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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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Wenn es, wie eben jetzt, vor einer Windenblüte stand, deren Kelch es mit einem wie eine gläserne Sonde geformten Rüssel anstach, war es fast unsichtbar.
    Der Anblick fesselte mich in einer Weise, die mich Ort und Stunde vergessen ließ. Ein ähnliches Erstaunen ergreift uns bei der Vorführung einer Maschine, in deren Form und Gangart sich ein neuer Einfall offenbart. Wenn ein Mann aus dem Biedermeier auf einen unserer Kreuzwege gezaubert würde, so würde ihm das Getriebe das Gefühl einer monotonen Verwirrung mitteilen. Nach einer Spanne der Verblüffung würde sich ein gewisses Verständnis, eine Ahnung der Kategorien einstellen. Er unterschiede die Motorräder von den Personen- und den Lastwagen.
    So ging es mir, nachdem ich begriffen hatte, daß es sich hier nicht um eine neue Tierart, sondern um Mechanismen handelte. Zapparoni, dieser Teufelskerl, hatte wieder einmal der Natur ins Handwerk gepfuscht oder vielmehr Anstalten getroffen, ihre Unvollkommenheiten zu verbessern, indem er die Arbeitsgänge abkürzte und beschleunigte. Ich schwenkte emsig das Glas, um seine Wesen zu verfolgen, die wie von starken Schleudern abgeschossene Diamanten durch den Raum fuhren. Ich hörte nun auch ihr zartes Pfeifen, das sich kurz überschlug, wenn sie hart vor den Blüten abbremsten. Und hinten, vor den Körben, die jetzt im Lichte standen, summierte es sich zu einem hellen und pausenlosen Pfiff. Es mußte subtile Überlegungen gekostet haben, um Zusammenstöße zu vermeiden, wo sich die Automatenschwärme massierten, ehe sie sich in die Fluglöcher einschleusten.
    Der Vorgang erfüllte mich, ich muß es bekennen, mit dem Vergnügen, das technische Lösungen in uns hervorrufen. Dieses Vergnügen ist zugleich Anerkennung unter Eingeweihten – es triumphierte hier Geist von unserem Geist. Und es erhöhte sich, als ich bemerkte, daß Zapparoni mit mehreren Systemen arbeitete. Ich erfaßte verschiedene Modelle, verschiedene Automatenvölker, die Feld und Büsche abweideten. Besonders stark gebaute Tiere trugen eine ganze Garnitur von Rüsseln, die sie in Dolden und Blütentrauben eintauchten. Andere waren mit Greifarmen ausgerüstet, die sich als zarte Zangen um die Blütenbüschel legten und den Nektar herauspreßten. Wiederum andere Apparate blieben mir rätselhaft. Offenbar diente der Winkel Zapparoni als Versuchsfeld für glänzende Einfälle.
    Die Zeit verflog, indem ich mich an diesem Anblick weidete. Allmählich drang ich auch in den Aufbau, in das System der Anlage ein. Die Bienenstände waren in langer Reihe vor der Mauer aufgestellt. Sie zeigten zum Teil die herkömmliche Form, zum Teil waren sie durchsichtig und schienen aus demselben Stoff wie die künstlichen Bienen zu bestehen. Die alten Stöcke waren von natürlichen Bienen bewohnt. Wahrscheinlich sollten diese Völker nur den Maßstab für die Größe des Triumphes über die Natur abgeben. Zapparoni hatte gewiß berechnen lassen, wieviel Nektar ein Volk am Tage, in der Stunde, in der Sekunde bringt. Nun setzte er es auf dem Versuchsfeld neben den Automaten ein.
    Ich hatte den Eindruck, daß er die Tierchen mit ihrer vorsintflutlichen Ökonomie in Verlegenheit brachte, denn öfters sah ich eines von ihnen sich einer Blüte nähern, die vor ihm ein gläserner Konkurrent berührt hatte, und sogleich wieder abfliegen. Hatte dagegen eine leibhaftige Biene zuvor am Kelch gesogen, so stand noch immer ein Nachtisch bereit. Ich schloß daraus, daß Zapparonis Geschöpfe ökonomischer verfuhren, das heißt, gründlicher aussaugten. Oder versiegte, wenn sie durch die gläserne Sonde berührt waren, die spendende Kraft der Blumen, schlossen sie ihre Kelche zu?
    Wie dem auch sei, der Augenschein lehrte, daß Zapparoni hier wieder eine seiner tollen Erfindungen gemacht hatte. Ich beobachtete nun das Treiben an den gläsernen Ständen, das ein hohes Maß von Methodik verriet. Es hat, glaube ich, durch die Jahrhunderte hindurch bis in unsere Tage gedauert, ehe man das Geheimnis der Bienen erriet. Von Zapparonis Erfindung gewann ich, nachdem ich sie aus meinem Stuhle etwa eine Stunde lang betrachtet hatte, bereits eine Vorstellung.
    Die gläsernen Stöcke unterschieden sich von den alten Formaten auf den ersten Blick durch eine große Zahl von Fluglöchern. Sie erinnerten weniger an einen Bienenkorb als an ein automatisches Fernsprechamt. Es waren auch nicht eigentliche Fluglöcher, denn die Bienen traten nicht in die Anlage ein. Ich sah nicht, wo sie ausruhten oder abgestellt

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