Ein Ballnachtstraum
meinen dich“, erklärte er stirnrunzelnd. „Man hat bereits über dich in den Zeitungen geschrieben.“
„Tatsächlich?“, fragte sie staunend und klang keineswegs so entrüstet, wie er sich das gewünscht hätte. „Was schreibt man denn über mich?“
„Ich dachte, du machst dir nichts aus solchem Schund.“
„Tu ich auch nicht“, verteidigte sie sich und senkte den Blick, als einer von Drakes Bekannten die Buchhandlung verließ und sie neugierig musterte.
Drake lenkte sie sanft zu seiner Karosse. „Du wurdest beschrieben als eine mysteriöse Göttin, die es wagte, Hera den Platz streitig zu machen, und gewonnen hat.“
Eloise lachte begeistert. „Tatsächlich?“
Seine Augen leuchteten warm. „Ja.“
„Und was habe ich gewonnen?“
Er neigte sich ihr zu, doch dann verengte er die Augen beim Anblick der vertrauten hochgewachsenen Männergestalt, die sich ihnen näherte. „Dreh dich nicht um“, befahl er ihr leise. „Steig ein und wende das Gesicht in die andere Richtung.“
Sie versteifte sich. „Schon wieder dein Bruder?“
„Schlimmer.“ Er festigte den Griff an ihrem Ellbogen. Früher war er bereit gewesen, sich auf die harmlosen Rivalenspiele seines Cousins Gabriel einzulassen, aber mit Eloise war das anders. Sie war nicht die Tochter irgendeines Junkers, auf die Gabriel und er Eindruck machen wollten, es ging auch nicht darum, den Sieg bei einem albernen Wettrennen zu erringen. Drake warf Gabriel einen warnenden Blick zu, der bewirkte, dass er seine Schritte verlangsamte.
„Kommst du oder fährst du, Cousin?“, fragte Gabriel liebenswürdig.
Drakes Hand ruhte auf Eloises Schulter und übte ein wenig Druck aus, als er spürte, wie sie sich umschauen wollte. „Wir haben es eilig, Gabriel. Leider haben wir keine Zeit, mit dir zu plaudern.“
Gabriel lächelte. „Wenn das so ist, will ich euch nicht aufhalten. Freut mich, Sie wiederzusehen, Miss Goodwin.“ Er warf einen Blick auf die gefaltete Zeitung in seiner Hand. „Oder soll ich Sie mit ,Göttin‘ anreden?“
„Weder noch, Gabriel!“, entgegnete Drake übellaunig und wandte ihm den Rücken zu.
„Ich wollte niemanden kränken“, entschuldigte sich Gabriel nach wie vor liebenswürdig, während Drake Eloise in den Wagen half. „Ich wollte euch beiden lediglich meine herzlichen Glückwünsche aussprechen.“
29. KAPITEL
An Thalias Hochzeitstag erwachte Eloise bereits vor Tagesanbruch. Nachdem sie ihre Morgentoilette beendet hatte, bestand ihre erste Tat darin, sich zu vergewissern, dass die Braut sich nicht heimlich nachts aus dem Haus geschlichen hatte und verschwunden war. Thalia hatte in den letzten Tagen so ungewöhnlich still und sanft gewirkt, dass Eloise dem Frieden nicht wirklich traute. Aber als sie die Tür leise öffnete und ins Zimmer spähte, lag sie selig schlummernd im Bett. Es standen auch keine halb gepackten Koffer vor offenen Schranktüren herum.
Gottlob, sie ist also nicht in letzter Sekunde auf dumme Gedanken gekommen, dachte Eloise beschwingt und fühlte sich beinahe so glücklich, als würde sie selbst vor den Altar treten.
Die Trauung im kleinen Kreis sollte gegen Mittag in Lady Heatons Villa in der Cork Street stattfinden. Es sollte eine bescheidene Feier werden, wobei Eloise auch zufrieden gewesen wäre, wenn der Sir Heaton und Thalia sich auf der Straße das Jawort gegeben hätten. Wichtig war nur, dass das Paar die Ringe tauschte und den Segen des Priesters erhielt.
Thalia weigerte sich beim Frühstück, einen Bissen zu essen, weinte in ihre Teetasse und wünschte schluchzend, ihre Mutter wäre noch am Leben, um an diesem glücklichen Tag dabei zu sein. „Daran ist nun mal nichts zu ändern“, erklärte Eloise zerstreut. „Immerhin wird Ihr Bruder anwesend sein und Sie dem Bräutigam zuführen.“
Thalia, noch im Morgenrock, stand auf. „Eigentlich wäre mir lieber, wenn unser guter Freddie seine Rolle übernähme. Er steht mir näher als mein Bruder Horace.“
Eloise erhob sich hastig, um den Anflug von Rebellion im Keim zu ersticken. „Unsinn! So etwas sagt man nicht. Im Übrigen stehen Freddie und die anderen nicht mehr in Lord Thorntons Diensten.“
Thalia verengte die Augen. „Ist Boscastle jetzt ihr Dienstherr?“
Eloise zauderte. „Es wäre möglich.“
„Kommen Sie wenigstens zu meiner Hochzeit, Eloise?“
„Natürlich, wenn Sie es wünschen.“ In Wahrheit hätte Eloise die widerspenstige Braut, wenn nötig, in Ketten vor den Altar geschleift. „Nun beeilen Sie
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