Ein Bär im Betstuhl
Reihe. Als der Pastor aus der Dusche kam, kehrte Sonja vom Immobilienmakler zurück. Sie sprühte vor Eifer.
»Ich habe uns für den ganzen Winter ein Blockhaus gemietet!«
Huuskonen war zwar klar gewesen, dass auch Sonja und er zum Winter ein Dach über dem Kopf brauchten und nicht nur der Bär, aber auf eine so schnelle Ent scheidung war er nicht vorbereitet gewesen. Sonja kümmerte sich nicht um seine Zweifel, sondern be schrieb aufgeregt ihre Beute. Es handelte sich um eine fast neue, aus stabilen Kiefernstämmen gebaute Luxus-villa hoch oben im Norden, am Südwesthang des Fjälls Kälmitunturi. Alles dort war vorzüglich: Es gab eine mit sämtlichen Geräten ausgestattete Küche, eine prachtvol le Sauna, geflieste Sanitärräume, zahlreiche Zimmer, eine große, offene Stube und sogar einen Balkenturm, von dem man einen großartigen Ausblick auf die norwe gischen und finnischen Fjälls hatte. Die Hütte stand nämlich von Nunnanen aus zweiundzwanzig Kilometer Luftlinie in östlicher Richtung. Der Kälmitunturi wie derum lag südlich des Korsatunturi, in einer Gegend, wo es im Nationalpark Lemmenjoki einen auf der Karte deutlich sichtbaren Einschnitt gab, fast unmittelbar am Oberlauf des Ivalojoki. Die Landschaft sei ganz herrlich, hatte der Immobilienmakler Sonja versichert, und sie, die aus dem Norden stammte, konnte sich das lebhaft ausmalen.
»Und stell dir vor, die Luxusbude kostet für den gan-zen Winter nur die Hälfte der Summe, die normale Hüt ten kosten!«, schwärmte sie.
Huuskonen sagte, dass die Höhe der Miete zweitran gig sei, er habe zusammen mit Beelzebub auf der som merlichen Mittelmeertour anständig verdient.
»Das Geld brauchen wir dann im Frühjahr, wenn wir heiraten und uns eine richtige Wohnung kaufen«, ent schied Sonja.
Huuskonen hörte von der künftigen Ehe zum ersten Mal. So weit hatte er noch nicht gedacht, doch anderer seits… warum nicht, bei näherem Nachdenken erschien ihm die Idee von der Gründung einer neuen Familie gar nicht so übel. Laut aber äußerte er sich zu dem Thema nicht, sondern fragte seine Braut weiter nach der Villa aus. Sonja erklärte:
»Irgendeine Wirtschaftswunderfirma, die inzwischen pleite ist, hat die Villa bauen lassen und ihre Kunden mit dem Hubschrauber hingeflogen, einschließlich Hu ren und Schnaps.«
»Warum mit dem Hubschrauber? Und warum gerade am Kälmitunturi, hätte es für die Villa nicht auch ande re, besser erreichbare Standorte in der Nähe einer Land straße gegeben?«
Geduldig erklärte Sonja ihm, dass es eben gerade darum gegangen sei, die Firma habe das Liebesnest absichtlich in der letzten Einöde Europas bauen lassen. Die größten unbewohnten Gebiete gebe es nun mal am Kälmitunturi, und man habe sogar das Baumaterial mit dem Hubschrauber hingebracht, weil es dort keinerlei Straßen gebe, wohl nicht einmal Rentierpfade. Und deshalb sei die Bude jetzt, in der Rezession, so billig. Aber dort gebe es eine eigene Stromanlage mit Dieselmo tor, und mit dem Handy könne Oskari telefonieren, soviel er wolle.
Sonja hatte die Miete vorab bezahlt, sie besaß die Schlüssel, eine Landkarte mit dem eingezeichneten Standort und den Namen eines Kontaktmannes in Nun nanen, Rentierzüchter Iisko Reutuvuoma. Sie beschlos sen, eine Liste für die notwendigen Einkäufe an Verpfle gung und Ausrüstung zu machen und dann nach Nun nanen zu fahren. Huuskonen sagte noch, dass Sonja hoffentlich keinen Hubschrauber bestellt habe, denn das werde furchtbar teuer.
»Natürlich nicht, wir müssen sparsam leben.« »Aber wie sollen wir jetzt, da kein Schnee liegt, all die
Wintervorräte hinschaffen?«
Sonja hatte auch dafür eine Lösung parat. Beelzebub war ein großer und starker Bär, er bekäme einen Sattel, und so könnte man ohne weiteres hundert Kilo trans portieren. Als Bärenforscherin kannte sie die physischen Kräfte eines Petzes, sie schätzte, dass er imstande wäre, mit der Last von Nunnanen zum Kälmitunturi und zurück zu traben, notfalls sogar zwei Mal am selben Tag. Im Winter, während Beelzebub schlief, könnten sie die Versorgung mit dem Motorschlitten sicherstellen, denn der gehöre zur Ausstattung der Villa.
Sie teilten sich die Arbeit: Sonja zog mit der Liste los, um die notwendigen Einkäufe für den Winter zu tätigen, und Oskari und Beelzebub stiegen in ein Taxi und fuh ren zum Sattler Mauno Oikarinen. Dieser bewohnte ein Eigenheim, die Werkstatt unterhielt er in seiner Garage. Zum
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