Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
bemühen sich außerordentlich intensiv – und ziemlich plump, darf ich hinzufügen –, meine Verlobte vor mir in schlechtes Licht zu setzen. Warum das? Hatten Sie sich vielleicht selbst als ihr Gatte gesehen, bis unsere beiden hoheitlichen Kuppler beschlossen, mich mit der Dame zu beglücken?“
So weit es die lächerliche Bartzier zu sehen erlaubte, färbte sich der Teint des Majors dunkel. „Die Comtesse ist von Adel, ich bin ein Bauernsohn. Mir käme nie in den Sinn …“
Himmel, der Mann war in sie verliebt. Oder tat sein Bestes, um diesen Eindruck zu erwecken. Und warum, fragte Justin sich, zweifele ich eigentlich immer die Motive der Leute an? Die schlichte Antwort war, dass seine Neigung zu zweifeln, nicht so schnell Vertrauen zu schenken, ihn all die Jahre auf dem Kontinent am Leben erhalten hatte. Und dennoch hatte er Alina sofort akzeptiert, hatte bei ihr keine tieferen Beweggründe, keine Verstellung gesehen – nur ihre frische Offenheit. War er also unglaublich scharfsichtig oder ein Narr?
„Nein, natürlich nicht, Major, Verzeihung. Aber Sie würden für sie sterben, oder?“
„Ohne zu zögern“, erwiderte Luka prompt und nahm Habachtstellung ein – im Sitzen kein einfaches Unterfangen.
Justin seufzte; langsam langweilte ihn diese pompöse Zurschaustellung von Ergebenheit. „Der Himmel bewahre mich vor Märtyrern und Helden; sie neigen oft genug zu irgendwelchen Dummheiten, um ihre gloriose Haltung zu beweisen. Beten wir, dass die Dame ein solches Opfer nie von Ihnen fordert, denn Sie machen mir langsam Angst mit ihrer fatalistischen Inbrunst.“
Luka schmunzelte. „Ich würde für sie sterben, wenn die Situation es verlangt, aber das heißt nicht, dass ich versessen darauf bin.“
„Wie beruhigend. Ah, und da fällt mir ein, Sie müssen immerhin lange genug leben, um diesen grässlichen Wust von Haaren zu entfernen, der Ihre vermutlich vorhandene Oberlippe verbirgt.“ Justin setzte sein Glas ab. Da war noch eine Frage, die ihn besonders bekümmerte. „Bitte, erzählen Sie mir mehr über diesen Jarmil Novak, der in meinen Unterlagen erwähnt wird. Warum will er die Comtesse mit ihren dahingeschiedenen Eltern vereinen?“
Luka nickte. „Ja, Jarmil Novak. Sie wurden in Kenntnis gesetzt? Der Regimentsinhaber Novak.“
„Regimentsinhaber? Also ist er ein Vertrauter des Königs.“
Luka nickte. „Sie wissen also, was sich dahinter verbirgt?“
„Ja, ich weiß, wie der Titel zustande kommt, habe von dem Mann allerdings noch nie gehört. Wenn ich es richtig verstehe, hat er während des Kriegs für den König Truppen ausgehoben und finanziert. Ich kann jedoch nicht sagen, ob dieser Novak hoch zu Ross, mit gerecktem Säbel eben diese Truppen persönlich anführte oder ob er nur sein Geld einsetzte, um seine politischen Ziele durchzusetzen, ohne auch nur zu wissen, wie man einen Säbel überhaupt hält. Anders gefragt: Ist er gefährlich?“
„Ah, Novak weiß mit Waffen umzugehen. Trotzdem kämpft er nicht selbst mit, sondern kauft diese Waffen nur, samt den Soldaten, die sie führen sollen. Er beschmutzt sich nicht die Hände, solange er andere für die Drecksarbeit findet. Wie er seine Truppe behandelt, dafür hassen ihn zum Beispiel die … die Zigeuner zutiefst. Und ja, er kann gefährlich werden.“
„Ah, ja, die … Zigeuner.“ Anders als beim Prinzregenten verkniff sich Justin dieses Mal die Bemerkung, wie dieser Volksstamm sich eigentlich nannte. Da seine Sorge erst einmal Alinas Sicherheit galt, nahm er die Information, dass die Roma diesen Novak hassten, vorerst nur zur Kenntnis. „Kann den Mann überhaupt jemand leiden?“, fragte er.
„Ja, unser Kaiser.“ Luka seufzte. „Und auch das nicht immer. Ich denke, sie sind einander von Nutzen. Sie sind ein Mann von Welt, Justin, Sie wissen doch, wie es mit politischen Bündnissen aussieht.“
„Besser, als mir lieb ist. Bündnisse, alte Fehden, permanente Grenzverschiebungen, mit oder ohne Krieg. Die Völker bekämpfen einander anscheinend wegen uralter Streitigkeiten immer mal wieder aufs Neue, ob hier oder in Ihrem Land.“
„Dann verstehen Sie also.“
Justin nickte. Wenn er eines gelernt hatte während seiner acht Jahre im Exil – Jahre, während der er, stets in der Hoffnung auf eine Begnadigung, der Krone wertvolle Dienste erwiesen hatte –, dann, dass die Mächtigen oder die Machthungrigen nie einen Grund für ihr Tun brauchten. Wenn kein ausreichender Grund für einen Krieg vorlag, bastelte man
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