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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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ein ganz bestimmtes Kraut, das zu erbeuten wir uns zum Ziele setzten; wir suchten, wenn ich so sagen darf, im Chaos uns an Linnaeus' Wunderwerk zu halten, das einen der Säulentürme stellt, von denen der Geist die Zonen des wilden Wachstums überblickt. In diesem Sinne spendete ein kleines Pflänzlein, das wir brachen, uns oft großen Schein.
    Es kam noch etwas anderes hinzu, das ich als eine Art von Scham bezeichnen möchte – wir sahen nämlich das Waldgelichter nicht als Gegner an. Aus diesem Grunde hielten wir stets darauf, daß wir auf Pflanzenjagd und nicht im Kampfe waren und so die niedere Bosheit zu vermeiden hatten, wie man den Sümpfen und wilden Tieren aus dem Wege geht. Wir billigten dem Lemurenvolke nicht Willensfreiheit zu. Nie dürfen solche Mächte uns in einem Maße das Gesetz vorschreiben, daß uns die Wahrheit aus den Augen kommt.
    An solchen Tagen waren die Treppenstufen, die auf die Marmorklippen führten, vom Nebel feucht, und kühle Winde sprühten die Schwaden über sie hinab. Obwohl sich auf den Weidegründen viel verändert hatte, waren uns doch die alten Pfade noch vertraut. Sie führten durch die Ruinen reicher Höfe, die nun ein kalter Brandgeruch durchwob. Wir sahen in den eingestürzten Ställen die Knochen des Viehes bleichen, mit Huf und Horn und mit der Kette noch um den Hals. Im Innenhofe türmte sich der Hausrat, wie er von den Feuerwürmern aus den Fenstern geworfen und dann geplündert worden war. Da lag die Wiege zerbrochen zwischen Stuhl und Tisch, und Nesseln grünten um sie empor. Nur selten stießen wir auf versprengte Trupps von Hirten; sie führten wenig und kümmerliches Vieh. Von den Kadavern, die auf den Weiden faulten, waren Seuchen aufgestiegen und hatten das große Sterben in die Herden eingeführt. So bringt der Untergang der Ordnung niemandem Heil.
    Nach einer Stunde stießen wir auf den Hof des alten Belovar, der fast allein an alte Zeiten erinnerte, denn er lag reich an Vieh und unversehrt im Kranze der grünen Weiden da. Der Grund lag darin, daß Belovar zugleich ein freier Hirte und Sippenführer war und daß er seit Beginn der Wirren sein Gut von allem streifenden Gesindel sauber gehalten hatte, so daß seit langem kein Jäger und kein Feuerwurm sich traute, auch nur von ferne an ihm vorbeizugehn. Was er von diesen in Feld und Busch erschlug, das zählte er seinen guten Werken zu und schnitt aus solchem Grunde nicht einmal eine neue Kerbe in seinen Dolch. Mit Strenge hielt er darauf, daß alles Vieh, das ihm in seinen Marken zugrunde ging, tief eingegraben und mit Kalk beschüttet wurde, damit die böse Luft sich nicht verbreitete. So kam es, daß man zu ihm durch große Herden von roten und bunt gescheckten Rindern ging und daß sein Haus und seine Scheuern noch weithin leuchteten. Auch lachten die kleinen Götter, die seine Grenzen schützten, uns stets im Glanze frischer Spenden an.
    Im Kriege liegt zuweilen ein Außenfort noch unversehrt, wenn längst die Festung gefallen ist. In dieser Weise bot uns der Hof des Alten einen Stützpunkt dar. Wir konnten hier sicher rasten und mit ihm plaudern, indes Milina, sein junges Weibchen, uns in der Küche Wein mit Safran kochte und Kuchen im Butterkessel sott. Der Alte hatte noch eine Mutter, die an hundert Jahr alt war und dennoch aufrecht wie ein Licht durch Haus und Höfe schritt. Wir sprachen mit der Bestemutter gern, denn sie war kräuterkundig und kannte Sprüche, deren Kraft das Blut gerinnen macht. Auch ließen wir uns von ihrer Hand betasten, wenn wir Abschied nahmen, um weiter vorzugehen.
    Meist wollte der Alte uns begleiten, doch nahmen wir ihn nur ungern mit. Es schien, als zöge seine Nähe uns das Gelichter aus den Tannichtdörfern auf den Hals, so wie die Hunde sich rühren, wenn der Wolf um die Gemarkung streift. Das war wohl nach des Alten Herzen; wir aber hatten dort anderes im Sinn. Wir gingen ohne Waffen, ohne Knechte und zogen leichte, silbergraue Mäntel über, um im Nebel verborgener zu sein. Dann tasteten wir uns durch Moor- und Schilfgelände behutsam auf die Hörner und auf den Waldrand vor.
    Sehr bald, wenn wir den Weidegrund verließen, bemerkten wir, daß die Gewalt nun näher und stärker war. Die Nebel wallten in den Büschen, und das Röhricht zischelte im Wind. Ja selbst der Boden, auf dem wir schritten, kam uns fremder und unbekannter vor. Vor allem aber war es bedenklich, daß sich die Erinnerung verlor. Dann wurde das Land ganz trügerisch und schwankend und den Gefilden

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