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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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dem Trainer auffällt.
    Aber schließlich kann man nicht jeden aufnehmen, auch wenn er so sehr darum bittet. Vor allem keinen Schwarzen! Andererseits... einen solchen Athleten sollte man vielleicht doch nicht abweisen? Nun denn, der Cheftrainer macht Louis-Joseph einen Vorschlag. Wenn er mag, kann er »Sparring-Partner« werden. Das heißt also, er soll als lebender Punching-Ball beim Training der Boxer dienen. Das Ganze für einen Hungerlohn! Gut. Der junge Barrow nimmt an.
    Beim ersten Training landet er sofort auf der Matte. Aber von Tag zu Tag lernt er immer besser, die Schläge auszuhalten und auszuweichen. Sehr bald entwickelt er eine ungewöhnliche Beweglichkeit. Seine Beinarbeit ist ausgezeichnet. Monatelang muß er nun Schläge einstecken, ohne welche austeilen zu dürfen!
    Fast alle seine Gegner sind Weiße. Mit jedem Schlag, den er bekommt, wächst seine Motivation und seine Leidenschaft: Eines Tages wird er zurückschlagen dürfen! Und dann wird alles ausbrechen, was er so lange in sich zurückhalten mußte!
    Dieser Tag kommt im Jahre 1934. Louis-Joseph ist mittlerweile ein sehr gesuchter Sparring-Partner. Die besten Boxer wollen nur mit ihm trainieren. Darunter auch Tim Bowley, ein Weißer natürlich. Nach einem Trainingsmatch klopft er Louis-Joseph auf die Schulter und sagt von oben herab:
    »Das muß ich schon sagen, Negrow, du bist gar nicht so schlecht! Was hältst du davon, wenn wir mal beide... richtig boxen?! Ich wette 50 Dollar, daß ich dich k.o. schlage!«
    Ob Louis-Joseph darf? Er weiß es nicht so recht... aber der Chef der Boxhalle ermutigt ihn:
    »Klar! Mach’s doch! Wenn Tim will, warum nicht?«
    Und so beginnt das erste Match von Louis-Joseph Barrow. Als er im Ring steht, rollen die Bilder wieder vor seinen Augen ab: sein Vater mit der Mütze in der Hand, wie er zittert nach der Beleidigung. Sein Vater mit blutendem Gesicht, wie er am Boden liegt. Und er hört wieder die Worte, die er niemals vergessen wird: »Nigger, dreckiger Bastard.«
    Beim ersten Gongschlag geht er gleich auf seinen Gegner los. Tim Bowley weicht zurück, erschrocken vor dem, was er in den Augen seines früheren Trainingspartners eben entdeckt hat. Erschrocken wie damals der Vorarbeiter in der Fabrik. Aber es ist zu spät. Heute kann der Vater seinen Sohn nicht zurückhalten. Niemand kann ihn zurückhalten. Ihn daran hindern, heute zum ersten Mal — einen Weißen zu schlagen! Er hat das Recht dazu. Man hat es ihm nicht nur erlaubt, man hat ihn sogar darum gebeten! Also schlägt er...
    Der Kampf dauert noch keine Minute, da muß Tim Bowley ins Krankenhaus gebracht werden. In der Halle steht ein Mann auf und geht langsam zum Ring. Louis-Joseph hat noch seine Boxhandschuhe an, da steht schon der dicke berühmte Manager neben ihm und lächelt über seine Zigarre hinweg:
    »Gut, Kleiner! Du schlägst gut, und es scheint dir auch gut zu tun! Wenn du mit mir einen Vertrag abschließt, wirst du Karriere machen! Das verspreche ich dir! Aber vorher müssen wir noch deinen Namen ändern. Louis-Joseph Barrow, das ist viel zu lang! Ich habe eine Idee... lassen wir einfach den Nachnamen weg, ja? Was meinst du? Louis-Jo... Nein! Noch besser! Joe... Louis! Das ist es!«
    Am 22. Juni 1937 ist Joe Louis in Chicago Weltmeister im Schwergewicht geworden. Er schlug James Braddock in der achten Runde durch k. o. Später hat er seinen Titel noch 28mal erfolgreich verteidigt und verlor ihn erst 1950 .
    Noch heute halten ihn viele Experten für den größten Boxer aller Zeiten.
    Natürlich — diese Karriere verdankt Joe Louis seiner außergewöhnlichen Technik und seinem Talent. Aber er verdankte sie vielleicht auch dem Mut eines alten schwarzen Mannes, der gewagt hatte, Gerechtigkeit zu fordern. Joe Louis kämpfte nicht nur für Geld und Titel. Er hat sich auch für die Würde seiner Rasse geschlagen. Und er hat sich gut geschlagen!
     

Die »Mary Celeste«
     
    13. Dezember 1872 — Gibraltar.
    Der englische Dreimaster »Dei Gratia« läuft in den britischen Hafen ein. Kaum sind die Taue an den Pollern festgemacht, da springt Kapitän David Moorhouse schon über den Steg hinab auf den Kai, rennt die Mole entlang bis zum Verwaltungshaus und platzt in das Büro des Hafenmeisters:
    »Kommandant, wir sind eben mit der Flut eingelaufen. Ich möchte Sie bitten, ein Protokoll aufzunehmen!« David Moorhouse, Kapitän zur See der mächtigen britischen Handelsflotte, ist etwa 50 Jahre alt. Ein Seebär, wie er im Buch steht mit seinen breiten

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