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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Esszimmer, das sich gegenüber vom Wohnzimmer befand. Mein erster Gedanke war, mich unterm Bett zu verstecken, doch ich konnte nicht durchs Schlafzimmer, ohne dass man mich von der Eingangstür aus sah.
    Stattdessen kauerte ich mich unter den Esszimmertisch, quetschte mich auf einen der Querbalken und raffte meinen Rock zusammen. Als mir klar wurde, dass Daedalus meine Schwingungen jeden Moment spüren würde, presste ich die Augen zusammen und sagte alle Versteck mich -Sprüche auf, die mir in den Sinn kamen. Trotzdem würde das hier in einer kompletten Katastrophe enden. Ganz klar.
    Ich begann, mir eine Entschuldigung zurechtzulegen, ja besser noch, eine Beschuldigung. Angriff ist die beste Verteidigung, hatte mein Vater immer gesagt. Über Fußball.
    Scheiße, Scheiße, Scheiße. Versteck mich, versteck mich, versteck mich.
    Aus dem Wohnzimmer hörte ich Daedalus’ Stimme, und auf einmal begriff ich, wer bei ihm war. Clio! Dann hatte sie also schon damit begonnen, ihre Kraft anwachsen zu lassen. Ich biss mir auf die Lippen und erneut stieg Ärger in mir auf. Wie konnte sie das tun, nach allem, was er mir, meinem Vater angetan hatte? Nachdem ich sie gebeten hatte, es sein zu lassen?
    Ich hörte, wie ein paar Bücher auf den Regalen hin- und hergerückt wurden.
    » Hier, nimm die mit«, sagte Daedalus. » Sie werden dir helfen, den Gesamtzusammenhang zu verstehen.«
    » Okay, danke«, sagte Clio. Sie klang müde oder vielleicht sogar krank. Mir fiel ein, wie schlecht es ihr erst vor zwei Tagen gegangen war. Was hatte sie denn nur getan?
    » Schaffst du es nach Hause?«, fragte Daedalus. » Bist du mit der Tram hergekommen?«
    » Ja, mir geht’s gut«, erwiderte Clio kurz angebunden. » Danke für die Sachen.«
    Nach einer Pause sagte Daedalus: » Ich fahre dich. Ich habe gar nicht gemerkt, dass er eine so starke Wirkung auf dich hatte.«
    » Ich sagte, mir geht’s gut«, antwortete Clio. Ihre Stimme klang gedämpft, als würde sie sich eine Hand vor den Mund halten.
    » Keine Diskussion«, sagte Daedalus, und ich hörte Schlüssel klimpern. » Du bist krank. Ich fahre dich nach Hause. Was du Petra erzählst, ist deine Sache.«
    Undeutlich hörte ich sie zustimmen und dann – unglaublich – gingen sie! Ich spürte sie die Treppen hinuntergehen. Oh, ich konnte doch nicht so viel Glück haben … Eigentlich hätte doch allein der Gedanke an das, was ich im Sinn hatte, schon so viel schlechtes Karma aufhäufen müssen, dass ich sofort hätte erwischt werden müssen.
    Ich wartete ein paar Minuten für den Fall, dass einer der beiden etwas vergessen hatte. Schließlich kroch ich – immer noch zittrig vor Adrenalin – unter dem Tisch hervor, stellte sicher, dass ich die Plastiktüte noch in meiner Tasche hatte, und schlüpfte zur Tür hinaus. Mein Atem schien in meiner Kehle festzustecken, und mir stand buchstäblich der kalte Schweiß auf der Stirn, wie es in den Büchern immer heißt.
    Mindestens eine Minute, bis die Luft rein war, hielt ich mich in den Schatten des Hofes versteckt, flitzte dann durch das Eisentor und verlor mich im Gewühl des Jackson Square. Ich ließ mich auf einer Bank in der Sonne nieder und versuchte, das Zittern unter Kontrolle zu bekommen. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis ich das Gefühl hatte, fahren zu können. Dann erst lief ich zu unserem Mietauto zurück.
    Clio, dachte ich, während ich den Motor anließ. Trotz allem lernte sie mit Daedalus. Wie konnte sie das nur tun?
    Wahrscheinlich auf die gleiche Art, wie ich tat, was ich tat.

Kapitel 14
    Ihr Gesicht
    Luc schloss sein Auto ab und lief die Straße entlang zu Petras Haus. Vom bloßen Hinschauen konnte man nicht erkennen, dass es erst vor Kurzem in Flammen gestanden hatte, doch nach wie vor hing ein schwacher Geruch nach verkohltem Holz, verbrannten Pflanzen und nasser Asche in der Luft, der bestimmt noch jahrelang anhalten würde. Es war Samstagnachmittag. Würden die Zwillinge zu Hause sein?
    Luc hielt einen Moment inne, bevor er die Klingel drückte. Im Inneren des Hauses konnte er Petra fühlen, aber keines der Mädchen. Was sowohl gut als auch schlecht war. Wahrscheinlich eher gut, wenn man bedachte, wie er aussah. Nachdem er Petras Wasch-und-Masken-Zauber drei Tage lang angewendet hatte, meinte er, einen kleinen Unterschied festzustellen. Trotzdem war er immer noch ein totales Monster.
    In nur einem Augenblick öffnete Petra die Tür.
    » Ich weiß nicht, wer von uns schlimmer aussieht«, sagte Luc unverblümt. Es

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