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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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man immer mal
     wieder eine Gruppe Journalisten stehen und rauchen.
    |362| Marthalers Unruhe wuchs mit jeder Stunde, die verging, ohne dass sich auf dem Turm etwas regte. Gleichzeitig spürte er, dass
     seine Erschöpfung zunahm.
    Gegen 22   Uhr erklärte sich Carsten Berger bereit, für alle einen Imbiss zu besorgen. Um Viertel vor elf kam er mit zwei großen Tüten
     Hamburgern und einigen Flaschen Cola zurück.
    Lustlos kaute Marthaler auf dem weichen Brötchen herum. Er hatte Hunger, aber keinen Appetit. Den anderen schien es ähnlich
     zu gehen. Schließlich waren die Tische vor dem dunklen Gartenlokal übersät mit den bunten Schachteln des Fastfood-Restaurants,
     in denen sie die Essensreste verstaut hatten.
    Sie warteten und lauschten. Sie rauchten und schwiegen. Die Geräusche der Stadt wurden allmählich leiser. Niemand schien das
     Bedürfnis zu haben, zu reden. Manchmal hörte man es irgendwo im Unterholz rascheln. Ab und zu unterbrach jemand die Stille,
     indem er laut gähnte.
    Gegen Mitternacht verabschiedete sich Carsten Berger. Er sagte, er wolle ein Nickerchen auf seiner Liege in der Polizeistation
     am Wendelsweg nehmen. Er versprach, spätestens um sechs Uhr wieder zurück zu sein.
    Um kurz vor zwei ging Marthaler zu dem Lautsprecherwagen, um sich für eine Stunde hinzulegen. Er wollte versuchen zu schlafen.
     Er legte sich auf die Rückbank, zog seine Beine an und deckte sich mit seinem Jackett zu. Er dachte an Tereza. Er schloss
     die Augen und versuchte, sich ihr Gesicht vorzustellen. Aber es vermischte sich immer wieder mit Katharinas Gesicht. Irgendwann
     schlief er ein.
    Im Traum sah er sich auf einer großen Wiese. In der Ferne am Waldrand stand ein schwarzes Auto auf dem Feldweg. Aus der Wiese
     stieg dichter Morgennebel. Die Scheinwerfer des Wagens waren eingeschaltet. Er wollte auf den Wagen zugehen, aber der Abstand
     wurde nicht kleiner. Im Inneren des |363| Autos saß die bleiche Gestalt einer Frau. Sie hatte lange rotblonde Haare. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen. Schließlich
     wurde der Motor angelassen, und der Wagen fuhr langsam auf ihn zu. Er versuchte wegzulaufen, aber es gelang ihm nicht. Er
     kam nicht von der Stelle. Nur das Auto näherte sich unaufhaltsam. Er schrie, aber seine Stimme war nicht zu hören. Er wollte
     die Arme hochreißen, doch sie hingen schwer wie Blei an seinem Körper herab. Als die Stoßstange des Wagens fast seine Schienbeine
     berührte, wachte er auf.
    Er schaute auf die Uhr. Es war kurz vor fünf. Er hatte fast drei Stunden geschlafen, aber er fühlte sich wie zerschlagen.
     Ihn fröstelte, und seine Kleidung war klamm, seine Zähne fühlten sich stumpf an. Er hörte, wie Kerstin Henschel und Manfred
     Petersen leise miteinander sprachen. Er schob die Tür auf und kletterte aus dem Wagen. Er streckte sich, seine Gelenke waren
     steif.
    Sven Liebmann saß an einem Tisch vor dem Gartenlokal und hatte den Kopf auf die Arme gebettet. Er schien zu schlafen. Ein
     paar Meter weiter lag Kai Döring zusammengerollt auf einer Parkbank.
    «Irgendwas passiert auf dem Turm?», fragte Marthaler leise. Seine Stimme klang brüchig, und er musste sich räuspern.
    Petersen schüttelte den Kopf. «Nichts. Wir haben ihn noch ein paar Mal aufgefordert, sich zu ergeben. Ohne Reaktion. Wahrscheinlich
     schläft er.»
    Marthaler ging an dem Gartenlokal vorbei. Ein paar Meter weiter befand sich ein Toilettenhäuschen. Er drehte den Wasserhahn
     auf. Er spülte seinen Mund aus und wusch sich notdürftig. Dann ging er nach draußen und machte ein paar gymnastische Übungen.
     Er überlegte, ob er Tereza anrufen sollte, aber es war noch zu früh. Stattdessen lief er ein paar Meter in den Wald und hörte
     den Vögeln zu, die im ersten Morgenlicht zu zwitschern begannen. Er sah zwei Eichelhäher |364| auf einem Baum sitzen, aber als er näher kam, flogen sie schreiend davon.
    Um sechs Uhr kam Berger. Er hatte zwei Thermoskannen mit Kaffee dabei.
    «Das Frühstück kommt auch gleich», sagte er.
    Kurz darauf sahen sie einen uniformierten Reiter den Wendelsweg hochkommen. Er hatte eine große Tüte dabei, die er Berger
     überreichte.
    Marthaler fragte sich, wo man um diese Uhrzeit am Sonntagmorgen bereits frische Brötchen kaufen konnte, und er bewunderte
     Bergers Organisationstalent.
    Sie setzten sich an die Tische und machten sich schweigend über den heißen Kaffee und das Essen her.
    «Noch zwanzig Minuten», sagte Döring. «Habt ihr gesehen, die Presse marschiert auch

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