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Ein anderes Leben

Ein anderes Leben

Titel: Ein anderes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Enquist
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Christus in der Verkleidung einer kleinen Vorschullehrerin sehen können, die sind nicht viele.
    So sollte sein Leben werden, begriff er. Auf jeden Fall besser als pissnasse Baumrinde unter der Rindentrommel karren, wo es dröhnte. Dorthin würde der Erlöser sich nie verirren. Weg damit. In diesem Lärm zu verkünden, allein das.
    Seine Zukunft lag darin, in den kleinen Ereignissen das Große zu sehen, und immer wieder würden einfach gekleidete kleine Vorschullehrerinnen sich als Jesus Christus erweisen, verkleidet.
    *
    Gerade die Worte »ein Gott, verkleidet« hatten sich ihm eingeätzt.
    Das war Rektor Nilssons Verdienst.
    Dieser hatte Hjalmar Gullbergs Gedicht als Rezitation in der Kirche von Bureå vorgetragen, mit Lars-Erik Larssons Musik, und die gesamte Klasse dazu abkommandiert.
    Es war atemberaubend.
    Rektor Nilsson war der Türöffner. Man hatte im Kirchspiel Bureå eine höhere Volksschule eingerichtet, und er war der erste und einzige Lehrer; er unterrichtete das erste Jahr in sämtlichen Fächern, wurde jedoch Rektor genannt. Er kam aus Linköping und war sechsundzwanzig Jahre alt. Sofort war im ganzen Kirchspiel von ihm die Rede.
    Er war nicht wie jemand aus dem Kirchspiel. Es war etwas Gefährliches an ihm, doch man konnte nicht unfreundlich von ihm sprechen, vielleicht aber mit einem Tonfall von Verunsicherung. Er konnte nicht ausgestoßen werden, sein Hintergrund war rätselhaft, er hatte im ersten Friedensjahr beim Roten Kreuz in Budapest Dienst getan und verfügte über Kenntnisse, die man nicht in Büchern fand. Er besaß absolute Autorität und war gefährlich, und man verstand sich nicht auf ihn, und er liebte es, Lehrer zu sein. Er war verheiratet, doch kinderlos, und er erklärte sofort, dass er Alkohol trank, aber niemand hatte ihn je betrunken gesehen. Es wurde deshalb angenommen, dass er es nur gesagt hatte, um Pastor Ollikainen zu ärgern, der der Vorsitzende des Schulvorstands war.
    Er spielte bei der Morgenandacht Strawinsky und erklärte ihnen, was sie gehört hatten.
    Vier Jahre lang lenkte er die Köpfe dieser ersten Klasse, die im Kirchspiel Bureå den Realschulabschluss machte.
    Die junge Unschuld aus Sjön, Hjoggböle, trifft hier ihren ersten Türöffner. Er wird nicht bevorzugt, seine Noten sind durchschnittlich. Aber der eigentümliche Lehrer aus Linköping macht es sich zur Gewohnheit, seine Aufsätze vorzulesen, er findet sie interessant, findet, dass sie etwas Außergewöhnliches oder Unerwartetes zu sagen versuchen. Es ist nicht die Vollkommenheit, die ermutigt wird, immer erhält ein anderer die beste Note. Aber seine Aufsätze werden vorgelesen. Das spornt ihn an zu immer kühneren Versuchen.
    Schließlich ist es für ihn ganz natürlich, dass er nie Angst hat, wenn er schreibt, aber nur dann nicht.

Immer wütender kämpft er mit seinem Sündenbewusstsein, wie eine kalbende Kuh.
    Er grübelt und grübelt.
    Ist dieses Frommsein wirklich so nötig! Reicht es nicht, dass er lieb ist? Muss er auch noch so unfassbar fromm sein. Diese ganze Heiligkeit. Das Kalb kommt nicht heraus, es tut weh, und er wird oft auf eine unbegreifliche Art und Weise sauer.
    Die Mutter versteht nichts.
    Er verbeißt sich in die Sache mit dem Sterbebett . Er muss widerwillig akzeptieren, dass der Vater, mit einem Bein schon im Totenreich, unbestreitbar als sehr fromm erscheint. Aber er fragt sich ja, mit der Zeit. Die Mutter hatte am Bett des Sterbenden gesessen und ihn vielleicht angehalten, einen letzten Gruß zu senden. Tatsächlich waren es zwei Grüße. Beide mit Bleistift. Zuerst: »Per-Ola, werde Christ.« Das konnte er ja ertragen. Aber der zweite: »Per-Ola, werde Pastor, aber ein richtiger, kein Brotpastor.«
    Er sollte den Beruf des Pastors nicht wegen des Lebensunterhalts ergreifen.
    Warum musste die werdende Witwe sich gerade in diesen letzten Stunden in die Berufsplanung des Kindes einmischen? Er war ja trotz allem erst sechs Monate, wie er später, allzu oft, der Umwelt mitzuteilen pflegt. Die Botschaft der zitternden Hand kam wohl von der Mutter. Sie saß sicher dort am Sterbebett in der Krankenstation von Bureå und war außer sich und wusste nicht ein noch aus, weil jetzt nur noch das große Dunkel um das grüne Haus am Waldrand blieb, und die Tränen liefen, aber dann fasst sie sich, drückt die Feder in Elofs Hand und führt sie, praktisch mit Gewalt, in die rechte pädagogische Richtung. So muss es abgelaufen sein.
    Er wehrt sich.
    Wenn de Elof trotz seines charmanten Wesens,

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