Ein Abenteuer zuviel
stiller Freude Ruth erfasst. Sie hatte es sich angewöhnt, ihr Gesicht und ihren Körper genau zu betrachten, um zu sehen, ob sie schon irgendwelche Veränderungen feststellen könnte.
Ihre Brüste waren noch voller und auch schwerer geworden,
und die Spitzen hatten sich vergrößert und dunkler gefärbt. Ihr Bauch war nicht mehr ganz so flach, so dass ihre Hosen jetzt etwas enger saßen. Doch bald würde ihre Schwangerschaft für jeden sichtbar sein.
Zu wissen, dass Franco nicht da sein würde, um all die Veränderungen mitzuerleben, bedrückte Ruth. Und zu wissen, dass er zwar am Leben ihres gemeinsamen Kindes teilhaben würde, aber nicht an ihrem, tat ihr unendlic h weh.
Doch eine andere Erkenntnis war noch quälender. Irgendwann würde er eine Frau kennen lernen, die er heiraten wollte, und es war unvermeidbar, dass sie, Ruth, ihr begegnen würde. Jene Frau würde das Glück erleben, das ihr, Ruth, für immer versagt bleiben würde, und dennoch würde sie tapfer lächeln müssen, selbst wenn sie innerlich weinte.
Ja, es war richtig, Franco gegenüber hart zu bleiben. Dieses Wissen tröstete sie allerdings kaum. Sie hatte schon teuer genug dafür bezahlt, dass sie einmal der Versuchung erlegen war.
Ruth legte sich die Hand auf den Bauch und stand ganz still da. Konnte sie vielleicht schon spüren, wie sich das Kind in ihr bewegte? Nein, dafür war es einfach noch zu früh. Seufzend wandte sie sich um und ging zurück ins Schlafzimmer.
Franco war beim Packen. In khakifarbener Hose und noch nicht zugeknöpftem Hemd stand er über seinen Koffer gebeugt und verstaute die getragenen Sachen darin.
„Es ist nicht nötig, dass du heute noch fährst”, sagte sie leise, nachdem sie ihm von der Tür aus mit starrem Blick einen Moment zugesehen hatte. Als er nicht im Mindesten reagierte, wiederholte sie ihre Worte lauter.
„Aber ist es nicht das, was du willst?” fragte er höhnisch und warf sein After Shave in den Koffer.
Ja, gestand er sich dann ein, deine Selbstbeherrschung ist beim Teufel, und du führst dich wie ein Dreijähriger auf. Doch das war allein ihre Schuld. Dieses blonde Wesen mit dem zarten Teint und dem unschuldigen, verträumten Lächeln, das einen Mann binnen Sekunden in den Wahnsinn trieb, hatte ihn so weit gebracht. Ihretwegen packte er wütend, durcheinander und schrecklich verletzt seine Sachen.
Er blickte auf und sah ihre entsetzte Miene. Sein Leben lang hatte er immer gewusst, was er in welcher Situation sagen wollte, doch jetzt ließ ihn diese Gabe im Stich. Wenn er jetzt etwas sagte, würde er seine Verwirrung darüber, wie sich die Dinge gewendet hatten, nicht verbergen können.
„Es ist das Beste so”, antwortete Ruth unglücklich. „Aber du brauchst nicht unbedingt so … so übersteigert zu reagieren … Ich meine …”
„Übersteigert?” wiederholte Franco mit einem gefährlichen Unterton in der Stimme.
Ruth sah ihn zögerlich an. Natürlich hatte sie wieder etwas Falsches gesagt. Beherrschte sie das nicht meisterhaft? Es war ganz normal, dass er wütend über ihre Zurückweisung war. Er war ein Mann von Welt, und ihre widersprüchliche moralische Haltung musste ihn verwirren. Sie hatte unbekümmert mit ihm geschlafen, bis sie schwanger geworden war, und nun konnte ihr der Abstand zwischen ihnen nicht groß genug sein.
„Ich … ich meinte nicht übersteigert”, stieß sie hervor.
Franco wusste nur zu gut, wie zutreffend dieses Wort war. Er reagierte übersteigert und machte sich lächerlich. Das Schlimmste war allerdings, dass er nichts daran ändern konnte. Seine Hand warf wie von selbst weiter Dinge in den Koffer, seine Gesichtsmuskeln entwickelten ein Eigenleben und ließen ihn wütend dreinblicken, und auch sein Mund gehorchte ihm nicht und gab lauter Unsinn von sich, den er bei anderen spöttisch belächelt hätte.
Und was war mit seinem Verstand los? O ja, der funktionierte noch prächtig! Sein Verstand wusste genau, was er, Franco, tun sollte. Er sollte einfach weggehen und Ruths sehnlichem Wunsch entsprechen, durch Abwesenheit zu glänzen, auch wenn ihr Körper vielleicht noch nach seiner Nähe verlangte.
„Mum und Dad werden erstaunt sein … Ich meine, wir … du hast gerade erst das Bett gekauft… Was werden sie denken?”
„Es ist Zeit, dass du aufhörst, dein Leben nach deinen Eltern auszurichten”, antwortete er schroff. Er schloss den Koffer und knöpfte sich das Hemd zu.
„Ich richte mein Leben nicht nach meinen Eltern aus”, erwiderte sie
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