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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Liebespaar.
    Marthaler rief im Präsidium an und dirigierte sämtliche in |423| der Nähe befindlichen Einsatzkräfte zur Kleinmarkthalle. Dann benachrichtige er Sven Liebmann und Kerstin Henschel und bat
     sie, sich so rasch wie möglich an den beiden Ausgängen zu postieren.
    Keine sieben Minuten später war das Gebäude umstellt.
    Marie-Louise Geissler und ihr neuer Freund hatten ihre Einkäufe am Käsestand beendet und waren nur wenige Meter weitergegangen,
     zu einem Händler, der für seine luftgetrockneten Schinken und spanischen Würste bekannt war. Als Marthaler sah, dass sich
     von beiden Seiten der Halle uniformierte Polizisten näherten, verließ er eilig den Balkon.
    Er ging auf Marie-Louise Geissler zu und schaute sie unverwandt an.
    Sie bemerkte seinen Blick. Und Marthaler sah, wie sie erbleichte. So sieht eine Schuldige aus, dachte er. Eine Schuldige,
     die alle Hoffnung fahren lässt.
    Er wusste, dass es nicht nötig war, die Waffe zu ziehen. Er sagte, was er sagen musste. Ihr Begleiter wollte noch protestieren,
     aber Marie-Louise Geissler hob nur die Hand zum Zeichen, dass es keinen Zweck mehr habe. Sie nahm die Hände hoch und wurde
     von Kerstin Henschel abgetastet. Die Handtasche nahm man ihr ab. Sie ließ sich widerstandslos abführen.

|424| Vier
    Die Polizeiaktion in der Kleinmarkthalle hatte für erhebliches Aufsehen gesorgt. Nur mit Mühe gelang es Marthaler und seinen
     Kollegen, Marie-Louise Geissler durch die Menschenmenge ins Freie zu bringen. In Windeseile hatte sich herumgesprochen, dass
     es sich bei der Festgenommenen um die gesuchte «Killer-Lady» handelte. Schon wurden die ersten Fotos und Videoaufnahmen gemacht,
     und Marthaler war überzeugt, dass einige der so entstandenen Bilder in Kürze von den Fernsehsendern ausgestrahlt würden.
    Da Marie-Louise Geissler selbst keine Anstalten machte, ihr Gesicht zu bedecken, zog Marthaler sein Jackett aus und versuchte
     so, sie vor den Blicken und Objektiven der Schaulustigen zu schützen.
    Am Ausgang zur Hasengasse standen mehrere Streifenwagen bereit. Um die größer werdende Menge der Neugierigen fern zu halten,
     hatten die Kollegen bereits Absperrungsbänder spannen müssen. Marthaler schob Marie-Louise Geissler auf die Rückbank eines
     der Polizeiautos und setzte sich selbst daneben. Auf der anderen Seite stieg Kerstin Henschel ein. Um sich einen Weg zu bahnen,
     musste der Fahrer Blaulicht und Martinshorn einschalten.
    Obwohl sie von zwei weiteren Streifenwagen eskortiert wurden, gelang es auf der Battonstraße einem Motorradfahrer, seine Maschine
     direkt neben ihr Fahrzeug zu lenken. Auf dem Rücksitz saß ein Fotograf, der sich im Fahren zu ihnen herunterbeugte und mehrmals
     mit seiner motorbetriebenen Kamera durch das hintere Seitenfenster blitzte. Am folgenden Morgen würden Hunderttausende Zeitungsleser
     Marthalers |425| wütendes Gesicht als Foto neben ihrem Frühstücksei liegen haben.
    Marthaler war beklommen. Er spürte, dass seine Kopfschmerzen wiederkamen. Die plötzliche körperliche Nähe zu der Frau, die
     sie tagelang gesucht hatten, war ihm unangenehm. Ihre Anmut machte ihn befangen.
    Aber es war nicht nur die Schönheit des Mädchens, die ihn irritierte. Er hatte diese Erfahrung schon häufiger gemacht: Sie
     arbeiteten fieberhaft auf eine Festnahme hin, und wenn es ihnen endlich gelungen war, den Gesuchten zu verhaften, stellte
     sich statt Befriedigung nur eine tiefe Erschöpfung ein.
    Immer wieder drehte er den Kopf ein wenig zur Seite, um das Gesicht der Frau zu studieren, der sie drei Morde zur Last legten.
     Sie wirkte traurig. Und ein wenig verwirrt, so, als wisse sie nicht, was mit ihr geschehe. Marthaler hatte den Eindruck, dass
     auch sie die Enge auf dem Rücksitz des Polizeiwagens als Zumutung empfand. Und so unangemessen das auch sein mochte, er hatte
     Verständnis dafür. Es kostete ihn jedes Mal Überwindung, jemandem Handschellen anzulegen. Er wusste, dass es nicht anders
     ging, dass es ein Teil seines Berufs war, und dennoch widerstrebte es ihm, jemanden seiner Freiheit zu berauben.
    Marie-Louise Geissler schwieg. Während der gesamten Fahrt sagte sie nicht ein einziges Wort. Sie schaute mit undurchdringlicher
     Miene stumm durch den Zwischenraum zwischen den Vordersitzen hindurch. Es war weniger, dass sie die Polizisten willentlich
     ignorierte, sondern eher, als sei außer ihr niemand in dem Wagen, als sei sie allein mit sich und ihren Gedanken.
    Ein paar Mal seufzte sie laut, und

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