Ein anderes Leben
auf alles antworten könne, egal was die Fragen sein mögen, und erhält nachdrückliche Versicherungen, dass dies der Fall ist. Die Fragenden werden erschlagen sein. Bergman ist entzückt, holt einen Bleistift und schreibt es genau auf. Im Schnittpunkt … von … Sprache und Moral … hehehe … wird unsere neue Freiheit … hehehe … sichtbar.
So findet diese Kritikmaschine schließlich doch noch praktische Anwendung.
Befindet man sich in der Mitte der Zeit, weiß man nie, wann sie sich wendet. Jetzt, es ist Mitte der sechziger Jahre, wendet sie sich jedoch.
Alles ist sehr lustig und spielerisch, er ist ein homo ludens , er hat einen Roman geschrieben, Der fünfte Winter des Magnetiseurs , der sein eigener ist in dem Sinne, dass er geschrieben hat, wie er wollte, und nicht wie der Zeitgeist es wollte. Plötzlich bekommt er Literaturpreise, das Buch wird im Lauf der Zeit in sechsundzwanzig Sprachen übersetzt, aber er begreift eigentlich nicht, wie es zugegangen ist. Vor und nach diesem Roman schreibt er etwas anderes, aber worin gründet es, in ihm selbst oder im Zeitgeist?
Er weiß nicht, was er selbst ist.
Gleichzeitig hat er ja so viel Spaß. Vielleicht ist das Spiel nicht nur frei von Verantwortung? Vielleicht steckt darin eine Neugier, die sich plötzlich in eine unerwartete Richtung wendet, in die Politik, in eine Welt, die nicht nur Spiel ist? Als der von den drei Freunden zusammengeschusterte Poproman Bröderna Casey veröffentlicht wird, werden sie zu einer Lesung und Diskussion in der Akademiska Förening in Lund eingeladen.
Dies gilt als ehrenvoll. Ministerpräsident Tage Erlander spricht dort einmal im Jahr, vor vollem Haus.
Verblüffenderweise sorgen auch die drei jungen Autoren aus Uppsala für ein volles Haus. Auf einem Podium lesen sie wechselweise aus ihrem Sprachspiel. Ihr junger Grabesernst wird ausdrücklich als ergreifend und lustig zugleich bezeichnet. Ununterbrochene Lachsalven. Es ist zweifellos ein großer Erfolg, das Unbegreifliche hat eine große Anziehungskraft, und die jungen schönen Studentinnen, die er einmal wie Eisenspäne sich um den Magneten Göran Tunström hat scharen sehen, betrachten hier in Lund Die drei Jungen offenbar als Popstars, wenn auch als intellektuelle.
Das Fest danach hysterisch.
Er schreibt Autogramme auf nackte Frauenarme, eins sogar auf eine halb entblößte Brust. Es heißt, dies sei unter den gegebenen Umständen natürlich. Auch hier Rotwein. Der Boden bebt. Er wird immer betrunkener, nicht nur vom Wein, die Nacht rotiert. Später in der Nacht begleitet er eine sehr schöne Studentin nach Hause, sie studiert Jura. Sie wollen sich die neueste Beatles-Platte anhören, haben sie gemeinsam beschlossen. Es wird eine lange Nacht, und er befindet sich in einer neuen, wunderbaren Welt. Er ist verheiratet, dies ist der erste Seitensprung, er bereut nichts, nicht eine Sekunde, aber die Angst ist da und die Studentin ist sehr schön und ein halbes Jahr später kommt sie bei einem Verkehrsunfall ums Leben.
Auf gewisse Weise markieren diese Vorstellung in Lunds Akademiska Förening und die lange Nacht, die darauf folgte, das Ende von etwas. Die Zeit wendet sich plötzlich, zu den Klängen von »Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band«. Schwaches Licht fällt von der Straße in das Studentenzimmer. Es geschieht ihm zum ersten Mal auf diese Weise, aber nicht zum letzten.
Das Spiel beginnt, kulminiert, nimmt ein Ende, und etwas anderes nimmt seinen Anfang.
Es kam so plötzlich. Er weiß eigentlich nicht, was geschah. Aber er sollte es vermissen, das Spielerische, das neugierige Experimentieren, das Kindliche, das, was sich nicht planen ließ, das Lebenstheater vielleicht, verantwortungsfrei und fröhlich. Es war so schön, solange es dauerte in dieser ersten Hälfte der sechziger Jahre, die alle später vergessen und leugnen sollten.
Aber er hatte doch spielen dürfen, und nicht allein, und nicht nur im Wald.
Literaturkritik zu schreiben ist keine schlechte Schule.
Er verlässt die Upsala Nya Tidning und die liebevolle Fürsorge der Warze mit einem Gefühl des Verlusts, 1963 kommt er zu Svenska Dagbladet .
Das konservative Hauptorgan der Rechten. Nichts Seltsames daran.
Zehn Jahre später würde es seltsam sein, jetzt ist es das nicht. An die politische Couleur von Svenska Dagbladet denkt er nicht, das ist der Zeitgeist. Die Zeitung ist ehrwürdig, das genügt. Der Kulturredakteur Åke Janzon ist ein hervorragender Theaterkritiker, der seine
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