Eigentlich bin ich eine Traumfrau
wird die bisherige Heuchelei zu einer gelebten Geisteshaltung. Mal sehen. Ich suche mir gleich eine besonders schwierige Aufgabe: Diana. Hm, sie ist schön schlank, und sie backt einen hervorragenden Käsekuchen.
Natürlich würde die dürre Ziege nie selbst auch nur ein Stückchen davon essen. Sie betreibt den ganzen Aufwand nur, um die Männer zu beeindrucken: »Ich brauche unbedingt
zum Frühstück Currywurst und Pommes.« Das sagen doch all diese mageren Schauspielerinnen und Models. Was taktisch klug ist, weil Männer es nicht mögen, wenn Frauen in Salatblättern ohne Dressing rumstochern. Dummerweise mögen sie aber auch keine fetten Frauen. So kann Diana nur mit dreisten Behauptungen alle Männerträume von geilen Völlereien mit gertenschlanken Köchinnen am Herd, die auch noch richtige Luder im Bett sind, befriedigen. Gleichzeitig gelingt es ihr, den anderen Frauen ein schlechtes Gewissen ob ihres minderbegabten Stoffwechsels einzujagen.
Mist, ich muss wirklich noch an mir arbeiten, was die positiven Gedanken angeht. Aber wo ich in diesem Punkt ohnehin schon versagt habe: Eigentlich fand ich es ganz lustig, als ich PaPi letzte Woche zu einem männlichen Kollegen über Diana sagen hörte: »Das ist doch eine von denen, die mit dir drei Wochen das Kamasutra durchturnen, um dich einzufangen, und dann für den Rest des gemeinsamen Lebens das prüde Hausmütterchen spielen.« Sexistisch, aber treffend.
A m Freitagabend sitze ich im Zug, um meine Eltern zu besuchen, und könnte mich eigentlich mal entspannt zurücklehnen. Ich habe mit Rafael Bleibtreu ausgemacht, dass ich ihn in zwei Wochen aufsuche. Praktischerweise lebt er auch in Hamburg. Am Telefon hat er sehr charmant geklungen. Bestimmt hat er auch gleich unsere tiefe Verbindung gespürt, obwohl ich immer noch keines seiner Bücher gelesen habe.
Dass ich trotz dieser erfreulichen Neuigkeiten ganz und gar nicht entspannt vor mich hin dösen kann, liegt nur daran, dass meine fürchterliche Mutter eine Ãberraschung angekündigt hat. Das kann nichts Gutes bedeuten.
Auf die Lösung des Rätsels muss ich offenbar noch etwas länger warten. Am Bahnhof steht einsam und verlassen mein Vater, um mich abzuholen. Meine Mutter treibt ihn langsam, aber sicher ins Grab. Er ähnelt zunehmend dem zerstreuten Physikprofessor, der er letztendlich ja auch ist. Seine fülligen Haare scheinen mir noch weiÃer, seine Schultern noch eingefallener als beim letzten Mal. Man sollte Eltern verbieten, alt zu werden. Es tut weh, ihnen dabei zuzusehen â vielleicht aber auch nur, weil man an ihnen die eigene Zukunft ablesen kann. Ich werde mich â geht man von einer fairen Mischung der genetischen Anlagen aus â in eine eingeschrumpfte, weiÃhaarige Wahnsinnige verwandeln.
Mein Vater freut sich, mich zu sehen. Er drückt mich fest an sich und seufzt schwer in mein Haar: »Ach, Kleines.«
Als wir im Auto sitzen, will er wissen, wie es mir geht.
»Gut«, sage ich ganz ehrlich, »aber was hat es mit der Ãberraschung auf sich?«
»Nun, wir müssen jedenfalls zur ehemaligen Fabrikhalle fahren. Ich soll dir nichts verraten, hat sie gesagt.«
»Oh bitte, Papa, ich muss mich doch seelisch darauf vorbereiten. Nur für den Fall, dass auf dem verlassenen Gelände ein spontanes Treffen mit Malik zwischen Schwefel und Fegefeuer vorgesehen ist.«
»Du kennst Malik?«
»Vorsicht, Papa!«
Da hat er schon fast eine Eiche gerammt. Er bremst in letzter Sekunde und hält am StraÃenrand. Er sackt noch tiefer in sich zusammen. Ganz kurz fürchte ich, er würde in Schluchzen ausbrechen. Ich kann mit weinenden Männern nicht sonderlich gut umgehen, schon gar nicht, wenn es sich dabei um den eigenen Vater handelt. Zum Glück reiÃt er sich zusammen. SchlieÃlich schüttet er mir sein Herz aus und erzählt, dass meine Mutter im Schlaf gelegentlich »Malik« murmelt und sich dann, wie von heftiger Erregung geschüttelt, im Bett hin- und herwälzt.
Der letzte Teil ist ihm sichtlich peinlich. Und natürlich hat mein zurückhaltender Vater meine Mutter nicht einfach auf die mysteriösen Ereignisse angesprochen, sondern sich durchgerungen, das Ende der Affäre abzuwarten. Er sieht so traurig aus, dass es mir fast das Herz bricht. Warum hat er sie bloà nicht gefragt, was es mit diesem Malik auf sich hat? Dann hätte
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