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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Aber das ging selbst ihr zu weit. Sie hatte voll den Hass,
hat sich aber nicht getraut, selbst was zu machen«, hatte sich Henrike
gerechtfertigt, dann aber versprochen, beim nächsten Mal erst nachzudenken,
bevor sie Dinge einfach aus dem Fenster warf.
    »Kommst du gut mit Luisa
klar?«
    »Meistens. Aber sie hält
sich raus. Irgendwie ist sie nie richtig mit dabei.«
    »Wieso?«
    »Weiß nicht. So halt.
Manchmal darf sie auch nicht. Ins Kino und so. Hat Stress mit den Eltern.«
    »Aber ihr seid befreundet?«
    »Nicht meine ABF .«
    »Deine was?«
    »Allerbeste Freundin.«
    »Aber du hast ihr geholfen.
Auch wenn sie nicht deine BAF ist.«
    » ABF .
Meine Beste. Ja. Hab ich. Weil es mich ankotzt, wenn die Zicken so was machen.«
    »Vielleicht freut sie sich,
wenn du dich mal bei ihr meldest?«
    Henrike verdrehte bei diesem
Vorschlag die Augen, aber nachdem ich sie mit hochgezogener Augenbraue stumm
gemustert hatte, nickte sie. »Kann ich ja mal machen. Aber ich hab keinen Bock,
dass sie dann wie eine Klette an mir hängt. Ich habe ein eigenes Leben, Ina.«
    Immerhin ein Anfang. Wenn
auch kein sehr begeisterter.
    Nachdem wir auch die
Finanzierung des Schadensersatzes geklärt hatten – die Hälfte aus ihrem
Taschengeld, die andere Hälfte von Hermann und mir –, versprach ich ihr, im
Gegenzug die Direktorin zu beruhigen. Und, so nahm ich mir vor, ohne es Henrike
zu sagen, mit Luisas Mutter, meiner Kollegin Sandra, zu sprechen. Sie sollte
auf jeden Fall über den Vorfall Bescheid wissen. Solche Quälereien konnten
jeden fertigmachen und waren schwer in den Griff zu bekommen.
    Ich machte mir einen Tee und
verzog mich auf meinen sträflich vernachlässigten Balkon. Früher, zu Hermanns
Zeiten, hingen hier lange Kästen mit roten Geranien, die bis in den Herbst
hinein blühten. Ich war mal wieder über meine Vorsätze nicht hinausgekommen.
Immerhin hatte ich die Kästen in einem Anfall von Putzwut im Frühjahr sauber
gemacht. Seitdem hingen sie leer und kahl an der Brüstung, und es sammelten
sich tote Insekten, abgefallene Blätter der nah stehenden Bäume und der Staub
des Sommers darin, der sich mit dem Einsetzen des Herbstregens in eine braune
Schlammbrühe verwandelt hatte. Ich setzte mich und legte meine Füße auf das
Geländer. Der Blick über das Gemünder Tal war atemberaubend. Die Fenster der
Häuser glühten gelb wie Katzenaugen, Autolichter schlängelten sich über graue
Straßenbänder, und die Dunkelheit des Waldes stand wie eine Schutzmauer
dahinter. Automatisch ließ ich meine Hand hängen und wartete auf die sanfte
Berührung einer Fellnase, bis mir wieder klar wurde, dass der Kater mir keine
Gesellschaft mehr leisten würde. Er war gestorben. Ich lächelte traurig.
Vielleicht war es an der Zeit, über einen Nachfolger nachzudenken? Der Gedanke
gefiel mir.
    Ich umfasste meine Tasse mit
beiden Händen und pustete den Dampf über das Geländer. Unten im Tal, in einem
der Gärten, flackerte ein kleines Feuer. Ich beugte mich vor und kniff die
Augen zusammen, um besser sehen zu können. Wenn ich mich nicht täuschte, war es
der Garten von Michaela Rüttner. Eine dunkle Gestalt verdeckte immer wieder den
Anblick des Feuers. Tanzte sie etwa darum herum? Ich musste grinsen. Satanismus
im Eifelgarten. Michaela Rüttner war Biologie- und Kunstlehrerin an Henrikes
Schule. Außerdem opferte sie ihre Freizeit dem Eifler Kulturrat, einem Verein
zur Förderung der Kultur in der Eifel. Schwarze Messen konnte ich mir in diesem
Zusammenhang nur schwer vorstellen.
    Keine Alleingänge,
dachte ich in Erinnerung an die Worte meines Vorgesetzten Bernhard Hansen, der
mir das schon mehr als einmal um den Kopf gehauen hatte, und blieb mitten auf
der Straße vor Michaela Rüttners Haus stehen, nachdem ich mein Fahrrad an einer
Laterne angekettet hatte. Die Fenster an der Vorderseite des Hauses lagen im
Dunkeln. Ein schwacher Schein des Feuers im Garten dahinter tauchte die Büsche
in ein gelbliches Licht. Aber es war noch nicht zu spät am Abend, und ein
inoffizieller Besuch war in dieser Sache vielleicht der elegantere Weg, redete
ich mir meine Bedenken klein und ging am Zaun des Eckhauses entlang, bis ich
Einblick in den hinteren Teil des Gartens hatte. Durch die Laubhecke sah ich
Michaela Rüttner mit geschlossenen Augen und ausgebreiteten Armen vor der
Feuerstelle stehen. Ihre Lippen bewegten sich, aber ich konnte nichts hören.
Vorsichtig schlich ich näher ran. Ich wollte nicht, dass sie mich sah. Am
besten wäre es, wenn

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