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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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Gefühl von Tauchern, die durch Korallengärten wandeln, überschlich. Wo einer dieser Riesenstämme vom Alter oder durch den Blitz geworfen war, da traten wir auf kleine Lichtungen hinaus, auf denen der gelbe Fingerhut in dichten Büscheln stand. Auch wucherten Tollkirschensträucher auf dem morschen Grunde, an deren Zweigen die Blumenkelche in braunem Violett wie Totenglöckchen schaukelten.
    Die Luft war still und drückend, doch scheuchten wir vielerlei Vögel auf. Wir hörten das feine Zirpen, mit dem das Feuerhähnchen durch die Lärchen streift, und auch die Warnungsrufe, mit denen die aufgeschreckte Drossel ihr Liedchen unterbricht. Kichernd barg sich der Wendehals im hohlen Erlenstamm, und in den Eichenkronen gaben uns die Pirole mit gaukelndem Gelächter das Geleit. Auch hörten wir in der Ferne den trunkenen Täuber gurren und das Hämmern der Spechte am toten Holz.
    Behutsam und oft verharrend pürschten wir einen flachen Hügel an, bis Bruder Otho, der ein wenig voraus war, mir zurief, daß die Rodung ganz nahe sei. Das war der Augenblick, in dem ich das Rote Waldvögelein, nach dem wir suchten, im Dämmer schimmern sah, und freudig eilte ich darauf zu. Das Blümlein machte seinem Namen Ehre, denn es schien einem Vögelchen zu gleichen, das heimlich im kupferbraunen Buchenlaube nistete. Ich sah die schmalen Blätter und die Purpurblüte mit der blassen Spitze der Honiglippe, durch die sie ausgezeichnet ist. Den Forscher, den so der Anblick eines Pflänzleins oder eines Tieres überrascht, ergreift ein glückliches Gefühl, als hätte die Natur ihn reich beschenkt. Bei solchen Funden pflegte ich, ehe ich sie berührte, Bruder Otho anzurufen, daß er die Freude mit mir teile, doch als ich eben den Blick zu ihm erheben wollte, hörte ich einen Klagelaut, der mich erschrecken ließ. So strömt nach Wunden, die uns tief verletzten, der Lebensatem langsam aus der Brust. Ich sah ihn wie gebannt dicht vor mir auf der Hügelkuppe stehen, und als ich zu ihm eilte, hob er die Hand und lenkte meinen Blick. Da fühlte ich es wie mit Krallen mir nach dem Herzen greifen, denn vor mir ausgebreitet lag die Stätte der Unterdrückung in ihrer vollen Schmach.
    19
    Wir standen hinter einem kleinen Busche, der feuerrote Beeren trug, und schauten auf die Rodung von Köppelsbleek hinaus. Das Wetter hatte sich geändert, denn wir erblickten von den Nebelschwaden, die uns seit den Marmorklippen begleitet hatten, hier keine Spur. Die Dinge traten vielmehr in voller Deutlichkeit hervor, so wie im Zentrum eines Wirbelsturmes, in stiller und unbewegter Luft. Auch waren die Vogelstimmen nun verstummt, und nur ein Kuckuck lichterte, wie es die Sitte seiner Sippschaft ist, am dunklen Waldrand hin und her. Bald nah, bald ferner hörten wir sein spöttisches und fragendes Gelächter Kuck-Kuck, Kuck-Kuck rufen und dann sich triumphierend überschlagen, daß uns ein Frösteln überlief.
    Die Rodung war mit dürrem Grase überwachsen, das nur im Hintergrunde der grauen Kardendistel, die man auf Abraumplätzen findet, wich. Von diesem trockenen Bestande hoben sich seltsam frisch zwei große Büsche ab, die wir beim ersten Blick für Lorbeersträucher hielten, doch waren die Blätter gelb gescheckt, wie man sie in Fleischerläden sieht. Sie wuchsen zu beiden Seiten einer alten Scheuer, die weit geöffnet auf der Rodung stand. Das Licht, das sie beschien, war zwar kein Sonnenlicht, doch gleißend und schattenlos und hob den weißgetünchten Bau sehr scharf hervor. Die Mauern waren durch schwarze Balken, die auf drei Füßen standen, in Fächer eingeteilt, und über ihnen stieg spitz ein graues Schindeldach empor. Auch waren Stangen und Haken an sie angelehnt.
    Über dem dunklen Tore war am Giebelfelde ein Schädel festgenagelt, der dort im fahlen Lichte die Zähne bleckte und mit Grinsen zum Eintritt aufzufordern schien. Wie eine Kette im Kleinod endet, so schloß in ihm ein schmaler Giebelfries, der wie aus braunen Spinnen gebildet schien. Doch gleich errieten wir, daß er aus Menschenhänden an die Mauer geheftet war. Wir sahen das so deutlich, daß wir den kleinen Pflock erkannten, der durch den Teller einer jeden getrieben war.
    Auch an den Bäumen, die die Rodung säumten, bleichten die Totenköpfe, von denen mancher, dem in den Augenhöhlen schon Moos gewachsen war, mit dunklem Lächeln uns zu mustern schien. Es war ganz still bis auf den tollen Tanz, mit dem der Kuckuck um die Schädelbleiche lichterte. Ich hörte, wie Bruder Otho, halb

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