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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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Kongreß davon überzeugt, daß Pferde nicht gerade ideal wären für die Erschließung des steinigen, dürren Wilden Westens. Deshalb hatte er eifrig für Kamele plädiert und diese Wüstentiere in einem langen Bericht wärmstens empfohlen. Schließlich hatten sich sogar die eingefleischtesten Verfechter der Kavallerie von den stichhaltigen Argumenten des »Kamel-Advokaten« überzeugen las-
    sen: Ein Kamel kann 30 Meilen, also etwa 50 Kilometer, am Tag zurücklegen, ohne auch nur einen einzigen Tropfen Wasser trinken zu müssen — und dabei trägt es mit Leichtigkeit eine Last von 300 Kilo!
    Der Kongreß war beeindruckt und stimmte dem Ankauf von 75 Kamelen zu. Es sollte ein erster Versuch sein. Immerhin hatten die Araber seit Jahrtausenden die besten Erfahrungen mit diesen genügsamen Schaukeltieren gemacht. Und die Sahara — die Amerikaner hatten sogar schon mal was davon gehört — galt als reichlich unwirtlich. Wenn die Kamele sich also dort wohl fühlten, war die Hoffnung nicht unberechtigt, daß sie sich auch in den Wüsten Arizonas bewähren könnten. Außerdem — die Abstinenz der Kamele machte sie besonders sympathisch!
    Leutnant Beals bekam also den Auftrag, die 75 Kamele aus Ägypten herbeizuschaffen. Wie gesagt... 1875!
    Mit einem Dreimaster überquerte er zuerst den Atlantik, dann das Mittelmeer und reiste weiter mit einer Karawane bis zum Zelt des Scheichs eines Beduinenstammes. Der Handel wurde schnell abgeschlossen. 75 Kamele zu kaufen — das war kein Problem. Aber 75 Kameltreiber aufzutreiben, die bereit waren — und sei es nur für ein Jahr — nach Amerika auszuwandern... das war eine ganz andere Sache! Hadschi Ali schaffte es aber, und nach einigen Wochen konnte die Karawane Richtung Alexandria aufbrechen, wo der Dreimaster vor Anker lag, bereit für den Transport der exotischen Tiere.
    Der Kaide hatte Hadschi Ali versichert:
    »Das dauert höchstens ein Jahr. Länger brauchen die Amerikaner bestimmt nicht, um zu lernen, wie man mit Kamelen umgeht.«
    Und so wurde Hadschi Ali Chef der Kameltreiber bei der Kavallerie der Vereinigten Staaten! Hätte er nur geahnt, worauf er sich da eingelassen hatte!
    Zunächst einmal die Überfahrt! Unbeschreiblich, wie die 75 Kamele — im Frachtraum des Dreimasters fest angebunden — sechs Wochen lang jämmerlich seekrank wurden! Dann wurden die unerfahrenen amerikanischen Reiter auf den Kamelen seekrank — und als die Karawane endlich im Wilden Westen ankam, stellte man fest, daß Amerikaner allergisch auf Kamele reagieren!
    Dabei hatte die ägyptische Karawane bei der Durchquerung der Wüsten von Texas und New-Mexico die Probe bestens bestanden: 50 Kilometer am Tag ohne Umwege zu den Wasserstellen, die die Kamele hochmütig ignorierten — 350 Kilo Last pro Tier, also insgesamt über 25 Tonnen auf jeder Etappe! Die Pferde der Armee waren zu lächerlichen Figuren degradiert.
    Überall, wo sie vorbeikamen, veranstaltete Hadschi Ali Lehrvorführungen: wie man ein Kamel zum Hinknien bringt, wie man sich nach Yogi-Art mit gekreuzten Beinen auf den arabischen Sattel setzt, wie man sich zuerst nach hinten und dann nach vorn beugen muß, will man nicht hinunterfallen, wenn sich das Tier auf die Vorderbeine stellt, wie man sich bei dem wiegenden Gang entspannen und mit den schaukelnden Bewegungen »mitgehen« muß. Ganz einfach! Aber erklären Sie das mal den Blauhemden im Wilden Westen!
    Der erste, der es versuchte, flog gleich vorn hinunter. Der zweite nach hinten. Dem dritten gelang es zwar, sich im Sattel zu halten, doch nach wenigen Metern fing er an zu brüllen:
    »Holt mich sofort hier runter!«
    Nach ein paar Wochen stand Hadschi Ali dem totalen Mißerfolg gegenüber. Die Amerikaner hatten offensichtlich Abstoßungsreaktionen gegen das fremde Kamel. Sie konnten es buchstäblich weder anschauen noch riechen. Und um gute Argumente waren sie nicht verlegen:
    »Soll die Kavallerie der Vereinigten Staaten etwa die Indianer jetzt mit Kamelen verfolgen?«
    »Sollen vielleicht die Postkutschen von Kamelen gezogen werden und die Reisenden mit ihrem Gestank so verscheuchen, daß sie lieber zu Fuß durch die Wüste wandern?«
    »Und was ist mit den Cowboys? Sollen sie jetzt auch auf Kamele umsatteln und von dort oben ihre Lassos auf die Rinder werfen?«
    Hadschi Ali verteidigte beharrlich seine Tiere — und er hatte gute Gegenargumente.
    »Als die Apachen in den Canyons die Karawane angreifen wollten und die Kamele gesehen haben, da sind sie geflohen, als sei

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