihre Kollegin hätte Fragen an mich.«
Stimmt, dachte Welscher, das hatte Andrea Lindenlaub erwähnt. Um Zeit zu gewinnen, rührte er Zucker in den Cappuccino. Was stand noch mal in der Akte? Otto Kruschweski hatte sich mit Gustaf Lörsch eine wilde Prügelei geliefert. Einige Verletzungen, die der Rechtsmediziner bei Lörsch attestiert hatte, gingen darauf zurück. Grund dafür war gewesen, dass Kruschweski in die Vereinskasse gegriffen hatte. Lörsch war dahintergekommen. Erleichtert, wieder auf dem Stand der Dinge zu sein, konzentrierte er sich wieder auf die Frau vor sich. War da nicht auch etwas mit Bluthochdruck gewesen? Hatte Otto Kruschweski seiner Frau nicht deswegen Unannehmlichkeiten ersparen wollen? Er musterte Hermine Kruschweski auf der anderen Seite des Tisches. Sie wirkte rüstig und gesund. Ihre Augen blickten klar und neugierig in die Welt hinein und zeigten keine Anzeichen einer schweren Erkrankung. »Sie fühlen sich wohl?«, fragte er sicherheitshalber. Er wollte nichts riskieren.
Sie schmunzelte. »Dass Sie sich Sorgen um meine Gesundheit machen, hatte ich nicht erwartet.«
»Ihr Mann erwähnte â¦Â«
Sie fiel ihm ins Wort. »Er übertreibt.« Eine Zornesfalte erschien auf ihrer Stirn. »Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe ihn. Aber damit geht er mir immens auf die Nerven. Ich nehme Tabletten gegen Bluthochdruck und bin damit gut eingestellt. Mir geht es ausgezeichnet.« Ihr Gesichtsausdruck wurde wieder weich. »Eigentlich sollte ich nicht ärgerlich sein. Es ist halt Ottos Art, seine Zuneigung zu zeigen.«
»Die Liebe geht seltsame Wege«, sagte Welscher und dachte dabei an seine Mutter. »Machen Sie sich keine Vorwürfe.«
DrauÃen donnerte ein Lkw mit Tieflader, auf dem ein monströs groÃer Bagger stand, vorbei. Beim Durchqueren des Kreisels räumte er fast die Skulpturen in der Kreismitte ab. Welschers Hand zuckte. Am liebsten hätte er sich das Kennzeichen notiert, doch er hatte keinen Kugelschreiber dabei. Und sein Smartphone hatte er am Ladegerät im Büro liegen lassen.
»Ich kann Ihnen sagen, wo Rita wohnt.«
Irritiert lieà Welscher den Tieflader ziehen. Rita? Wer war das denn?
»Rita Lörsch«, ergänzte sie, »die Exfrau von Gustaf.
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