Ein Ballnachtstraum
dass er nach Knöpfen verlangt hat.“
Drake, dessen Gedanken abgeschweift waren, versuchte sich wieder auf Sir Jeremy Hutchinson, einen hohen Beamten im Kriegsministerium, zu konzentrieren.
„Knöpfe? Sagten Sie soeben …“ Er stockte mitten im Satz, sein Blick erfasste eine vertraute Gestalt, die soeben eine hohe griechische Amphore umrundete und sich im Laufschritt den beiden Herren näherte. „Moment, bitte“, murmelte er. „Wir sind nicht allein.“
Sir Jeremy lachte belustigt. „Lieber Himmel, ich wusste gar nicht, dass dies ein Maskenball ist. Was für ein groteskes Kleid.“
Auch Drake musste lachen, so laut, dass Sir Jeremy einen erschrockenen Schritt zurückwich. „Ich nehme an, Sie kennen die Dame?“, fragte er in unverhohlener Neugier.
Drake wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. „Ja, ich gestehe es.“
Sir Jeremy hüstelte. „Morgen Nachmittag halte ich mich etwa eine Stunde im Club auf. Schauen Sie doch vorbei, wenn Sie an weiteren Informationen interessiert sind. Im Augenblick scheinen Sie ziemlich abgelenkt zu sein.“
Drake nickte zerstreut, lehnte die Schulter gegen die Säule und überlegte, wann Eloise ihn entdecken würde und wieso in aller Welt sie in diesem grässlichen Kleid herumstolzierte. Sie wirkte ungehalten und erzürnt, schaute suchend in einen Alkoven, zu einer unbesetzten Polsterbank und … aha endlich … zu ihm.
Sie hielt inne, ihre warmen braunen Augen wurden groß vor Verwunderung. „Sie!“
„Ja ich“, murmelte er, hakte einen Finger in das altmodische versteifte Mieder ihrer Brokatrobe und zog sie hinter die Säule.
Er gab ihr keine Chance, sich zur Wehr zu setzen. Bevor sie etwas sagen konnte, erstickte er ihren Protest mit einem heißen Kuss. „Ich hoffe wohl vergebens, dass Sie nach mir Ausschau halten?“, raunte er und drückte sie enger an sich.
„Ehrlich gestanden …“
Mit seiner Hand streichelte er zärtlich und besitzergreifend ihren Rücken entlang, während er sie wieder küsste. Sie war zwischen der Säule und seinem Körper gefangen, hätte sich nicht befreien können, was sie zu seiner Freude auch gar nicht versuchte.
„Ich hatte nicht erwartet, Ihnen so rasch wieder zu begegnen, Eloise.“ Er hauchte zarte Küsse auf ihre Wange und drehte sich ein wenig, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen. Nach einem halbherzigen Fluchtversuch schmiegte sie sich an ihn und lächelte zu ihm auf. „Jemand müsste Ihnen Manieren beibringen“, flüsterte sie und presste die Hände flach gegen seine Brust. „Es ist unhöflich, einer jungen Dame aus dem Hinterhalt aufzulauern.“
Er lachte leise. „Jemand müsste Ihnen ein paar hübsche neue Kleider kaufen. Das hier …“
Sie ließ die Arme sinken. „Sehe ich wirklich so lächerlich darin aus?“
„Nein, nicht Sie.“ Er küsste die zarte Haut ihres Nackens. „Das Kleid ist lächerlich. Das sollten Sie loswerden.“
„Jetzt gleich?“, fragte sie alarmiert.
Er schaute ihr tief in die Augen. „Wollen wir es wagen?“ „Nein.“
Sie lehnte sich geschwächt gegen die Säule. Er schmunzelte. „Wie ich bemerke, haben Sie die Perlen nicht abgelegt. Klemmt der Verschluss noch immer?“
„Ich weiß nicht. Ich habe nicht wieder versucht, ihn zu öffnen“, antwortete sie und wich seinem Blick verlegen aus.
In seinen Augen erkannte sie Leidenschaft und Verlangen. „Und ich befürchtete schon, das wird wieder ein tödlich langweiliger Abend. Ich besuche Sie morgen Vormittag.“
„Das geht nicht“, verneinte sie zaghaft. „Ich habe bereits eine andere Verabredung.“
Er hob den Kopf und zog eine Braue hoch. „Sagen Sie ab.“
„Das kann ich nicht. Die Verabredung habe ich schon vor einigen Wochen getroffen.“
„Mit wem?“, fragte er leise.
Ihre Verlegenheit verstärkte sich zusehends. „Wer ist es, Eloise?“, fragte er mit strenger Stimme.
Sie räusperte sich. „Das wissen Sie. Ihre Schwester. Wir haben darüber gesprochen.“
„Fabelhaft, Emma. Schon wieder.“ Seine Brüder würden sich ausschütten vor Lachen, wenn sie erfuhren, dass er mit seiner Schwester Emma in Konkurrenz um die Zuneigung einer Frau stand.
„Ja. Ich habe ein weiteres Gespräch mit ihr wegen einer Stellung als Erzieherin an ihrer Privatschule“, erklärte sie mit großem Ernst.
Er grinste unverfroren. „Soll ich Ihnen eine persönliche Referenz geben? Ich könnte mich dafür verbürgen, wie köstlich Sie …“
„Wagen Sie es bloß nicht“, entfuhr es ihr in heller Entrüstung.
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