Ein Alptraum für Dollar
später.
Giuseppe Lazzio kommt vom letzten Konzert seiner offiziellen Brasilientournee nach Rio zurück. Ein Bombenerfolg. Immer noch hat er den frenetischen Beifall des Publikums im Ohr. Ein phantastisches Gefühl!
Als er sein Hotel betritt, erinnert er sich plötzlich an die Szene mit dem rätselhaften Impresario. Wahrscheinlich wartet der Mann jetzt auf ihn. Eine seltsame Geschichte ist das schon... Ob es mit rechten Dingen zugeht? In der Zwischenzeit hat er sich nämlich bei seinen brasilianischen Freunden erkundigt: Ein Impresario namens Paulo de Simao ist in der Branche völlig unbekannt. Giuseppe schaut sich in der Hotelhalle um. Niemand zu sehen, niemand, der so aussieht wie der angebliche Impresario. An der Rezeption überreicht man ihm seinen Schlüssel — und einen Brief.
»Seien Sie morgen früh um 7 Uhr am Flughafen von Rio. Sie werden dort erwartet.«
Das ist alles. Mehr steht nicht auf dem Zettel. Keine Unterschrift, keine Adresse, keine Telefonnummer. Nichts.
Aber Giuseppe gehört nicht zu den Menschen, die sich leicht aus der Fassung bringen lassen. Schon gar nicht, wenn es um 20 000 Dollar geht! Er hat zugesagt, also wird er auch hingehen.
Am nächsten Morgen steht er pünktlich in der Abflughalle des Flughafens. Ein Mann kommt sofort auf ihn zu und gibt ihm zu verstehen, er möge ihm folgen — ohne ein Wort zu sagen. Giuseppe stellt keine Fragen und geht mit dem Mann zu einer abgelegenen, kleinen Startbahn. Dort wartet eine Privatmaschine. Der stumme Mann setzt sich ins Cockpit, Lazzio klettert auf den Sitz daneben, und schon rollt das Flugzeug, hebt ab und kurvt Richtung Manaos.
Ewig überfliegen sie die endlosen Wälder Brasiliens. Jetzt hält es Lazzio nicht mehr aus! Er hat zwar versprochen, dem Impresario keine Fragen zu stellen, aber diese Abmachung gilt nicht für den Piloten. Mit seinem entwaffnenden, freundlichsten Lächeln wendet er sich also an den Mann:
»Ein langer Flug! Unter uns gesagt... worum geht es hier eigentlich?«
Und um seiner Frage mehr Nachdruck zu verleihen, zieht er einen 100-Dollar-Schein aus der Tasche.
Doch der Pilot zuckt nur mit den Schultern. Er bedauert sichtlich seine Ahnungslosigkeit!
Giuseppe seufzt enttäuscht und steckt das Geld wieder ein. Der Pilot weiß von nichts. Das hätte er sich aber auch denken können — der Impresario war nicht so naiv! Einige Stunden später landen sie in Manaos, wo bereits ein Taxi auf den Opernstar wartet. Sie fahren sofort zum Hotel: ein trostloses Gebäude, ganz anders, als die prunkvollen Häuser, in denen er bisher abgestiegen ist. Ja, Manaos ist eben nicht Rio!
Giuseppe Lazzio spaziert durch die Straßen dieser unheimlichen Stadt. Und allmählich macht er sich doch Sorgen. Es ist alles so trist hier, so tot — eine Geisterstadt! Er hat ein ungutes Gefühl, und seine Sorgen mischen sich mit aufkommender Angst. Innerhalb weniger Stunden ist er aus der Zivilisation an das Ende der Welt versetzt worden. Er fühlt sich verlassen, kein Mensch kennt ihn, niemand würde ihm zu Hilfe kommen, wenn... ja, wenn was ?
Schließlich steht er vor dem Opernhaus — ein Anblick, der ihm auch nicht gerade Vertrauen einflößt. Es ist ein pompöses Gebäude aus der Kolonialzeit, das heißt, es war mal eines. Jetzt ist es nur noch eine Ruine. Seit zehn, vielleicht zwanzig Jahren hat es dort bestimmt keine
Aufführung mehr gegeben! Es gibt keine Oper mehr in Manaos!
Giuseppe versucht sich zu beruhigen, wahrscheinlich finden die Konzerte heute irgendwo anders statt? Er kauft eine Zeitung, blättert sie nervös durch — zwar versteht er kein Wort Portugiesisch, aber seinen Namen würde er wenigstens lesen können! Ganz gleich, wo er auftritt — seine Konzerte werden immer ganz groß angekündigt! Aber hier — von der ersten bis zur letzten Seite — nichts. Nicht eine Zeile. Kein einziger Hinweis. Was hat das zu bedeuten? Was will man von ihm in Manaos?!
In seinem Hotel wartet eine weitere Überraschung auf ihn: Der Impresario taucht endlich auf. Und er erscheint noch verlegener als bei dem ersten Besuch in Rio. Giuseppe Lazzio stürzt sich auf ihn, packt ihn am Hemdkragen:
»Hören Sie! Ich habe gerade die Oper gesehen... eine Ruine...eine einzige Ruine!«
»Gehen wir in Ihr Zimmer, Herr Lazzio. Ich habe Ihnen etwas zu sagen.«
Der aufgebrachte Lazzio folgt ihm. Was soll nun das schon wieder?
Im Zimmer setzt sich Paulo de Simao ihm gegenüber, schaut ihn unsicher an und erklärt mit seiner piepsigen Stimme:
»Sie haben
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