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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Minuten später versammelte sich die Einsatzgruppe vor dem kleinen Gartenlokal, das den Namen «Goetheruh» trug. Sie hatten
     ein paar Tische und Stühle zusammengestellt und so eine Besprechungsrunde improvisiert.
    Kerstin Henschel hatte sich die Schramme auf ihrer Wange von einem Sanitäter verarzten lassen, es aber abgelehnt, sich im
     Krankenhaus gründlicher untersuchen zu lassen.
    Das Gelände war weiträumig abgeriegelt. Überall an den Absperrungsbändern schwirrten Polizisten herum und wiesen verärgerte
     Spaziergänger ab. Inzwischen waren auch die ersten Journalisten eingetroffen. Von weitem beobachtete Marthaler die Ankunft
     zweier Übertragungswagen. Sie gehörten zu den Rhein-Main-Studios der größten Fernsehsender und tauchten bei allen spektakulären
     Polizeiaktionen auf.
    Sie wollten gerade mit ihrer Lagebesprechung beginnen, als Marthalers Handy läutete. Es war der Pressesprecher der Polizei.
    «Was ist bei euch los?», fragte er. «Es geht nicht, dass die Journalisten mich mit Fragen bombardieren und ich keine Ahnung
     habe. Anscheinend weiß die Presse bereits mehr als derjenige, der sie informieren sollte.»
    «Nicht jetzt», sagte Marthaler. «Vertröste sie. Entschuldige, aber wir sind mitten in einer Aktion.»
    Dann schaltete er sein Telefon ab. Damit hatte er sich dieses Problem kurzfristig vom Hals geschafft, aber er wusste auch,
     dass er nicht darum herumkommen würde, in den nächsten Stunden eine Erklärung für die Öffentlichkeit vorzubereiten. Wahrscheinlich
     würden sie noch heute eine Pressekonferenz |347| abhalten müssen. Er schloss einen Moment lang die Augen und versuchte, sich zu konzentrieren.
    «Wir können nicht stürmen», sagte er, um alle Vorschläge in dieser Richtung von vornherein zu verhindern.
    «Und wieso nicht, wenn man fragen darf?», sagte Döring.
    «Weil er jeden erschießen könnte, der versuchen würde, den Turm zu besteigen. Außerdem ist es möglich, dass er zwei Geiseln
     hat. Zwei Asiatinnen. Sie sind von vier Zeugen auf dem Turm gesehen worden. Aber nur ein Zeuge meinte, sie später hier unten
     wieder erkannt zu haben. Wir wissen es nicht. Wir müssen eine Möglichkeit finden, das zu erfahren.»
    Alle schwiegen. Niemand schien eine Idee zu haben.
    Dann schlug sich Berger mit der flachen Hand an die Stirn. «Natürlich. Der Henningerturm.»
    «Was ist mit dem Henningerturm?»
    «Er ist hoch genug. Er liegt nur tausend, vielleicht fünfzehnhundert Meter Luftlinie von hier entfernt. Wir müssen jemanden
     dort raufschicken. Mit einem guten Fernglas müsste man erkennen können, wie viele Personen sich auf dem Goetheturm befinden.»
    «Sehr gut», sagte Marthaler. «Dann leiten wir das sofort in die Wege.»
    «Ich frage mich, was Plöger vorhat. Es ist mir ein Rätsel, was er dort oben will», sagte Manfred Petersen.
    «Wenn er wirklich die beiden jungen Frauen als Geiseln genommen hat, könnte er versuchen, mit uns zu verhandeln und freien
     Abzug zu erzwingen. Er hätte uns in der Hand», meinte Döring. «Im Grunde ist das ein Fall für die Scharfschützen vom SEK.»
    «Und wie stellst du dir das vor?», sagte Marthaler. «Wie soll ein Sondereinsatzkommando an ihn herankommen?»
    «Mit dem Helikopter», meinte Döring. «Sie könnten sich abseilen.»
    |348| Der Vorschlag kam so überraschend, dass alle verdutzt schwiegen. Es war Sven Liebmann, der schließlich entschlossen den Kopf
     schüttelte.
    «Nein», sagte er. «Dabei würde es fast zwangsläufig Tote geben. Wir haben nur eine Chance: Wir müssen warten. Wir können versuchen,
     Kontakt zu ihm aufzunehmen. Und wenn uns das nicht gelingt, müssen wir warten.»
    «Und wie lange willst du warten?», fragte Döring. «Eine Stunde, zwei Stunden? Oder willst du warten, bis es dunkel wird?»
    «Wenn nötig, noch länger.»
    «Willst du ihn aushungern?»
    «So ähnlich. Er ist seit fünf Tagen unterwegs. Er hat wahrscheinlich nur unregelmäßig gegessen und getrunken und kaum geschlafen.
     Ich nehme an, dass seine Nerven äußerst angespannt sind und seine Kraft nicht mehr lange reicht. Wenn er ganz am Ende ist,
     wird er etwas unternehmen müssen. Er wird sich stellen. Oder er wird wenigstens von sich aus Kontakt zu uns aufnehmen.»
    Da schaltete Berger sich wieder in ihr Gespräch ein. «Heißt das, dass wir hier ein, zwei, womöglich sogar drei Tage lang alles
     absperren müssen? Das kriegen wir nicht durch. Das schaffen wir nicht.»
    «Das heißt es», sagte Liebmann. «Und wir müssen es

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