Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
Vom Netzwerk:
während man selbst sich an seinem Rechner abmüht, ernsthaft zu arbeiten. Dabei ist vermutlich das ganze Haus pausenlos mit Chatten, eBay-Einkäufen und Vögeln beschäftigt. Insgeheim bin ich ganz froh, dass PaPi, den ich ab jetzt wohl nur noch Picard nennen dürfte, sich so in ihr getäuscht hat. Immerhin habe sogar ich gedacht, Toni würde sich niemals einen männlichen Klotz ans Bein binden, wie wir schwächeren Mädchen es gelegentlich tun müssen.
    Â»Kannst du dir das vorstellen, Juli? Wie dumm von ihm! Das Schlimmste ist: Ich glaube, ich habe schon die ganze Zeit geahnt, dass hinter seiner glatten Fassade so viel mehr lauert. Ach, Juli, freu dich doch für mich, ich bin verrückt nach ihm!«
    Sie ist sogar so verrückt, dass sie ihm – und nun ja auch mir – gestanden hat, dass ihr souveränes Auftreten bloße Show sei, um all die möglichen Irrungen und Enttäuschungen dieser Welt von sich fernzuhalten. Was erneuten Zärtlichkeitsaustausch am Arbeitsplatz zur Folge hatte.
    Kein einziger Single mehr in meinem unmittelbaren Freundeskreis. Nicht schlecht eigentlich. Unsere Kinder können dann alle in den gleichen Kindergarten gehen und neue Generationen unerschütterlicher Freundschaften hervorbringen. Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits finde ich es schön, dass Toni auch nur ein Mensch ist. Aber das bedeutet wohl auch, dass ich in Zukunft einige Entscheidungen ohne ihre überlegene Weitsicht treffen muss.
    Â»Aber warum hast du mir nichts erzählt?«, frage ich.
    Â»Weil es mir peinlich war. Und weil ich Angst hatte, du würdest es dir irgendwie anmerken lassen und mich verraten.«

    Damit hat sie wohl leider sogar Recht. Nachdem wir unsere Freundschaft also durch kleine Geständnisse neu gefestigt haben, brechen wir auf, um die Hamburger Verlagslandschaft unsicher zu machen.

    I ch fühle mich gut in dem Wickelkleid. So gut, dass es mir gar nichts ausmacht, wildfremde Menschen anzuquatschen, um mit ihnen Sätze über das wirklich miese Wetter zu wechseln. Ich bringe sogar eine enorme Unverständlichkeitstoleranz auf, als sich die Gespräche um die neuesten angesagten Autoren drehen. Außerdem habe ich einen kleinen Schwips.
    Und kaum bin ich nur einmal kurz auf die Toilette entfleucht, ist mein neues Kommunikationstalent auch schon wieder verschwunden. Als ich wiederkomme stehen alle in kleinen, geschlossenen Grüppchen zusammen. Ich kann ja schlecht irgendjemanden auf den Rücken tippen oder mich dazwischendrängeln, wenn ich gar nicht weiß, worüber gerade gesprochen wird. Vielleicht diskutieren sie über die aktuelle gesellschaftspolitische Lage, da würde ich ziemlich dumm daneben stehen. Oder – viel wahrscheinlicher – die mörderische Frage, wer in dieser Firma mit wem schläft. Dann würde ich sie mit meiner Anwesenheit zum Schweigen verdammen, und es wäre für mich genauso peinlich, wie in der politischen Debatte den Namen des Präsidenten von Angola nicht zu kennen. Die Lösung kann aber nicht sein, mutterseelenallein in dieser Menschenmenge zu stehen. Das ist noch viel peinlicher, als mutterseelenallein zuhause
zu sitzen. Da kann einem zumindest niemand dabei zusehen.
    Also, welche Form der Peinlichkeit soll ich nun wählen? Däumchen drehen oder die Leute dumm anquatschen?
    Ich fühle mich unwohl in meiner Haut. Dabei habe ich doch wahrlich genug Ratgeber gelesen, um zu wissen, dass negative Gefühle nur durch negative Gedanken entstehen. Da kann man gegensteuern. Einfach auf die Meute zueilen, im festen Bewusstsein, für jede Runde eine Bereicherung zu sein. Halt, vielleicht doch lieber ein paar Rechenaufgaben lösen. Wo ist denn nur Toni hin? Ich hole mir von einem leeren Tisch die Presseunterlagen, die mir eine Empfangsdame in die Hand gedrückt hat, als ich mit Toni gekommen bin. Ich blättere ein wenig darin rum, und tue so, als hätte ich eine bedeutende Aufgabe.
    Â»Schönes Kleid«, sagt da eine sehr männliche Stimme hinter mir.
    Ich wirble herum – und sehe Alexander. Verflixt, was macht der denn hier? Ich habe ganz vergessen, dass er auch in einem Verlag arbeitet. Vermutlich tummelt sich hier an diesem Abend die ganze Buchbranche, und ich lasse die Gelegenheit an mir vorüberziehen, ein paar lohnende Kontakte zu knüpfen. Dabei ist es doch nun wirklich keine schlechte Idee, einfach Bestseller zu schreiben. Keine

Weitere Kostenlose Bücher