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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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vor allem auf Arabisch. Der Erfolg ist überwältigend!
    Das unglückliche Tier, das seit einer Ewigkeit kein verständliches Wort mehr gehört hat, gehorcht sofort. Es ist sicher lange her, daß es sich nicht mehr so schön hingekniet hat — nach allen Regeln der Kunst. Das heißt — die Beine korrekt nacheinander — drei ganz bestimmte Bewegungen in zwei fein aufeinander abgestimmten Zeitphasen. Ja, ja, es ist schon eine Kunst! Hadschi Ali ist außer sich vor Freude. Und das Kamel auch! Im tiefsten Loch eines Canyons im amerikanischen Wilden Westen haben sie beide mit einem Mal Arabien wiedergefunden!
    Der Mann wickelt seine Dschellaba fest um sich herum, kuschelt sich an sein Kamel und verbringt die schönste Nacht seines Lebens.
    Am nächsten Morgen bereitet er in aller Herrgottsfrühe fieberhaft seinen Auftritt vor. Er wird jetzt das Kamel zum Saloon führen und diesen verstockten Cowboys, diesen sogenannten Pionieren, zeigen, was ein Wüstentier ist! Auf alle Fälle werden sie sein Kamel nicht abknallen!
    Bevor er sich auf den Weg macht, füllt er noch die riesigen Ledersäcke mit Steinen, die hier herumliegen. Dann bricht er auf.
    Als er zwei Stunden später vor der kleinen Pionierstadt ankommt, stiebt alles auseinander beim fürchterlichen Anblick dieses im Schneidersitz schaukelnden Reiters auf dem vorgeschichtlichen Dinosaurier! In Sekundenschnelle ist der Platz wie leergefegt. Die angebundenen Pferde ziehen an den Leinen und wiehern wild vor Schreck — vielleicht auch vom fremden Gestank angewidert. Aber das Kamel und seinen Reiter stört dieses Getue und Geheule in keinster Weise. Sie schreiten weiter, gelassen und hochnäsig, bis zum Saloon, wo das Ungeheuer sich schließlich mit der Grazie einer Primaballerina hinkniet, als gälte es, diesen armen Angsthasen da unten seine Reverenz zu erweisen. Alle Welt hält sich in respektvoller Entfernung — eine Stimmung wie bei »O.K. Corral«.
    Doch als die bärtigen Pioniere — Gewehre und Pistolen im Anschlag — Hadschi Ali erkennen, wagen sie sich einer nach dem anderen vorsichtig aus ihren Verstecken heraus und stehen wie angewurzelt, wie versteinert, vor dieser unglaublichen Erscheinung aus der Steinzeit. Die Karawane mit den fünfundsiebzig Kamelen aus Ägypten war damals nicht bis in diesen verlorenen Winkel von Arizona vorgedrungen — und niemand hier hat jemals ein solch riesiges Vieh gesehen! Ein Mann — etwas größer und vielleicht deshalb auch mutiger als die anderen — kommt einige Schritte näher und ruft:
    »High Jolly, du willst dieses Monster doch nicht etwa vor dem Saloon anbinden?«
    Aber High Jolly ist wieder Hadschi Ali geworden. Und so antwortet er mit der angebrachten, angeborenen Noblesse eines Karawanenführers:
    »Erstens ist das kein Monstrum, sondern ein Kamel. Und im Augenblick kniet es. Also braucht es auch nicht angebunden zu werden. Zweitens ist ein Kamel das beste Wüstentier auf der ganzen Welt. Es kann viel mehr als eure Pferde!«
    Daraufhin folgt leider eine ziemlich scharfe Diskussion, und die bewaffneten Männer — mittlerweile sind es über hundert — bilden vor dem Saloon einen immer dichteren Kreis um den vorlauten Araber und sein hochmütiges Kamel.
    »High Jolly, mach Platz! Steig herunter von deinem hohen Roß! Mit deinem Teufelstier werden wir kurzen Prozeß machen!«
    Der Ägypter verzieht keine Miene. Er lächelt nicht einmal. Allah würde es ihm nie verzeihen, Fremde auszulachen.
    Doch die Meute wird immer mutiger und bedrohlicher: »Na, Männer, sollen wir uns so was gefallen lassen? So einen Gestank?«
    »Und habt ihr diese dreckigen, gelben Zähne gesehen?«
    »Schaut mal diesen idiotischen Kopf an? Ist das etwa das Wundertier, von dem du pausenlos gefaselt hast?«
    »Und wie soll man überhaupt dort hinaufsteigen, auf diese häßliche Fleischmasse?«
    »Und sag mal, High Jolly, wenn man schon so blöd aussieht, wie kann man sich nur erlauben, so verächtlich in die Runde hinunterglotzen! Eine Frechheit ist das!«
    »Das Vieh hat nicht einmal Hufe! Und es soll galoppieren können? Los, genug jetzt! Hau ab, sonst schießen wir euch beide über den Haufen!«
    Ja, die Lage wird langsam bedenklich für Hadschi Ali, und wenn Allah ihm jetzt nicht zu Hilfe kommt, dann sind er und sein Kamel verloren. Verzweifelt spielt er seinen letzten Trumpf aus:
    »Seht doch! Seht alle diese Steine in den Ledersäcken! Die hat es meilenweit bis hierher getragen! Es ist stärker als vier Pferde zusammen. Und dabei hat es

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