Ein Band aus Wasser
sie es getan hatte.
Kapitel 13
Thais
» Schläft er?« Ich stand auf der Veranda vor Kevins Haus. Sie war frisch gestrichen und weiße Rattanmöbel standen luftig verteilt. Hohe Eichen spendeten Schatten. Diese Leute wussten, wie es sich gut leben ließ.
Mr LaTour nickte. » Ja. Tut mir leid, Liebes. Wir sind gerade erst aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen. Die Ärzte sagen, er braucht ein paar Tage absolute Ruhe.«
» Wissen sie schon, was er hat?«, fragte ich mit leiser Stimme und hoffte, dass mir mein schreckliches Schuldgefühl nicht allzu deutlich ins Gesicht geschrieben stand.
» Nein.« Kevins Dad klang besorgt. Ich fühlte mich miserabel. » Es könnte eine elektrische Anomalie gewesen sein, die sicher nicht noch einmal vorkommt, aber wir lassen ihn sicherheitshalber noch mindestens vier Tage an einen tragbaren Monitor anschließen. Gut, dass ihr diese Woche keine Schule habt.«
» Ja.« Ich schluckte. » Aber wird er bald wieder okay sein?«
» Ja, das sollte er.« Mr LaTour klang beinahe schon zu beherzt, und ich wusste, dass er sich Sorgen machte – ich konnte es fühlen. In letzter Zeit war ich viel mehr im Einklang mit den Gefühlen anderer Leute. Seit ich mit der Magie in Kontakt gekommen war. Die Magie, die meinen Freund fast das Leben gekostet hätte.
» Thais – ich wollte dir für das danken, was du an jenem Tag getan hast.«
Mit großen Augen sah ich ihn an.
» Ich weiß, dass du das Auto von dem kleinen Mädchen weggelenkt und sofort die 911 angerufen hast. Und dass du bei Kevin geblieben bist, bis die Sanitäter gekommen sind.«
Ich brachte kein Wort heraus.
» Keiner von euch hatte etwas getrunken, so stand es im Polizeibericht. Du sollst wissen, wie froh ich bin, dass Kevin mit dir zusammen war, als es passiert ist.«
Oh Gott. Ich würde noch durchdrehen. Wenn Kevin nicht mit mir zusammen gewesen wäre, wäre er jetzt vollkommen gesund und müsste nicht mit einem Herzüberwachungsgerät im Bett liegen.
Ich nickte, versuchte, nicht zu weinen, und drückte Mr LaTour meinen kleinen Strauß von Petras Blumen in die Hand. » Wenn Sie ihm das bitte geben könnten …«, sagte ich. » Und die Karte.«
Er nahm beides an sich und nickte. » Es wird ihm bald wieder gut gehen, Liebes«, sagte er freundlich. » Und er wird dich sehen sollen, sobald er dazu in der Lage ist, das weiß ich.«
Ich nickte erneut und wandte mich zum Gehen um. Ich würde Kevin nur noch ein einziges Mal sehen – um ihm zu sagen, dass ich mit ihm Schluss machte.
7
Fünfzehn Minuten später lief ich die Straße hinunter, die zu Daedalus’ Haus führte. Ich war erst einmal hier gewesen und hoffte, ich würde seine Tür wiedererkennen. Schließlich konnte ich schlecht jemanden nach seiner Adresse fragen.
Ich hatte mir eine sehr lahme Entschuldigung zurechtgelegt – nämlich die, dass ich ihn zur Geschichte der Treize befragen wolle, wie für ein Referat. Ich musste nur kurz in sein Apartment, ihm irgendwie nahekommen. Ich betete, dass er nicht gleich misstrauisch werden und mich hinauswerfen würde.
Ich ging langsamer und betrachtete die hohen, weiß gestrichenen Türen. Er wohnte in der Nähe einer Straßenecke in einem der schicken Gebäude, die an den Jackson Square angrenzten. Ich glaubte, es war dieses da, auf der nördlichen Seite …
Touristen strömten an mir vorbei, die meisten schauten den Straßenkünstlern zu, die ihre Stände um den Jackson Square aufgebaut hatten. Bei allen von ihnen saß jemand regungslos auf einem Hocker. Ich hatte die Künstler schon bei der Arbeit beobachtet, als ich noch bei Axelle im Französischen Viertel gewohnt hatte. Interessanterweise begann jeder von ihnen sein Porträt mit den Augen.
Aber egal. Wo war es nur … es war nicht das Haus hier direkt an der Ecke. Das zweite vielleicht? Ein Eisentor öffnete sich zu einer kurzen, sehr schmalen Auffahrt, die zu einer Wendeltreppe und zu einem kleinen Hof führte. Das musste es sein.
Ich klingelte und wischte mir die schwitzigen Hände an meinem Folklorerock ab. Auf dem Weg hierher hatte ich ungefähr hundertmal geprobt, was ich sagen wollte. Die Minuten vergingen. Niemand lehnte sich über die Balkonbrüstung, niemand betätigte den Summer, um mich hereinzulassen. Genau in diesem Moment kam eine Frau die Auffahrt entlang. Ohne mich auch nur anzusehen, öffnete sie das eiserne Tor und hielt es mir auf.
» Danke«, murmelte ich beiläufig und tat so, als würde ich einen Schlüssel in meiner Tasche verschwinden
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