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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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sagt mir mein diesmal begründet schlechtes Gewissen. In dem ganzen Trubel habe ich glatt vergessen, dass die Ehe meiner Eltern kurz vor dem Scheitern steht. Umso erstaunter bin ich, dass die Betrogene so gutgelaunt trällert. »Gut geschlafen, Liebes?«
    Â»Klar, Mama!«
    Das stimmt zwar nicht, aber ich will nur ungern mit ihr über Schlafstörungen im Zusammenhang mit übermäßigem Sektkonsum debattieren.
    Â»Rate mal, was passiert ist!«

    Ich habe keine Ahnung.
    Â»Deine Schwester ist schon wieder schwanger. Zumindest eine von euch denkt an mich und schenkt mir ein paar Enkelkinder. Vergiss nicht, so viel Zeit hast du nicht mehr.«
    Ich verkneife mir jegliche Widerrede. Ich stelle mir einfach nur ihr Gesicht vor, wenn ich ihr ein paar Enkel mit ozeanisch blauen Augen und jeder Menge künstlerischem Talent gebäre.
    Â»Und ich habe die Rolle in ›Die Katze auf dem heißen Blechdach‹ bekommen.«
    Ich werde es nie lernen. Was ist denn nun mit ihr und Papa? Und welche Rolle meint sie?
    Natürlich werde ich sofort aufgeklärt. Es ist nicht etwa die Rolle der Big Mama, einer Matrone in Mamas Alter. Nein, sie spielt natürlich Maggie, die Katze. Ausgerechnet. Ich sehe Elizabeth Taylor in ihrem weißen Negligé vor meinem inneren Auge und montiere den Kopf meiner Mutter direkt über den tiefen Ausschnitt. Ich male mir aus, wie meine Mutter in der Rolle der Maggie verzweifelt versucht, ihren angedeutet homosexuellen Partner in die Kiste zu zerren. Was ist denn das für ein Volkshochschulkurs, in dem Mittfünfzigerinnen brünstige junge Südstaatenschönheiten spielen müssen? Diese Tennessee-Williams-Reihe ist eine fürchterliche Veranstaltung.
    Â»Aber was ist denn nun mit Papa?«, will ich wissen. Vielleicht verbergen sich hinter all der Fröhlichkeit ja doch Verzweiflung und Hysterie. Nicht dass sie sich nach unserem Telefonat einen Strick nimmt. Das muss ich verhindern. Dass ich wie bei der unseligen Picard-Toni-Affäre dastehe
und schulterzuckend zugeben muss, dass ich rein gar nichts bemerkt hätte, soll mir nicht noch einmal passieren.
    Â»Ach der«, sagt sie. Das klingt gar nicht verzweifelt, eher verächtlich bis amüsiert.
    Armer Papa: Es stellt sich heraus, dass er gar keine Affäre hat. Er wollte nur Mama eifersüchtig machen, die ständig mit dem jungen Leiter ihres Volkshochschulkurses kokettiert. Deshalb hat er irgendeinen billigen, aufreizenden String gekauft. Und weil er sich wie alle Männer mit Konfektionsgrößen wenig auskennt, landete er einen totalen Fehlgriff.
    Â»Hätte ich auch gleich draufkommen können. Nicht einmal dein Vater wäre so blöd, eine Trophäe in der Aktentasche aufzubewahren, in die ich ihm jeden Tag seine Thermoskanne packe. Das war schon sehr inszeniert.«
    Sie kichert. Mir tut mein Vater unendlich leid. Jetzt ist er in null Komma nichts vom draufgängerischen Betrüger zur erbärmlichen Witzfigur geworden. Und sie hat also wieder die Oberhand gewonnen. Bis an sein Lebensende wird sie den armen Mann mit schmutzigen Anspielungen piesacken. Immer, wenn ihnen eine wirklich dicke Frau begegnet, werden meiner Mutter ein paar Teufelshörner wachsen. Sie wird säuseln »Na, gefällt sie dir? Ist Größe 50«, um dann in schallendes Gelächter auszubrechen. Jetzt bleibt ihm wirklich nur noch die junge, schlanke Sekretärin, um Mamas Achtung zurückzugewinnen. Aber das werde ich ihm lieber nicht verraten. Ich wasche meine Hände von nun an in Unschuld. Keine negativen Visualisierungen bezüglich betrügerischer Elternteile mehr.
    Am Samstag will Mama mich trotzdem besuchen, obwohl
jetzt gar kein Redebedarf mehr besteht. Das habe ich nun von meinen weichherzigen Angeboten.

    S chade, dass in dem Interview so wenig zur Finanzkrise stand. Das hätte mich brennend interessiert. Und war das nicht genau dein Superthema, mit dem du den Job überhaupt bekommen hast?«, fragt mich Diana gehässig.
    Das tangiert mich aber nicht einmal peripher. Ich habe fast zwei Tage durchgehend mit Rafael im Bett verbracht. Wir haben dabei vielleicht nicht so viel geredet, wie es nötig gewesen wäre, um unsere Seelen im gleichen Maße wie unsere Körper zu vereinen. Aber ich fühle mich wie die unwiderstehlichste Frau der Welt. Gar nicht mal so schlecht für den Anfang. Mir ist während der ganzen Zeit nichts Dummes passiert, und ich habe nichts

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