Eigentlich bin ich eine Traumfrau
nervigen Kollegen, keine Chefs, die sich an die beste Freundin ranschmeiÃen.
Ich versuche, das unglückliche erste Zusammentreffen zwischen Alexander und mir zu verdrängen. Ich versuche auch zu vergessen, dass er ganz genau weiÃ, wie dieses Kleid aussieht, wenn ich es mit labbrigen Socken in flachen
Schuhen kombiniere. An diesem Tag trage ich schlieÃlich glänzende Nylons, habe einen prominenten Liebhaber und bin gefälligst über Anfälle von Verlegenheit gegenüber anderen Männern erhaben.
»Danke«, sage ich angemessen knapp. Ich will noch einen intelligent-witzigen Satz hinzufügen. Nur fällt mir beim besten Willen keiner ein.
»Das ist eine ganze Menge Papier, was?«, fragt er mit einem belustigten Blick auf die Unterlagen in meiner Hand.
»Ja«, seufze ich etwas zu dankbar, »jede Menge angehendes Altpapier.«
Ich hasse diese überfüllten Pressemappen, in denen schon fertige Texte, sämtliche Reden, die gehalten werden, und alles, was die Welt sonst nicht interessiert, gebündelt sind. Wo bleiben da die Spontaneität und die journalistische Herausforderung? Im Medienzeitalter gibt es keine Authentizität mehr. Alles ist mit viel Kalkül auf Wirkung ausgerichtet. Selbst die Menschen auf der StraÃe äuÃern ihre Gefühle so künstlich, wie sie es bei den Insassen des Big-Brother-Hauses gesehen haben, die wiederum bei den Daily Soaps abkupfern.
»Aber es sind viele hübsche Bilder drin«, sagt Alexander und grinst.
»Haben Sie die alle angesehen?«, frage ich nun doch sichtlich beeindruckt.
Kurz sieht er ein wenig überrascht aus. Dann lacht er. »Na ja, ich bin ja auf den meisten zu sehen.«
Ich verstehe überhaupt nicht, wovon er spricht.
»Kommst du, Liebling? Du musst gleich deine Rede halten«, unterbricht da eine schrille Stimme unser harmloses
Geplänkel. Es ist natürlich seine aufgetakelte Freundin, die mein Kleid anprobiert und zurückgehängt hat. Sie sieht uns â den olivgrünen Stoff und mich â so angewidert an, dass ich mich mit einem schnellen Blick davon überzeuge, dass ich wirklich in einem Zara -Kleid stecke und mich in der Toilette nicht aus Versehen in benutztes Klopapier eingewickelt habe.
Als Alexander die Bühne betritt, beschleicht mich ein schrecklicher Verdacht. Schnell werfe ich einen Blick auf den Programmablauf. Und tatsächlich, nun kenne ich auch seinen Nachnamen: Alexander Grünbaum. Ich stehe gerade mit trotteliger Miene im Verlagshaus seiner Familie. Und er entpuppt sich derweil als der neue Chef des Ganzen.
»Toni«, zische ich, als sie sich wieder zu mir gesellt, »wieso hast du mir nicht gesagt, dass der Alexander aus der Umkleidekabine mit Nachnamen Grünbaum heiÃt?«
»Hab ich das nicht?«
»Nein, du hast nur gesagt, er arbeitet in einem Verlag. Und nichts davon, dass er ein Spross der so ziemlich bekanntesten Verlegerfamilie in Deutschland ist.«
»Wieso ist das plötzlich wichtig?«
Ich erzähle ihr von meinem zielsicheren Tritt ins Fettnäpfchen. Sie lacht schallend. Alle drehen sich zu uns um. Ich hoffe wirklich, dass wir nicht gerade in dem Teil der Verlagsgeschichte angekommen sind, in dem die Familie von Nazis enteignet wurde oder so ähnlich.
Im Flüsterton fährt Toni fort: »Ach weiÃt du, wahrscheinlich findet er das ganz erfrischend. Dass du die einzige Frau zu sein scheinst, die sich so gar nicht für ihn interessiert, das muss mal eine echte Abwechslung für ihn sein.«
Toni hat Recht, ein paar Frauen in der ersten Reihe hängen wie gebannt an Alexanders Lippen.
»Was die nur alle von ihm wollen?«
»Hm, Juli, weiÃt du, manche Frauen finden Geld, Macht und Attraktivität bei Männern sexy.«
Sie macht sich wohl über mich lustig.
»Ja, aber Geld ist doch nicht alles. Was soll ich mit so einem verzogenen Sprössling, dem alles in den Schoà gefallen ist«, wende ich empört ein.
»Er ist alles andere als ein verzogener Sprössling. Vor ein paar Jahren stand der Verlag kurz vor dem Bankrott. Hätte er nicht wie ein Wahnsinniger die Ãrmel hochgekrempelt, würden wir jetzt gar nicht hier stehen. Deswegen hat sein Vater ihm auch die Leitung übertragen. Ach so, und bevor du mich hinterher wieder beschimpfst, dass ich dir nicht alles über den Mann, der dich nicht interessiert, erzählt habe: Er hat auch einen hervorragenden
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