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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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waren
     sich ihrer Sache sicher, und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als jeden Hinweis ernst zu nehmen.
    Einmal stutzte Marthaler bei seiner Lektüre. Ein Taxifahrer hatte in der Nacht angerufen und folgende Aussage gemacht: Er
     habe am Sonntagmittag mit einer Gruppe seiner Kollegen am Taxistand vor der Alten Oper gestanden, als ein Mann auf sie zugekommen
     sei und ihnen ein Foto der Gesuchten gezeigt habe. Der Mann habe gefragt, ob einer der Fahrer die Frau gesehen habe. Marthaler
     überlegte. Am Sonntagmittag hatten sie Lohmanns Leiche noch gar nicht entdeckt, geschweige denn Marie-Louise Geissler zur
     öffentlichen |416| Fahndung ausgeschrieben. Das alles war erst einen Tag später geschehen. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Irrtum. Entweder
     hatte sich der Taxifahrer im Tag geirrt, oder die Aussage war falsch aufgenommen worden. Marthaler legte das Protokoll zur
     Seite und beschloss, der Sache zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal nachzugehen.
    Gegen elf Uhr an diesem Vormittag schöpften sie noch einmal Hoffnung. Aus Neu-Isenburg kam die Meldung, dass die Bahnpolizei
     eine hilflose junge Frau ohne Ausweispapiere aufgegriffen habe. Man hatte sie zur Polizeistation in der Hugenottenallee gebracht,
     um sie dort zu vernehmen. Ihr war das Foto der Gesuchten vorgelegt und sie war gefragt worden, ob sie Marie-Louise Geissler
     sei. Daraufhin hatte die junge Frau genickt. Allerdings, so berichteten die Kollegen, habe sie auch alle anderen Fragen mit
     einem Nicken beantwortet. Kai Döring, der sich mit einer anderen Gruppe von Zivilfahndern in Sachsenhausen aufhielt, machte
     sich auf den Weg nach Neu-Isenburg. Als er dort ankam, hatte sich die Sache bereits geklärt. Das Mädchen war in der Nacht
     aus einem Heim für geistig behinderte Kinder und Jugendliche ausgerissen und war seitdem durch die Gegend geirrt. Es lag bereits
     eine Suchmeldung der Heimleitung vor. Zwei Mitarbeiter holten das Mädchen kurz darauf ab.
    Die Befragung von Schalterbeamten am Hauptbahnhof, von Zugschaffnern, Hotelportiers und den Mitarbeitern von Reisebüros blieb
     ohne Ergebnis. Ebenso die Durchsicht der Passagierlisten sämtlicher Flugzeuge, die in den vergangenen Tagen vom Rhein-Main-Flughafen
     gestartet waren. Selbst auf dem kleinen Flugplatz in Egelsbach hatte man nachgeforscht – erfolglos. Bei der Bahnhofsmission
     war Marie-Louise Geissler eine Unbekannte. In keinem der städtischen Heime für Wohnsitzlose war sie aufgetaucht. Und als Sven
     Liebmann auf die Idee gekommen war, bei den Mitwohnzentralen |417| nachzufragen, hatte er auch dort nur ein Kopfschütteln geerntet.
    Glaubte man den Anrufern, war sie überall. Ging man aber der Sache auf den Grund, war sie nirgends. Liebmann gähnte immer
     öfter. Alle, die an den Telefonen Dienst taten, arbeiteten bereits seit über zwölf Stunden. Sie waren müde, und die Erfolglosigkeit
     ihrer Bemühungen leistete der Erschöpfung noch Vorschub. Trotzdem war Marthaler überzeugt, dass sie das Richtige taten. Sie
     hatten keine andere Wahl, und irgendwann würde sich ihre Hartnäckigkeit auszahlen.
     
    Gegen 14   Uhr war es endlich so weit. Sven Liebmanns Mobiltelefon läutete. Weil er selbst gerade mit einem anderen Anrufer sprach, reichte
     er sein Handy an Marthaler weiter.
    Es war Kerstin Henschel. «Ich hab sie.»
    Marthaler hatte das Gefühl, ein ganzer Ameisenstaat krabbele über seine Haut. Er schaute zu Liebmann hinüber und nickte ihm
     zu. Der junge Polizist beendete augenblicklich das Gespräch, das er gerade führte.
    «Wo bist du?», fragte Marthaler.
    Kerstin Henschels Stimme klang heiser. «Bei Peek und Cloppenburg. Im Untergeschoss. Soll ich zugreifen?»
    «Nein, das ist zu gefährlich. Sie könnte bewaffnet sein. Warte, bis Verstärkung da ist. Wir schicken zwei Streifenwagen. Sven
     und ich machen uns sofort auf den Weg.»
    Das Kaufhaus lag auf der Zeil, der großen Frankfurter Einkaufsstraße. Marthaler und Liebmann kamen kurz vor den beiden Streifenwagen
     an. Sie hielten auf der Rückseite des Gebäudes. Marthaler wies zwei der Uniformierten an, die Vordereingänge des Hauses zu
     überwachen. Die beiden anderen sollten sich um den Personaleingang und die Lieferantenzufahrt kümmern. Dann wählte er die
     Nummer von Kerstin.
    «Wo ist sie?»
    |418| «Immer noch im Basement. Jetzt geht sie zur Rolltreppe. Beeilt euch, ich weiß nicht, was sie vorhat. Wenn sie das Haus verlässt,
     haben wir sie verloren.»
    «Was hat sie an?»
    «Ein

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