Ein Alptraum für Dollar
Journalisten beobachtet. Folglich kann man sich mit keiner rationalen Erklärung zufriedengeben. Und es gibt auch keine plausible irrationale »Lösung des Falles«.
Selbst die überzeugtesten Vertreter der Ansicht, außerirdische Wesen befänden sich auf der Erde, möchten diese hier aus dem Spiel lassen. Es leuchtet ein: Auf die Erde zu kommen, nur um diesen 160 km langen hüpfenden Spaziergang zu absolvieren — diese Hypothese wäre zu absurd.
Was nun die angeht, die an den Teufel glauben und ihn überall... ein bißchen sehen — auch sie wittern ihn nicht in dem »Tier von Devonshire«. Denn abgesehen vom tragischen Schicksal des Hundes der Matthews’ — wahrscheinlich nichts anderes als ein purer Zufall — kann man nichts Diabolisches, ja nicht einmal etwas Böses an dem albernen Marsch auf dem Schnee finden.
Das Ganze erinnert viel mehr an einen riesigen Schabernack — nur... es ist keiner!
Das Tier von Devonshire ist und bleibt das vollkommene Rätsel.
Das Hauskonzert in der Rue de Vaugirard
Paul Bordier hat sich auf einer Bank im Jardin du Luxembourg niedergelassen, direkt vor dem großen Wasserbecken. Das Wetter ist strahlend schön an diesem 2. Juni 1925. Der Jardin du Luxembourg, oben am Boulevard Saint-Michel, ist seit eh und je gewissermaßen der »Schulhof« der ehrwürdigen Sorbonne, der Universität von Paris — eine Oase der Stille, mitten in der damals schon sehr turbulenten Hauptstadt.
Der junge Mann, ganz in Gedanken versunken, blättert seine fein säuberlich geschriebenen Notizen in einem dicken Ordner durch. Ab und zu hebt er den Kopf und murmelt leise vor sich hin.
Er ist 22 Jahre alt, Mediziner im vierten Studienjahr. Noch eine Woche und es ist soweit! Ihm bleibt also nicht mehr viel Zeit, sich auf sein Examen vorzubereiten.
Paul sieht sehr adrett aus in seinem hellen Anzug und mit dem modischen Strohhut à la Maurice Chevalier. Sein Vater, ein angesehener Arzt in der Provinz, läßt ihm regelmäßig einen Wechsel zukommen, der ihn aller materiellen Sorgen enthebt.
Ein alter Mann hat sich neben ihn gesetzt. Paul beachtet ihn nicht weiter — nur wundert er sich über die wohl vornehme, aber irgendwie altmodische Erscheinung dieses Herren mit Gehrock und Zylinder — auch über seinen Spazierstock mit Elfenbeinknauf.
Nach ungefähr einer Minute rückt der alte Herr ein bißchen näher an Paul heran: »Wissen Sie, junger Mann, daß ich vor 50 Jahren auch immer auf dieser Bank gesessen bin, und so wie Sie jetzt mich auf mein Examen vorbereitet habe?«
Die kleine Unterbrechung kommt Paul Bordier nicht ungelegen. Er hat gerade zwei Stunden lang gearbeitet und darf sich eine kurze Pause gönnen! Außerdem sieht der alte Herr interessant aus — ein charmanter Greis. Warum soll man sich nicht mit ihm ein wenig unterhalten? Und so beginnen sie ganz allgemein über das Studium der Medizin zu reden — da wechselt der Alte plötzlich das Thema:
»Lieben Sie Musik?«
Paul hat eher ein Faible für den Charleston, aber... Musik? Der distinguierte Herr meint sicher die klassische Musik, und da Paul bei seinem Gesprächspartner keinen ungebildeten Eindruck machen möchte, antwortet er ganz eifrig:
»Ja, sehr!«
»Ich dachte es mir! Würden Sie mir die Freude machen und zu einem Hauskonzert kommen? Wir geben es nächsten Mittwoch, im Familienkreis. Wir wollen Mozart spielen!«
Noch bevor der junge Mann etwas erwidern kann, steht der alte Herr auf und empfiehlt sich mit seinem Zylinder:
»Hier meine Visitenkarte, junger Freund! Sagen wir... gegen 21 Uhr?«
Paul schaut etwas verdutzt, wie der Mann ruhigen Schrittes davongeht. Er wirft einen Blick auf die Visitenkarte: »Hippolyte Manceau, 28 Rue de Vaugirard. Eine seltsame Einladung«, denkt er fast amüsiert, »ich muß ihm wirklich sehr gefallen haben, oder vielleicht erinnere ich ihn tatsächlich an seine Jugend!«
Und obwohl er kein leidenschaftlicher Musikliebhaber ist, entschließt sich Paul, zu dem Hauskonzert des liebenswürdigen alten Mannes zu gehen. Am nächsten Mittwoch. Jetzt aber muß er wieder arbeiten!
Am 9. Juni 1925, abends um neun, tadellos angezogen und mit einem Strauß Rosen in der Hand, läutet er in der Rue de Vaugirard, 28, erste Etage links. Ein Diener öffnet die Tür und führt ihn zum Salon. Paul tritt ein — und bleibt auf der Stelle stehen! Das hier hat er nicht erwartet: Herren wie Damen sind in Kostüme aus der Zeit der Romantik gekleidet — Gehröcke und Spitzenjabots, Seidenkleider mit
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