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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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seinen Sohn. Das ist auch der Grund, weshalb der alte Barrow so verbittert ist... aber er sagt nichts. Eines Abends jedoch, als er vor seiner Suppe sitzt, packt ihn die Wut: »Es ist einfach nicht gerecht, mein Junge. Wenn du schon doppelt soviel arbeitest, dann mußt du auch doppelt soviel verdienen!«
    Mit einem Lächeln auf seinem guten Gesicht klopft Louis-Joseph auf die Schulter des alten Mannes:
    »Laß nur, Daddy, da kommt nichts dabei raus! Das ist nun mal so. Was können wir schon dran ändern? Gerade wir!?«
    »Nein, Junge, so geht es nicht! Alles was recht ist. Ich werde mit dem Boß reden! Du wirst sehen, er wird einverstanden sein. Wart mal ab!«
    Gleich am folgenden Tag, nach der Arbeit, sucht der alte Barrow den »Boß« auf, den Vorarbeiter in der Verladehalle. Er ist natürlich ein Weißer, wie alle Männer, die in der Fabrik irgendeine Verantwortung tragen. Und er ist bekannt dafür, besonders hart mit den Arbeitern umzugehen. Als Barrow vor ihm steht, stellt er sich sofort auf wie zum Verhör:
    »Was willst du denn, Nigger?«
    Der Vater überhört die Beleidigung, nimmt artig seine Mütze ab und versucht, so höflich wie er nur kann, sein Vorliegen anzubringen:
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber... ich möchte Sie wegen meines Sohnes sprechen. Er arbeitet sehr hart, wissen Sie... bestimmt doppelt soviel wie die anderen, ganz bestimmt! Aber er kriegt nicht mehr Geld.«
    »Na und, Nigger? Was willst du damit sagen? Daß wir vielleicht deinen dreckigen Bastard ausnützen?«
    Der alte Mann fängt an zu zittern, klammert sich an seine Mütze, zerrt mit allen Fingern daran und stammelt:
    »Ich... verbiete Ihnen... mich zu beleidigen... Wir sind... Menschen wie Sie! Und mein Sohn... ist kein Bastard!«
    Weiter kommt er nicht. Mit vollem Schwung schlägt ihm der Vorarbeiter mit der Faust mitten ins Gesicht. Der schwarze Mann fällt um und wälzt sich mit blutendem Kiefer am Boden.
    Da erhebt sich ein Sturm: Louis-Joseph! Er stürzt sich auf den »Boß«, der jetzt leichenblaß vor Angst dasteht. Dieser Bursche kann ihn mit einem einzigen Schlag erledigen, das weiß er! Aber der alte Mann steht schon auf und hält seinen Sohn gerade noch zurück:
    »Nein! Hör auf! Du darfst keinen Weißen schlagen! Du kommst ins Gefängnis! Die machen dich fertig! Komm Louis-Joseph, los... gehen wir!«
    Der Vater hat recht. Louis-Joseph weiß das sehr wohl. Mit enormer Selbstbeherrschung zieht der junge Mann seine erhobene Faust zurück und verbeißt seinen Zorn. Da wird der Vorarbeiter wieder mutig. Er grinst böse und voller Arroganz:
    »Aha, sieh mal einer an, wir sind vernünftig! Na schön. Also los, haut ab! Und zwar für immer, kapiert? Ihr seid beide entlassen!«
    So wurden Vater und Sohn Barrow arbeitslos. Der eine, weil er doppelt geschuftet hatte, der andere, weil er die Stirn hatte, das zu sagen. Also suchen sie eine neue Stelle in allen Fabriken von Detroit und Umgebung. Doch die Antwort ist überall die gleiche. Sobald sie ihre Namen nennen, verschließen sich alle Gesichter und Türen:
    »Wir haben nichts für Sie... Der Posten ist schon besetzt...«
    Das amerikanische Gesetz verbietet zwar den Arbeitgebern, ihre schwarzen Listen untereinander auszutauschen — mit den Namen der Männer, die wegen schlechter Gesinnung, Aufruhr oder Gewerkschaftszugehörigkeit entlassen worden sind. Aber Louis-Joseph und sein Vater wissen genau, daß es diese Listen gibt — und daß sie auch die Runde machen, mit ihrer beider Namen drauf!
    Sie werden nie wieder eine Arbeit bekommen! Louis-Joseph, der friedliche Junge, der gute, brave Koloß, wird zum Rebellen. Auf brutale Weise hat er mit einem Mal Ungerechtigkeit, Bosheit, Dummheit und Haß kennengelernt. Tag für Tag klopft er dennoch weiter an alle möglichen Türen. Er muß eine Stelle finden! Aber er erfährt nur Ablehnung und Erniedrigung.
    Eines Tages kommt die Erleuchtung.
    Ein schwarzer Freund sagt ihm, ohne groß nachzudenken:
    »Warum wirst du denn nicht Boxer? Wenn ich deine Muskeln hätte, dann wäre ich nicht arbeitslos!« Louis-Joseph denkt eine Weile nach. Ihm fallen die Worte seines Vaters wieder ein: »Ein Schwarzer darf keinen Weißen schlagen!« Das stimmt ja gar nicht! Und ob ein Schwarzer darf! Nämlich dann, wenn er Boxer ist! Und er kriegt sogar Geld dafür, und er wird von allen bewundert und in den Himmel getragen!
    Am selben Tag noch begibt sich Louis-Joseph Barrow in eine Boxhalle, wo er allein schon durch seine kraftvolle Erscheinung

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